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Freiberger gewinnen Eisen und Betonersatz aus Grubenschlamm

Martin Reiber vom Institut für Technische Chemie sichtet Schlämme am Roten Graben. Foto: TU Bergakademie Freiberg

Martin Reiber vom Institut für Technische Chemie sichtet Schlämme am Roten Graben. Foto: TU Bergakademie Freiberg

Chemiker wollen Bergbau-Reste verwerten statt sie zu deponieren

Freiberg, 27. Mai 2022. Statt Grubenschlamm auf Deponien zu entsorgen, haben Chemiker aus Sachsen ein Membran-System entwickelt, um aus diesen Bergbau-Altlasten Eisen, Zink. Aluminium, natürlichen Zementersatz, klares Wasser und andere Wertstoffe zu gewinnen. Das hat die Bergakademie Freiberg mitgeteilt, die beim neuen Großforschungsprojekt „Recomine-Zauber“ die Federführung hat.

Professor sieht gute Chancen für ein wirtschaftliches Verfahren

Und dieses Verfahren könnte womöglich sogar profitabler sein als die Deponie-Entsorgung der Bergbaureste als Sondermüll: „Unser bereits zum Patent angemeldeter Ansatz bietet vielversprechendes Potential für die Entwicklung eines ökonomischen Verfahrens“, erklärt Prof. Martin Bertau vom Freiberger Uni-Institut für technische Chemie.

So sieht das betonartige Material aus, das die Freiberger aus Bergbauschlamm gewinnen. Foto: TU Bergakademie Freiberg

So sieht das betonartige Material aus, das die Freiberger aus Bergbauschlamm gewinnen. Foto: TU Bergakademie Freiberg

Membranen filtern sauberes Wasser und Metalle aus den Altlasten

Bei diesem Verfahren drücken die Chemiker den Bergbauschlamm samt Wasser durch ein System mehrerer Membranen. Das filtert nach und nach erst die Feststoffe heraus, dann die enthaltenen Schwermetalle sowie Schadstoffe wie Cadmium oder Arsen. Am Ende verlassen sauberes Wasser, Metalle und Baustoffe die Anlage. Dazu gehören beispielsweise Eisen und Zink, aber auch sogenannte Geopolymere. Das sind anorganische Bindemittel, die Zement ähneln. Damit angerührter Beton widersteht Hitze und Chemikalien besser als normaler Beton, härtet auch schneller aus und verursacht laut der Bergakademie in der Gesamtbilanz rund 80 Prozent weniger Kohlendioxid.

Demonstrator entsteht an Graben voll mit 13.000 Tonnen rotem Schlamm

Im Labor funktioniert die Technologie bereits. Nun wollen die Forschenden einen größeren Demonstrator an einem Pilotstandort aufbauen: am „Roten Graben“, in dem sich durch jahrelangen Bergbau durch Gruben- und Sickerwasser aus dem Freiberger Revier über 13.000 Tonnen Schlamm mit Schwermetallen darin abgelagert haben. Dafür bekommen sie gemeinsam mit den Projektpartnern aus der Wirtschaft insgesamt eine Million Euro Fördergeld vom Bundesforschungsministerium. Neben der Bergakademie beteiligen sich auch Unternehmen am „Recomine-Zauber“: die „Intec Gesellschaft für Injektionstechnik“ aus Brand-Erbisdorf , die „Saxonia Standortentwicklungs – und – Verwaltungsgesellschaft“ aus Freiberg, die „G.E.O.S. Ingenieurgesellschaft“ aus dem sächsischen Halsbrücke und die „Befesa Zinc Freiberg“. Letztlich steht hinter dem Verbundprojekt die Hoffnung, mit der Freiberger Methode eine Blaupause für den Umgang mit schlammigen Bergbaulasten in ganz Deutschland zu entwickeln.

Eine TheiaX-Forscherin mit einer Hyperspektralkamera im Außeneinsatz. Foto: TheiaX

Eine TheiaX-Forscherin vom Helmholtz-Institut Freiberg sucht mit einer Hyperspektralkamera nach wertvollen Metallen im Boden. Foto: TheiaX

Auch Helmholtz und Fraunhofer wollen in Sachsen Bergbau-Altlasten recyceln

Auch andere Forschungseinrichtungen und Unternehmen im Freistaat beschäftigen sich mit den Bergbau-Altlasten aller Couleur. Denn sowohl der frühneuzeitliche Silberrausch in Sachsen wie auch der spätere Zinn- und Kohlebergbau, aber auch die Urangewinnung für sowjetische Atombomben haben in Sachsen viele Abraumhalden und Altlasten hinterlassen. Gerade in Freiberg hat die Suche nach Recyclingmethoden für diese alten Halden und Ablagerungen lange Tradition. Neben der Bergakademie beschäftigt sich hier das „Helmholtz-Institut Freiberg für Ressourcentechnologie“ (HIF) mit derartigen Ansätzen. Auch das Dresdner Fraunhofer-Keramikinstitut IKTS forscht –  zum Beispiel im Recomine-Schwesterprojekt „Terzinn“ in Ehrenfriedersdorf – an membranbasierten, elektrochemischen und anderen Recyclingverfahren insbesondere für Bergbauabwässer. Derweil beteiligen sich die Nachfolger der deutsch-sowjetischen „Wismut“ seit der Wende immer wieder an Entwicklungsprojekten, die sich mit den Spätfolgen des Uranbergbaus beschäftigen.

Autor: Heiko Weckbrodt

Quellen: Bergakademie TU Freiberg, Zauber-Projekt, Oiger-Archiv

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt