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„Holozän-Rätsel“: Klimamodelle wollen einfach nicht für die Vergangenheit passen

Ein Wissenschaftler steht vor dem grönländischen Eisschild (Jakobshavn Isbræ Gletscher). Foto: Vincent Jomelli für das Marum

Ein Wissenschaftler steht vor dem grönländischen Eisschild (Jakobshavn Isbræ Gletscher). Foto: Vincent Jomelli für das Marum

Internationales Team schafft es nicht, Modelle und Temperaturreihen der vergangenen 12.000 Jahre zusammenzubringen

Bremen, 10. Oktober 2022. Klimaforscher versuchen es weiter vergebens, ihre Klimamodelle für die Zukunft mit Fakten aus der Vergangenheit in Übereinstimmung zu bringen. „So kommen etwa Klimamodelle und Temperaturrekonstruktionen zu unterschiedlichen Schlüssen zum Klima der vergangenen 12.000 Jahre, die erdgeschichtlich als Holozän bezeichnet werden. Forschende sprechen hierbei vom ,Holozän-Temperaturrätsel’“, räumt das „Zentrum für Marine Umweltwissenschaften“ (Marum) an der Universität Bremen ein, das sich an einer internationalen Studie zum Holozän-Temperaturrätsel beteiligt hat.

Anders formuliert: Die Modelle, mit denen manche Wissenschaftler das Weltklima für die kommenden Dekaden vorauszusagen versuchen, hält der praktischen Überprüfung nicht stand, wenn man mit ihnen die bekannten Klimaveränderungen der Vergangenheit nachzumodellieren versucht.

Um dieses „Rätsel“ zu lösen, haben Teams aus Deutschland, Großbritannien, der Schweiz, Kanada und Frankreich nun die bisher „größte verfügbare Datenbank mit Temperaturrekonstruktionen aus der Vergangenheit genutzt, um die geografischen Muster der Temperaturveränderungen während des Holozäns zu untersuchen“. Ihr Befund: Aanders als bisher anhand der verwendeten Klimamodelle angenommen gab in den vergangenen 12.000 Jahren keine global synchrone Wärmeperiode. „Stattdessen finden sich die wärmsten Temperaturen zu unterschiedlichen Zeiten nicht nur in verschiedenen Regionen wieder, sondern auch zwischen Ozean und Land. Dies, schlussfolgern die Forschenden, werfe die Frage auf, wie aussagekräftig Vergleiche der globalen Mitteltemperatur zwischen Rekonstruktionen und Modellen tatsächlich sind“, heißt es in einer Zusammenfassung der Studie durch das „Marum“. Laut Studien-Erstautor Olivier Cartapanis stellen „die Ergebnisse das Paradigma eines weltweit synchronen thermischen Maximums im Holozän in Frage. Während die wärmste Temperatur in Westeuropa und Nordamerika vor 4000 bis 8000 Jahren erreicht wurde, kühlte sich die Oberflächentemperatur der Ozeane in den mittleren und hohen Breiten seit etwa 10.000 Jahren ab und blieb in den Tropen stabil.“

Dabei hoffen die Klimaforscher sehr, dass sie ihre Modelle noch mit der Praxis abgleichen können. Schließlich steht und fällt damit die Glaubwürdigkeit ihrer Empfehlungen an Politiker in der aktuellen Debatte um neue Umweltschutz-Gesetze. Die „Fähigkeit der Klimamodelle, die Klimaschwankungen des Holozäns in Raum und Zeit zu reproduzieren“, werde „das Vertrauen in ihre regionalen Projektionen des künftigen Klimawandels erhöhen“, heißt es weiter in der Zusammenfassung. Schließlich müsse man „den politischen Entscheidungsträgern eine Orientierungshilfe geben“.

Quelle: Marum

Originalpublikation:

Olivier Cartapanis, Lukas Jonkers, Paola Moffa-Sanchez, Samuel L. Jaccard, Anne De Vernal: Complex spatio-temporal structure of the Holocene Thermal Maximum. Nature Communications 2022. DOI: https://doi.org/10.1038/s41467-022-33362-1

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt