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KI-Roboter sortiert künftig Wertstoffe aus dem Autowrack

Alte Autos weitgehend demontieren und teils schreddern, um möglichst viele Wertstoffe im nächsten Neuwagen gleich wiederzuverwerten - darauf zielt das bayrisch-sächsische Verbundprojekt "Car2Car". Visualisierung: BMW

Alte Autos weitgehend demontieren und teils schreddern, um möglichst viele Wertstoffe im nächsten Neuwagen gleich wiederzuverwerten – darauf zielt das bayrisch-sächsische Verbundprojekt „Car2Car“. Visualisierung: BMW

BMW startet mit Forschern aus Freiberg und München „Car2Car“-Recyclingprojekt

München/Freiberg, 20. April 2023. Ingenieure aus Bayern und Sachsen wollen Roboter, Künstliche Intelligenzen (KIs) und neuartige Sensoren fürs Auto-Recycling einspannen: Miteinander kombiniert sollen diese Technologien dafür sorgen, dass hoch automatisierte Anlagen künftig viel sicherer als bisher Aluminium, Stahl, Glas, Kupfer und Kunststoffe aus alten Fahrzeugen heraus pflücken, um sie dann gleich wieder beim Autobau einzusetzen. Darauf zielt das nun gestartete Verbundprojekt „Car2Car“, wie BMW nun mitgeteilt hat.

Millionenzuschuss vom Wirtschaftsministerium

Die Führung hat BMW übernommen. Mit dabei sind unter anderem die Bergakademie Freiberg, das Helmholtz-Institut Freiberg für Ressourcentechnologie (HIF), die TU München, Thyssen-Krupp, Salzgitter-Mannesmann und weitere Unternehmen. Das Bundeswirtschaftsministerium hat 6,4 Millionen Euro Fördergelder zugesagt, damit die Partner bis Ende 2025 brauchbare Lösungen und Prototypen vorlegen.

Staatssekretär Keller: Mehr Kreislaufwirtschaft sichert Lieferketten und schützt die Umwelt

Staatssekretär Michael Kellner aus Berlin verspricht sich davon Fortschritte auf dem Weg hin zu einer ökologisch transformierten Autoindustrie und mehr Umweltschutz. „Eine stärkere Kreislaufwirtschaft, die Ressourcen schont und wiederverwertet, ist ein wichtiger Schritt hin zur Klimaneutralität und sichert gleichzeitig Lieferketten ab“, erklärte er.

Bajuwaren steuern 500 Autos zum Ausschlachten bei

BMW wird für die Ausschlacht-Roboter unter anderem 500 Altautos ganz verschiedener Bauweisen für Großtests zur Verfügung stellen – vom Mini bis zum Rolls-Royce, von Verbrenner bis zum Stromer. Die Bayern wollen letztlich den Anteil wiederverwerteter Rohstoffe in ihren Fahrzeugen von 30 auf 50 Prozent erhöhen. Sie setzen dabei allerdings eben auch auf die wissenschaftliche Expertise aus München und Freiberg, um eine praktikable Balance zwischen Kosten, Schreddertechnik und echter, hoch automatisierter Demontage hinzubekommen.

Pilotanlage am HIF zur Erfassung, Identifizierung und Detektion komplex zusammengesetzter Recyclingstoffströme. Foto: Detlev Müller für das HZDR / HIF

Pilotanlage am HIF zur Erfassung, Identifizierung und Detektion komplex zusammengesetzter Recyclingstoffströme. Foto: Detlev Müller für das HZDR / HIF

Helmholtz Freiberg setzt Spektroskopie-Augen auf Müllstrom an

Das HIF will seine Expertise für die automatisierte Wertstoff-Erkennung in Müllströmen einbringen. Dazu gehören unter anderem Laser-Plasma-Spektroskopie-Sensoren (LIPS), die unterschiedliche Eisen- und Alu-Legierungen auf dem Fließband auseinanderhalten können. Die Freiberger möchten in diesem Zuge außerdem Methoden entwickeln, um neben den Metallen auch Kunststoffe in den Abfallströmen zu identifizieren. „Metalle und Kunststoffe kommen in Altprodukten oft eng miteinander verbunden vor“, so HIF-Expertin Dr. Margret Fuchs. „Daher wollen wir die Sensorik so weiter entwickeln, dass sie Metalle und Polymere zum einen voneinander unterscheiden und schließlich die Materialien identifizieren und detektieren kann.“

Auch alte Autoscheiben im Fokus

Die Forscher von der Bergakademie werden einerseits in diesem Teilprojekt mit den Helmholtz-Kollegen auf einer gemeinsamen Pilotanlage experimentieren, sich anderseits aber auch Wertstoffe wie Glas im Automüllstrom vorknöpfen. „Dass Autoverglasungen aktuell noch nicht wiederverwertet werden, liegt vor allem an den hohen Anforderungen für die sicherheitsrelevanten Scheiben und dem gegenüber Verunreinigungen sensiblen Schmelzprozess“, erklärte Juniorprofessorin Sindy Fuhrmann vom Institut für Glas und Glastechnologie der Bergakademie.

Bergakademie: Müssen zu mehr Reinheit kommen

Generell werden sich die Freiberger auch eben diesem Punkt besonders zuwenden: Wie kann es gelingen, möglichst sortenreine Wertstoffe aus den geschredderten oder demontierten Autowracks herauszuziehen? Bisher war das nur durch viel Handarbeit möglich – zu teuer für eine massenhafte Verwertung. „Um das zu ändern muss neben der Einführung eines maßgeschneiderten automatisierten Demontageprozesses auch die Sortierung und Erkennung der geschredderten Werkstoffe im Material-Mix verbessert werden“, betonte Prof. Urs Peuker vom Institut für Mechanische Verfahrenstechnik und Aufbereitungstechnik der TU und Bergakademie Freiberg.

Autor: Heiko Weckbrodt

Quellen: BMW, HIF, Bergakademie Freiberg

Zum Weiterlesen:

Freiberger arbeiten am automatisierten Recycling von Alt-Elektronik

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt