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Dresdner Drohne soll mit den Stadtwinden segeln

Die Windkanal-Experten haben für ihre Drohnensegeln-Experimente eine Ministadt im Windkanal gebaut. Foto: Heiko Weckbrodt

Die Windkanal-Experten haben für ihre Drohnensegeln-Experimente eine Ministadt im Windkanal gebaut. Foto: Heiko Weckbrodt

TU arbeitet an fliegenden Paketboten, die ihre Reichweite durch Wettermikros steigern

Dresden, 13. Mai 2023. Amazons fliegende Paket-Boten mögen sich zwar nicht durchgesetzt haben, dennoch sind viele Akteure in der Luftfahrt davon überzeugt, dass über kurz oder lang Lieferdrohnen auch in Deutschland fliegen werden. „Für die Lieferung dringend benötigter medizinischer Güter beispielsweise im ländlichen Raum oder für den Pakettransport auf schwer zugänglichen Strecken sehe ich gute Aussichten“, schätzt Professor Harald Pfifer vom Lehrstuhl für Flugmechanik und Flugregelung der TU Dresden ein. „Allerdings muss die Politik zunächst geeignete Rahmenbedingungen schaffen.“ Was meint: Bisher scheiterte ein Breiteneinsatz von Lieferdrohnen in Deutschland an vielen luftverkehrsrechtlichen Hürden.

Mehr Reichweite und mehr Sicherheit gefragt

Allerdings sind auch noch einige technologische Probleme zu lösen: Wie sichere ich zum Beispiel, dass eine Drohne auf keinen Fall über einer Menschenmenge abstürzt? Wie kann ich ihre Reichweite so verlängern, dass sie auch mit schwerer Last länger als nur ein paar Dutzend Minuten in der Luft bleibt?

Schweizer setzen auf Ballonmodus

Eine Antwort darauf, die das Schweizer Jungunternehmen „Aerotain“ verfolgt, ist eine Kombination aus Drohne und Ballon. Ihre „Skye“ wechselt in den Ballonmodus, wenn sie sich über Menschenmengen bewegt, damit sie sehr lange nahezu ohne Absturzgefahr zum Beispiel Aufnahmen von Konzerten oder Sportereignissen machen kann.

Den richtigen „Jetstream“ in den Straßenschluchten finden

Ein anderer Ansatz, den Pfifer und seine Kollegen von der TU Dresden verfolgen, ist eine Art intelligenter Segelmodus: Im Projekt „Urban Sens“ versehen sie ihre Drohnen mit speziellen Infraschall-Mikrophonen von Infineon, damit sie die Windströme ringsherum erspüren können. Weitere Informationen über Wind und Wetter holen sie sich drahtlos von benachbarten Drohnen und Wetterstationen. Mittels besonders schnell rechnender Prognose-Programme an Bord können sie sich dann einen Kurs zurechtlegen, auf dem sie Aufwinde und Luftströmungen nutzen können, um Akku-„Saft“ zu sparen und mit den Winden ein Stück weit mitzusegeln.

 Prof. Harald Pfifer. Foto: Heiko Weckbrodt

Prof. Harald Pfifer. Foto: Heiko Weckbrodt

Bis zu 47 % Energie-Ersparnis erwartet

„Wir gehen davon aus, dass sich damit 28 bis 47 Prozent Energie sparen lassen“, prognostiziert der Professor. Dies lasse sich dann entsprechend in mehr Reichweite ummünzen – oder als eine Art Sicherheitsreserve nutzen, wenn die Drohne in Städten in dicht frequentierten Straßenschluchten unterwegs ist.

Mini-Stadt im Uni-Windkanal

Letzteres ist auch das konkrete Szenario, das Dr. Veit Hildebrand am Windkanal der TU in Dresden-Johannstadt simuliert: Der Leiter für „Experimentelle Aerodynamik“ am Pfifer-Lehrstuhl hat eine Art kleine Modellstadt vor dem riesigen Trichter aufgebaut, mit dem er seine künstlichen Stürme erzeugt. Mit eigens dafür drapierten Farben und Sand können Hildebrandt und seine Kollegen dann sehen, welche Winde und Wirbel in den Straßenschluchten entstehen, was besonders effiziente Routen für eine Drohne sein könnten und wie sich all diese Erkenntnisse in eine möglichst schlanke Software gießen lassen, die später an Bord in Echtzeit den richtigen Kurs errechnen soll.

An der TUD-Professur für Flugmechanik und Flugregelung ist auch Drohnen-Selberbauen angesagt. Foto: Heiko Weckbrodt

An der TUD-Professur für Flugmechanik und Flugregelung ist auch Drohnen-Selberbauen angesagt. Foto: Heiko Weckbrodt

Interesse an der Technologie hat unter anderem die österreichische Post bekundet. In der nächsten Forschungsphase wollen die Uni-Wissenschaftler aber erst mal nach Kamenz fahren und auf dem dortigen Flugfeld ihre entsprechend ausgerüsteten Drohnen fliegen lassen.

Umweltdrohne der TU Dresden im Flug. Foto: Heiko Weckbrodt

Umweltdrohne der TU Dresden im Flug. Foto: Heiko Weckbrodt

Ex-Militärflugplatz des Königs entwickelt sich zum Drohnen-Testfeld

Gerade mit dem einstigen königlichen Militärflugplatz nordöstlich von Dresden verbinden Wirtschaftspolitiker, Forscher und die wieder wachsende Luftfahrtbrache in Sachsen einige Hoffnung: Der kleine Flughafen soll sich zu einem Testfeld für neue Luftfahrttechnologien mit einem Schwerpunkt auf moderne Drohnen entwickeln. Derzeit wächst dort ein „Kompetenzzentrum autonomes und elektrisches Fliegen“, an dem Dutzende Institute, Unternehmen und andere Partnern aus Sachsen, Thüringen, Brandenburg, Frankreich, Polen und Tschechien beteiligt sind. Ein Fokus dieses „Reallabors“ liegt auf unbemannten Drohnen. Die Partner hoffen, hier künftig aber auch elektrische Flugtaxis testen zu können.

Sachsens Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) Foto: Heiko Weckbrodt

Sachsens Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) Foto: Heiko Weckbrodt

Minister Dulig rechnet mit wachsender Rolle von Drohnen im Alltag

„In Kamenz haben wir ideale Voraussetzungen, um Drohnen zu testen“, schätzt der sächsische Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) ein. „Schon jetzt sind Drohnen Teil unseres Lebens und ich bin überzeugt, dass sie künftig eine noch größere Rolle spielen und sich weitere Einsatzfelder erschließen werden.“

Autor: Heiko Weckbrodt

Quellen: Auskünfte Prof. Pfifer, Dr. Hildebrandt, Minister Dulig, Oiger-Archiv, aef-aero, Aerotain, Wikipedia

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt