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Alu-Sandwich aus der Laser-Walze

IWS-Forscherin Andrea Berger prüft mit einem Kollegen die Sandwich-Leichtbauplatten aus der Laser-Walz-Anlage. Foto: Jürgen Jeibmann für das Fraunhofer IWS

IWS-Forscherin Andrea Berger prüft mit einem Kollegen die Sandwich-Leichtbauplatten aus der Laser-Walz-Anlage. Foto: Jürgen Jeibmann für das Fraunhofer IWS

Neue Rolle-zu-Rolle-Technologie von Fraunhofer Dresden soll Produktion von Leichtbauplatten auf Trab bringen

Dresden, 5. April 2023. Moderner Leichtbau hilft längst im Automobilbau und in der Flugzeugindustrie, Kraftstoff und Material zu sparen und die Umwelt zu entlasten. Forschende des Fraunhofer-Instituts für Werkstoff- und Strahltechnik (IWS) Dresden haben nun einen Weg gefunden, um solche erprobten Konstruktionsprinzipien auf weitere Branchen zu übertragen. Dafür verschweißen sie mit Lasern filigrane Hohlkammerstrukturen mit Deckblechen zu leichten Sandwichplatten. Diese Metallstrukturen lassen sich laut Instituts-Angaben besonders effizient im Rolle-zu-Rolle-Verfahren produzieren. Die neuartige Technologie sorge für höheres Produktionstempo und mehr Einsatzbreite von Leichtbauplatten. Dadurch können sich Leichtbauperspektiven etwa für die Konstruktion von Schiffsaufbauten, Eisenbahnen und Fabrikhallen eröffnen.

Einfache Wiederverwertung absehbar

Die neue, laserbasierte „Sandwichplattierung“ biete viel technologisches, wirtschaftliches wie auch ökologisches Potenzial für die Industrie: „Mit dieser Technologie lassen sich Leichtbauplatten und -profile deutlich schneller und kostengünstiger herstellen als mit herkömmlichen Methoden wie dem Strangpressen“, betont IWS-Forscherin Andrea Berger. „Zudem kommt das neue Verfahren ohne Klebstoffe und andere Zusatzmaterialien aus. Dies erleichtert das Recycling der damit produzierten Leichtbaustrukturen.“

Statt zentimeterdicker schwerer Stahlplatten setzen viele Leichtbauer häufig Sandwichplatten ein. Diese sind trotz ihres bedeutend geringeren Gewichts im Vergleich zu massivem Stahl belastbar genug für Zwischenwände und -decken in Fahrzeugen, Flugzeugen oder Hallen. Solche Sandwichplatten und Profile bestehen aus waben-, trapez-, steg- oder kugelartigen Hohlkammerstrukturen. Typische Ausgangsmaterialien sind dünner Stahl, Aluminium, Kunststoffe oder andere Werkstoffe. Auf diese Innenstrukturen schweißen oder kleben die Hersteller beidseitig dünne Bleche.

Klassisches Strangpressen stößt an Grenzen

Ausgangspunkt für das neue Laser-Walz-Verfahren war eine Herausforderung, mit der ein großes Waggonbau-Unternehmen an das IWS herangetreten war: Der Konzern verwendete zwar bereits Leichtbauprofile aus Aluminium für seine Fahrzeugtechnik. Das verwendete Strangpressverfahren ermöglichte aber keine beliebig dünnen Innenstege. Etwa 1,5 Millimeter galten hier als technologisch bedingte Untergrenze. Dem stand und steht der Wunsch gegenüber, möglichst viel Material und Gewicht einzusparen beziehungsweise filigrane Innenstrukturen zu verwenden.

So funktioniert die laserbasierte Sandwichplattierung: Die Anlage befördert eine flexible Bahn aus hohlen metallischen Innenstrukturen zwischen zwei Walzen und rollen die untere sowie die obere Blechdeckschicht ab. In den hauchdünnen Spalt zwischen Innenstrukturbahn und Deckblech zielen zwei Laser und schmelzen die Oberflächen der Metallschichten auf. Die Walzen pressen Bleche und Innenstrukturen zusammen, die Metallschmelze erstarrt und fixiert beide dauerhaft miteinander. Visualisierung: Fraunhofer-IWS

So funktioniert die laserbasierte Sandwichplattierung: Die Anlage befördert eine flexible Bahn aus hohlen metallischen Innenstrukturen zwischen zwei Walzen und rollen die untere sowie die obere Blechdeckschicht ab. In den hauchdünnen Spalt zwischen Innenstrukturbahn und Deckblech zielen zwei Laser und schmelzen die Oberflächen der Metallschichten auf. Die Walzen pressen Bleche und Innenstrukturen zusammen, die Metallschmelze erstarrt und fixiert beide dauerhaft miteinander. Visualisierung: Fraunhofer-IWS

Das Fraunhofer-Team löste diese Herausforderung mit einer Laserschweiß-Walzanlage. Durch diese Anlage führen sie eine flexible Kernlage aus sehr leichten Innenstrukturen zwischen zwei Walzen, über die sich je ein Deckblech oben und unten abrollt. Dabei zielen Scanner-gesteuerte Laser schräg von beiden Seiten in die dünne Spalte zwischen Kernlage und Deckblech. Dort erhitzen sie die Metalloberflächen punktgenau. Dabei entstehen lokal – abhängig vom gewählten Blechmaterial – Temperaturen zwischen 660 und über 1400 Grad. Die Walzen pressen dann die leicht aufgeschmolzenen Oberflächen von Kernlage und Decke so fest zusammen, dass sie sich dauerhaft verbinden.

Laser-Verfahren drückt Energieverbrauch

Solche besonders leichten Platten lassen sich im rollenden Verfahren in einem Durchlauf herstellen. Im Vergleich zu klassischen Methoden wie etwa dem Strangpressen bei hohen Temperaturen spart das Laserschweißen viel Energie, da das energiereiche Licht die Metalloberflächen nur hauchdünn lokal aufschmelzen muss. Auch eignet es sich für die preisgünstige Massenproduktion. Schon der Laborprototyp kommt auf ein hohes Fertigungstempo. Zum industriellen Maßstab weiterentwickelt, könnten derartige Anlagen mehr als zehn laufende Meter Leichtbaublech pro Minute schaffen, schätzt Andrea Berger. Zudem lassen sich solche Maschinen schnell auf neue Profil- oder Plattenstrukturen umrüsten. Strangpressen hingegen benötigen bei jeder Anwendung ein anderes Werkzeug, wenn der Kunde ein neues Plattenmodell bestellt.

Per Laser-Sandwichplattierung lassen sich zudem nur noch wenige Zehntel Millimeter dünne, stabile Strukturen erzeugen. Dies entschärft zum Beispiel das erwähnte Dilemma beim Waggonbau. Da das Laserwalzplattieren preiswerte Leichtbaulösungen aus purem, hitzeresistentem Stahl ermöglicht, lassen sich derartige Platten auch überall dort verbauen, wo viele konventionelle Leichtbaukonstruktionen aus Brandschutzgründen bisher tabu waren – zum Beispiel an bestimmten Stellen im Schiffbau. Solch ein breiterer Leichtbaueinsatz wiederum reduziert den Materialverbrauch in der Zulieferindustrie, kann das Gewicht von Fahrzeugen, Flugzeugen und Schiffen senken und dadurch fossile Brennstoffe oder Strom sparen. Ein weiterer ökologischer Nutzen ergibt sich am Ende des Bauteillebenszyklus: Lasergefügte Sandwichplatten enthalten weder Klebstoff noch Lötmittel oder andere Fremdstoffe, die später in Recyclinganlagen mühsam wieder getrennt werden müssten.

Anwendungen im Schiffs-, Hallen- und Fahrzeugbau absehbar

IWS-Abteilungsleiter Marko Seifert sieht als mögliche frühe Anwender des neuen Verfahrens unter anderem Zulieferbetriebe für Werften und Fahrzeugbauer. Erste Einsatzszenarien könnten zum Beispiel leichte Treppen oder auch Schiffszwischenwände sein, in denen sich dank der hohlen Innenstrukturen der Platten gleich zum Beispiel Stromkabel unsichtbar verlegen lassen. Auch für Lkw-Anhänger und den Hallenbau könnte sich die neue Technologie rasch durchsetzen. Für die nächsten Schritte suchen die Fraunhofer-Forschenden nach Partnern, um die Idee in die Anwendung zu bringen.

Autor: Heiko Weckbrodt

Quelle: IWS DD

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt