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Slub zeigt fast vergessene Filmschätze aus Sachsen

Eine Selbstschnittplatte aus Sachsen, die die Slub im Zuge des Save-Programms digitalisiert hat. Sie ist nun in der Ausstellung in der Slub-Schatzkammer zu sehen. Foto: Anne Lippert für die Slub Dresden

Eine Selbstschnittplatte aus Sachsen, die die Slub im Zuge des Save-Programms digitalisiert hat. Sie ist nun in der Ausstellung in der Slub-Schatzkammer zu sehen. Foto: Anne Lippert für die Slub Dresden

Bibliothek digitalisiert in Dresden Amateuraufnahmen, Selbstschnittplatten sowie andere Film- und Ton-Dokumente

Dresden, 17. April 2023. In Sachsens Archiven schlummern zahlreiche filmische und akustische Schätze, die über das Alltagsleben vergangener Dekaden und Jahrhunderte berichten, an denen längst schon der Zahn der Zeit frisst: Schmalfilm-Kameraaufnahmen von Konzerttourneen, die sonst keiner aufgezeichnet hat, lokale Kinonachrichten, aber auch sogenannte „Selbstschnittfolien“, auf denen Amateure vor der Verbreitung von Tonband und Kassette beispielsweise „Sprechbriefe“ und Grußbotschaften aufgezeichnet haben.

Orwo-Tonbänder aus DDR-Zeiten mit Tonaufnahmen aus Sachsen. Foto: Anne Lippert für die Slub Dresden

Orwo-Tonbänder aus DDR-Zeiten mit Tonaufnahmen aus Sachsen. Foto: Anne Lippert für die Slub Dresden

Bisher 85.000 Minuten gesichert

Damit diese einzigartigen Dokumente der Nachwelt erhalten bleiben, digitalisieren die Sächsische Landes- und Uni-Bibliothek Slub sowie der Filmverband Sachsen seit 2019 solche Film- und Tonschätze aus dem Freistaat. Das sächsische Wissenschaftsministerium bezahlt dafür jedes Jahr 380.000 Euro. Über 85.000 Spielminuten beziehungsweise rund 1900 Filmrollen, Ton- und Videobänder mit einem Datenvolumen von 95 Terabyte haben die Experten in Dresden seither im Zuge des Programms „Sicherung des audiovisuellen Erbes in Sachsen“ (Save) digital gesichert. Eine Auswahl davon stellt die Slub ab dem 20. April 2023 unter dem Titel „Der bewahrte Blick. Film- und Tonschätze aus Sachsen“ öffentlich aus.

„Einmalige und unverzichtbare Zeugnisse unserer Geschichte“

Viele dieser Film- und Tonaufzeichnungen seien „einmalige und unverzichtbare Zeugnisse unserer Geschichte mit großem Wert für die historische Erinnerung“, betonte die sächsische Kulturministerin Barbara Klepsch (CDU). „Sie sind ein wichtiger Bestandteil des kulturellen Erbes in Sachsen.“

„Das pralle Leben der Region in den letzten 100 Jahren“

Diese Film- und Tondokumente zu digitalisieren, dürfte Historiker wie auch Filmexperten freuen. „Sachsen war zwar nie das Produktionsland glamouröser Kinofilme“, schätzte Slub-Ausstellungskurator André Eckardt ein. „Aber in hiesigen Archiven, Museen und Sammlungen überwintern Filmrollen, aus denen auf besondere Weise das pralle Leben der Region in den letzten 100 Jahren schimmert. Es sind Aufnahmen, deren Wert und Tiefe uns oft erst heute mit einem zeitlichen Abstand bewusstwerden.“ Sein Kollege, der Filmhistoriker Lukas Foerster, ergänzt: „Bei alten Spielfilmen trifft man auf vertraute Erzählmuster und Bildmotive. Amateurfilme hingegen können schlichtweg alles enthalten und man bleibt oft an Details hängen, auf die man in Spielfilmen weniger achtet: Gesten, Blicke, manchmal auch eine gewisse Unsicherheit vor der Kamera. Es sind Zufallsbekanntschaften mit Menschen aus einer anderen Zeit, einer anderen Welt.“

„Tonträger weisen bereits alterungs- und materialbedingte Schäden auf“

Besonders freuen sich auch die Experten der Technische Sammlungen Dresden (TSD) über das Save-Programm: „Es ist unglaublich wertvoll, dass die historischen Selbstschnittplatten aus unserer Sammlung nun im Save-Programm digitalisiert und wieder zugänglich gemacht werden konnten“, erklärte TSD-Restaurator Martin Fiedler. „Einige der Tonträger weisen bereits alterungs- und materialbedingte Schäden auf und wir können nicht sagen, wie lang uns die Objekte physisch in diesem Zustand erhalten bleiben.“

Nathanael Wendt von der Slub
erklärt Digitalisierung der
Selbstschnittplatten (Video: TSD):

Die Selbstmach-Schallplatten der 30er Jahre

Die Selbstschnittplatten kamen ab den 1930er Jahren auf und bestanden beispielsweise aus der Kunststoff-Folie Decelith, Gelatine oder einer Metallfolie, erklärt Toningenieur Nathanael Wendt von der Slub. Mit speziellen Geräten konnten darauf sogar Laien Musik, Geräusche bis hin zu Dampflokpfeifen und Kriegsgetöse aufnehmen. Manche schnitten damit minutenkurze Konzertausschnitte oder Reden mit, andere betrieben damit akustische Kinowerbung. Abspielen ließen sich die Aufnahmen dann mit normalen Schallplattenspielern.

Kurzvideo der Slub
über das Save-Programm:

Die Ausstellung im Kurzüberblick

  • Titel: „Der bewahrte Blick. Film- und Tonschätze aus Sachsen“
  • Wann? 20. April bis 6. Januar 2024
  • Öffnungszeiten: montags bis freitags von 10:00 bis 18:00 Uhr sowie samstags von 14:00 bis 18:00 Uhr
  • Wo? Slub, Zellescher Weg 18, 01069 Dresden, Corty-Galerie und Schatzkammer
  • Eintrittspreis: gratis
  • Weitere Infos im Netz: slubdd.de/derbewahrteblick
Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt