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Sandstorm will sich mehr auf nachhaltige Projekte fokussieren

Wichtig ist, dass das ganze Team gerne bei Sandstorm arbeitet, findet Geschäftsführer Tobias Gruber. Und dafür sorgt eben auch die Ausstattung im Pausenraum. Foto: Heiko Weckbrodt

Wichtig ist, dass das ganze Team gerne bei Sandstorm arbeitet, findet Geschäftsführer Tobias Gruber. Und dafür sorgt eben auch die Ausstattung im Pausenraum. Foto: Heiko Weckbrodt

Dresdner Softwareschmiede setzt auf eine besondere Unternehmenskultur auf Augenhöhe und Projekte mit gesellschaftlichem Nutzen

Dresden, 13. Oktober 2022. Was macht einen guten Unternehmer aus? Geld scheffeln und reich werden? Macht akkumulieren? Zur sehr wichtigen Person, zum VIP aufsteigen? Auch Sebastian Kurfürst, Tobias Gruber und Florian Heinze brauchen wirtschaftliche Erfolge, um ihre Dresdner Software-Agentur gesund am Laufen zu halten. Doch bald noch wichtiger ist es für die Gründer von „Sandstorm Media“, mit ihren 33 Beschäftigten, die sie eher als Freunde denn als Untergebene sehen, auf Augenhöhe zu interagieren. Und mit ihrer Arbeit die Wirtschaft etwas nachhaltiger umzuformen. „Darin sind wir uns mit dem Team einig“, sagt Tobias Gruber: „Wir wollen wenigstens eine kleine Delle im Universum hinterlassen, die die Welt etwas besser macht.“

Tendenz zum Zweckunternehmen

Weit weg ist das sandstürmerische Software-Kollektiv damit nicht mehr vom „Purpose“-Trend, der seit einigen Jahren weltweit vor allem junge Entrepreneure fasziniert: Sie finden, ein Unternehmen darf nicht vererbbar sein, sondern muss denen gehören, die dort tätig sind. Vor allem aber soll solch ein Betrieb keine Profite für die Gründer erwirtschaften, sondern einem positiven gesellschaftlichen Zweck („Purpose“) dienen. Das „Positive“ definiert da freilich jeder etwas anders.

Zwar ist die Dresdner Softwareschmiede – auch mangels einer geeigneten deutschen Rechtsform jenseits der Stiftung – offiziell gar kein „Purpose“-Unternehmen. Das Team um Kurfürst, Gruber und Heinze aber nimmt beispielsweise vorzugsweise Projektaufträge an, die dem Umweltschutz, dem Öko-Landbau, der Entwicklungshilfe oder ähnlichen konsensfähigen Zielen folgen.

Online-Laden für Öko-Kisten und Ertragshilfe für Kenias Bauern

Ein Beispiel dafür ist der Internet-Laden, den „Sandstorm Media“ für den Hof Mahlitzsch in Nossen programmiert hat: Der beliefert Fans von umweltfreundlich gewachsenem Obst und Gemüse mit „Ökokisten“, in denen sowohl eigene „Bio“-Lebensmittel drinstecken, wie auch Milch, Käse, Fleisch und Nudeln von 50 Partnerbetrieben aus der regionalen Öko-Landwirtschaft. Und wenn es gelinge, für den Vertrieb dieser Biokost einen wirklich schönen, bequemen und beliebten Online-Shop zu etablieren, dann sei wieder eine der erwähnten kleinen Dellen ins Universum gedrückt, meint das Dresdner Team.

„Manchmal nehmen wir auch nichtprofitable Projekte an, wenn wir sie gut finden“, verrät Tobias Gruber. Für das in Darmstadt und im kenianischen Kisumu ansässige junge Unternehmen „Agribora“ beispielsweise programmierten die Dresdner eine Informations-Plattform, die afrikanischen Bauern helfen soll, eine ertragreiche und doch umweltbewusste Landwirtschaft aufzubauen. „In Zukunft wollen wir den Anteil nachhaltiger Projekte noch deutlich ausbauen“, kündigt Gruber an. „Wir wollen damit auch andere Unternehmen ermutigen, nachhaltige Ziele zu verfolgen.“

Keine Hierarchien, gleiches Geld für alle

Die besondere Unternehmenswerte von „Sandstorm Media“ schlagen sich auch in der Arbeitskultur im Betrieb nieder: Die Firma schießt den Vätern und Müttern in der Belegschaft die kompletten Kita-Kosten zu. Außerdem bekommen alle Extra-Zuschüsse für eine Altersvorsorge sowie Gratis-Handyverträge vom Mobilfunkanbieter „Wetell“, der sich selbst als Purpose-Unternehmen organisiert hat und dem Umweltschutz verschrieben hat. Vor allem aber verstehen sich die Gründer hier nicht als entrückte Chefs, sondern allenfalls „Erste unter Gleichen“. Lange Zeit bekam sogar jeder im Unternehmen das selbe Gehalt – erst vor kurzem ist das Gründertrio davon abgerückt, um erfahrene „Altgediente“ gegenüber Neulingen besser stellen zu können. Doch Boss-Gehabe bleibt tabu: „Bei Sandstorm gibt es keine klassischen Hierarchien“, lobt die Industrie- und Handelskammer Dresden: „Jedes Teammitglied übernimmt Rollen und Verantwortung nach eigenen Fähigkeiten und Interessen.“

Entwickler Mahmaud Alkhalaf überprüft in der Dresdner Softwareschmiede "Sandstorm Media" eine Vorlage für Internetseiten. Foto: Heiko Weckbrodt

Entwickler Mahmaud Alkhalaf überprüft in der Dresdner Softwareschmiede „Sandstorm Media“ eine Vorlage für Internetseiten. Foto: Heiko Weckbrodt

Das hänge auch mit der Geschichte des Unternehmens zusammen, erklärt Gruber: Alle drei Gründer hatten sich schon als Schüler am Bertolt-Brecht-Gymnasium in Dresden befreundet. Auch während ihrer Informatik-Studien an ganz verschiedenen Orten verloren sie sich nie aus den Augen. Anfang 2009 gründeten sie dann ihr gemeinsames Unternehmen. Beim Firmennamen ließen sie sich von ihren gemeinsamem Kletterausflügen ins Elbsandsteingebirge leiten. „Allerdings fanden wir ,Sandsturm’ dann doch etwas dynamischer als ,Sandstein’“, erzählt Gruber, wie die Wahl dann letztlich auf „Sandstorm“ fiel.

Schulfreunde taten sich ursprünglich für ein Spreewald-Portal zusammen

Das erste Projekt des jungen Unternehmens war ein Tourismus-Internetportal für den Spreewald. Das Konzept erwies sich zwar nicht gerade als Volltreffer und wurde schließlich wieder eingestampft. Doch mit Auftrags-Programmierarbeiten machte „Sandstorm“ dann doch bald die ersten paar Tausend Euro Umsatz. Peu à peu sprach sich die Arbeit der Dresdner herum, die Auftragsvolumina wuchsen. 2013 heuerte das Unternehmen den ersten Angestellten jenseits des Gründer-Trios an. „Das war ein Freund aus der Studienzeit“, sagt Gruber. Irgendwie sei es ihnen allen komisch vorgekommen, dem Freund gegenüber plötzlich den Chef heraushängen zu lassen. Und aus diesem Gedanken heraus entwickelte sich dann in den Folgejahren die besondere Sandstorm-Arbeitskultur. „Und die ändert sich mit jedem Neuen, der zu uns kommt“, unterstreicht Gruber.

Die Konstante dabei sei der Gedanke, vertrauensvoll und fair miteinander umzugehen. Ein Beispiel: „Bei uns muss keiner einen Urlaubsschein genehmigen lassen. Das soll jeder mit seinem Team und den Kunden selbst ausmachen.“ Und bisher habe das immer geklappt: „Uns haben Andere immer wieder gesagt: Das kannst Du vielleicht mit zehn Leuten machen, dann scheitert das. Oder mit höchstens 20. Oder 30. Aber bei uns funktioniert das Prinzip Augenhöhe weiter.“

Kurzporträt:

  • Name: Sandstorm Media GmbH
  • Hauptsitz: Bio-Innovationszentrum Dresden am Tatzberg
  • Branche: Software
  • Spezialitäten: Interaktive Internetseiten, Zusatzprogramme für die Redaktionssysteme Typo 3 und Neos, Apps, Java-basierte Software
  • Referenzbeispiele: Photovoltaikanlagen-App für Solarwatt-Kunden, Waldflächenverwaltung für Sachsenforst, barrierefreies Videolernportal für die Lehrerinnen-Ausbildung an der Uni Dortmund
  • Belegschaft: 32 Beschäftigte
  • Umsatz: 1,2 Mio. €
  • Ausbildung: fünf Azubis und fünf Berufsakademie-Studenten
  • Mehr Infos im Netz: sandstorm.de

Autor: Heiko Weckbrodt

Quelle: Vor-Ort-Termin Sandstorm

Hinweis: Dieser Bericht ist zuerst in den Dresdner Neuesten Nachrichten erschienen.

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt