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DDR-Erfindung „Specord“ durchschaut heute die Güte von Wein und Bier

Ein moderner Nachfolger des vor 60 Jahren bei Carl Zeiss Jena entwickelten Analyse-Gerätes "Specord". Foto: Analytik Jena

Ein moderner Nachfolger des vor 60 Jahren bei Carl Zeiss Jena entwickelten Analyse-Gerätes „Specord“. Foto: Analytik Jena

Analytik-Firma baut auf eine 60 Jahre alte Entwicklung aus dem VEB Carl Zeiss Jena

Jena, 11. Mai 2023. Manche Innovationen aus DDR-Zeiten sind in weiterentwickelter Form bis heute im Einsatz und gelten immer noch als Hightech. Und vieles davon hatte seinerzeit im Kombinat Carl Zeiss Jena (CZJ) seinen Ausgangspunkt. Ein Beispiel sind Multispektralkameras für die Ostblock-Raumfahrt, die in die heutige Hyperspektral-Technologie eingeflossen sind.

Ein weiteres Beispiel ist das Spektralphotometer „Specord“: Labore und Fabriken weltweit setzen diese automatischen Inhaltsermittler aus Thüringen ein, um die Güte von Weinen zu bestimmen, Biere zu analysieren, Abwässer zu überwachen und dergleichen mehr. Vor 60 Jahren im im VEB Carl Zeiss Jena entwickelt, sind die Specords, stetig modernisiert, immer noch einer der zentralen Umsatzbringer der CZJ-Nachwende-Ausgründung „Analytik Jena“. Darauf hat das Messtechnik-Unternehmen hingewiesen.

Vollautomatischer Scan von Ultraviolett bis zum sichtbaren Rot

„Anfang der 60er Jahre wurde im VEB Carl Zeiss Jena das Messlabor beauftragt, für den UV/Vis-Bereich ein registrierendes Zweistrahlgerät zu entwickeln“, erinnert sich Diplomingenieur Horst Pawlik, der damals im Messlabor tätig war. Mit „UV/Vis“ war dabei gemeint, dass das Gerät die Zusammensetzung von Lebensmittel-, Gas- oder Chemie-Proben ermitteln sollte, indem es automatisch alle Wellenlängen im ultravioletten (UV) und im sichtbaren, also „visuellen“ Lichtbereich scannt. „Im Frühjahr 1963 begannen die Laboruntersuchungen der wesentlichen Komponenten zur Testung auf ihre Brauchbarkeit, an der auch ich unmittelbar beteiligt war“, erzählt Pawlik.

Kombination aus Spektrometer und Rekorder

Wie in der DDR üblich, dauerte die Entwicklung lange, immerhin acht Jahre. 1968 war es aber dann soweit: Carl Zeiss Jena stellt das Analysegerät „Specord UV Vis“ vor, das auch rasch auf große Nachfrage stieß. Der Gerätename leitete sich von den Worten „Spektrometer“ und „Record“ ab, denn es analysierte das von den Proben zurückgeworfene Licht, um Rückschlüsse auf deren chemische Zusammensetzung zu ziehen, und konnte die Resultate auch aufzeichnen. 1983 folgte dann eine Variante mit eingebautem Mikroprozessor, weitere Verbesserungen folgten.

Nach der Wende aus dem Kombinat ausgegründet

Nach dem Ende der DDR wurde auch das Kombinat Carl Zeiss Jena in Einzelbetriebe aufgeteilt beziehungsweise abgewickelt. Unter anderem gründeten die ehemaligen Zeissianer Jens Adomat und Klaus Berka 1990 die Firma „Analytik Jena“ aus, die zunächst nur Laboranalyse-Geräte vertrieb. Durch die Teilübernahme der südthüringischen „IDC Geräteentwicklungsgesellschaft“ 1994 und den Kauf der Sparte „Laboranalysentechnik“ von Carl Zeiss Jena im Jahr 1995 transformierte sich die Vetriebsfirma aber immer mehr zum Entwickler und Produzenten eigener Analyse- und Messtechnik. Heute gehört das Unternehmen zum Schweizer Messtechnik-Konzern „Endress+Hauser“ und beschäftigt etwa 580 Mitarbeiter.

Zu den Zugpferden im Produktportefeuille gehört eben die „Specord“-Reihe, die mittlerweile in der Chemie-Industrie, Pharmabranche, in der Medizin, Lebensmittelsicherheit, Umweltanalytik, in den Lebenswissenschaften und anderen Branchen im Einsatz ist – auch 60 Jahre nach der DDR-Erfindung.

Autor: Heiko Weckbrodt

Quellen: Analytik Jena, Wikipedia, Oiger-Archiv

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