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Verband gegen Robotersteuer

Eine Nao-Roboterin erklärt den Besuchern im Futurium Berlin, wie sie die Zeitmaschine benutzen. Foto: Heiko Weckbrodt

Auch im Dienstleistungssektor sind Roboter längst im Einsatz – selbst in Deutschland. Hier im Bild: Eine Nao-Roboterin erklärt den Besuchern im Futurium Berlin, wie sie die Zeitmaschine benutzen. Foto: Heiko Weckbrodt

Branchenvertreter: Roboter füllen Fachkräftelücken, die kein Mensch mehr schließt

Hoppstätten-Weiersbach/Chemnitz/Leipzig, 5. Juni 2022. Statt Arbeitsplätze zu vernichten, retten Roboter vor allem Wertschöpfung in Deutschland und sind in vielen Fällen die einzige Lösung für den Fachkräftemangel. Das hat der „Deutsche Robotikverband“ aus Hoppstätten-Weiersbach betont und sich dabei auf Angaben seiner Mitglieder berufen.

Kuka-Roboter in den Autoproduktion. Foto: Kuka

Kuka-Roboter in den Autoproduktion. Foto: Kuka

Geschäftsmodelle werden ohne Roboter prekär

Demnach sichern in vielen deutschen Unternehmen die Geschäftsmodelle, die wegen unbesetzbarer Stellen sonst in Frage gestellt wären. Das war noch in den 1970ern anders – da standen Rationalisierungs- und Qualitäts-Argumente ganz oben auf der Motivationsliste. „Der klassische Käufer von Robotern, die Automobilindustrie, entschied sich vor Jahrzehnten aus Rentabilitäts- und Qualitätsgründen für die Industrierobotik“, skizziert der Verband der Motivationswandel bei den Roboternutzern. „In den letzten Jahren gewann der Fachkräftemangel immer mehr an Bedeutung. Es fehlten Mitarbeiter für eine Nachtschicht et cetera. Der Betrieb konnte sein volles Umsatzpotenzial nicht ausschöpfen.“

Koboter - also kollaborative Roboter, die mit Menschen ohne Zaun zusammenarbeiten - sind zwar immer noch Nischenprodukte, doch dieser Teilmarkt wächst derzeit besonders dynamisch- Hier das Cobot-Modell "Yumi" von ABB. Foto: ABB / IFR

Koboter – also kollaborative Roboter, die mit Menschen ohne Zaun zusammenarbeiten – sind zwar immer noch Nischenprodukte, doch dieser Teilmarkt wächst derzeit besonders dynamisch- Hier das Cobot-Modell „Yumi“ von ABB. Foto: ABB / IFR

Ohne Roboter keine Nachtschicht, keine Schweißabteilung mehr

Inzwischen habe sich dieses Problem so weit verschärft, dass ohne Roboter in manchen Betrieben nichts mehr geht, weil sich für wichtige Arbeiten einfach kein qualifizierter menschlicher Arbeiter mehr finden lässt. „Da es immer weniger und vor allem zu wenig Schweißer gibt, können Blechverarbeiter zunehmend nur noch mittels Schweiß-Robotern arbeiten“, nennt der Verband ein Beispiel. Zudem werden neue Fertigungsmethoden durch die „Kobotik“ möglich: Kollaborative Roboter sind so konstruiert, dass sie ohne Sicherheitszaun mit Menschen direkt zusammenarbeiten können – zum Beispiel als Handreicher für richtig schwere und unhandliche Teile.

Pasta vom Roboterkoch

Auch in der Gastronomie und in Pflegeheimen ist dieses Dilemma kaum noch ohne Automatisierung und speziell auch Roboter zu lösen. In vielen Restaurants in Asien beispielsweise sind automatisierte Bestellvorgänge per Tisch-Touchscreen oder Smartphone und Essenstransport an den Tisch per Fließband oder Roboter längst üblich. Und Unternehmen wie Davinci Kitchen aus Leipzig haben mit ihrem „Gourmet Cube“ bereits vorexerziert, wie Roboterköche in stabiler Qualität Pasta und andere Speisen zubereiten können – und daraus noch ein Schauerlebnis für die Kunden machen.

So etwa soll der künstliche Pflegeheim-Nachtwächter aussehen, den die HTW zusammen mit Partnern entwickeln will. Auch einen Namen hat der Roboter schon: In Anlehnung an Sachsens wohl berühmtesten Kurfürsten (August der Starke) haben ihn die HTW-Tüftler "August der Smarte" getauft- Letztlich basiert der mobile Assistent basiert allerdings auf einem Basisdesign aus Thüringen: auf der Roboter-Plattform der Firma MetraLabs Ilmenau. Foto: HTW Dresden

Künstliche Pflegeheim-Nachtwächter aus Sachsen. Foto: HTW Dresden

Wachsende Rolle in Pflegeheimen erwartet

In Pflegeheimen und Krankenhäusern in Europa spielen Roboter zwar bisher nur eine kleine Rolle. Aber auch hier haben Japan, China und andere asiatische Staaten bereits vorgemacht, wieviele Nebentätigkeiten Roboter auch im direkten Dienst am Menschen übernehmen können: als kraftunterstützende Helfer für Pfleger, in Form von Roboterrobben als Freund für demenzkranke Senioren, als patrouillierende Nachtschichtler in Pflegeheimen, die umherirrende verwirrte Bewohner wieder einsammeln, oder jüngst die mobilen Desinfektions-Roboter in der Hochzeit von Corona. „Wenn gebrechliche Senioren dank Robotik nur vier Monate länger in ihrer vertrauten Umgebung leben können, tut es ihnen nicht nur gut, sondern die Gemeinschaft spart auch zehn Milliarden Euro im Jahr“, zitiert der Verband einen Befund der Bochumer „United Robotics Group“.

Die Robotiker der TU Chemnitz haben gemeinsam mit Edeka einen Mini-Supermarkt in ihren Laboren nachgebaut, um hier Einkaufsroboter zu entwickeln und zu testen. Foto: Heiko Weckbrodt

Die Robotiker der TU Chemnitz haben gemeinsam mit Edeka einen Mini-Supermarkt in ihren Laboren nachgebaut, um hier Einkaufsroboter zu entwickeln und zu testen. Foto: Heiko Weckbrodt

Nimmermüde Helfer im Supermarkt

„Andere Roboter werden Senioren das Einkaufen erst ermöglichen“, betont der Robotikverband. „Im Supermarkt können in der Zukunft Roboter stehen, die die gewünschten Artikel aus oberen Regalen heben.“ An der TU Chemnitz entwickeln Ingenieurinnen und Ingenieure beispielsweise gemeinsam mit Edeka und weiteren Partnern rollende Roboter, die eben solche Supermarktaufgaben übernehmen sollen. Und an der Markttür müssen die Aufgaben der künstlichen Helfer keineswegs aufhören: „Ein mobiler Roboter kann dann dem Pensionisten beim Heimweg hinterherfahren und den Einkauf transportieren. Der Roboter wäre das Lastenfahrrad für gebrechlichere Personen.“

Branchenvertreter: Roboter sichern für uns Lebensqualität

Insofern verkenne die oft geführte Diskussion um eine vermeintliche Bedrohung von Jobs und menschlicher Kultur durch Roboter den Mehrwert dieser Technologie für die gesamte Gesellschaft: „Wenn Roboter Wohlstand und Lebensqualität sichern, erscheint eine Robotersteuer, wie sie gelegentlich gefordert wird, kontraproduktiv“, betonen die Branchenvertreter. „Sie würden bereits so der Gesellschaft dienen und nicht nur ihrem Besitzer.“

Autor: Heiko Weckbrodt

Quellen: Deutscher Robotikverband, Oiger-Archiv, United Robotics Group

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt