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Börsentag in Dresden: Zwischen Wagnis und Werten

Die Sparkasse hat sich einen Pepper-Roboter zugelegt, um auf dem Börsentag in Dresden für ihre Geldanlagen zu werben 2022. Foto: Heiko Weckbrodt

Die Sparkasse hat sich einen Pepper-Roboter zugelegt, um auf dem Börsentag in Dresden für ihre Geldanlagen zu werben 2022. Foto: Heiko Weckbrodt

Auch der Rentner und die Hausfrau wollen mit Daytrading und Crypto Kohle scheffeln – doch auch ethische Kriterien zählen bald womöglich mehr im Aktienhandel

Dresden, 7. Mai 2022. Die in der Dot-Com-Blase der Jahrtausendwende verlorenen Ersparnisse sind vergessen. Die Staatszuschüsse und Langeweile der Corona-Zeit sowie die Strafzinsen auf Bankkonten haben ihr Übriges getan: Die Deutschen sind wieder risikofreudiger in Finanzfragen gemacht. Zudem ist das hürdenarme Zocken an der Börse per Smartphone heute nichts Ungewöhnliches mehr. Statt in festverzinsliche Bundesschatzbriefe stecken sie ihr Ersparte lieber in Aktien, Derivate oder Kryptogeld-Spekulationen – und zwar über die Generationen hinweg.

Seit dem Tiefstand von 2010 ist der Anteil der Deutschen, die zumindest einen Teil ihres Geldes in Aktien anlegen, von knapp 13 auf reichlich 17 Prozent gestiegen. Das liegt zwar immer noch unter den Höchstständen kurz vor der geplatzten Dot-Com-Blase, als zeitweise jeder fünfte DeutscheAktien hatte – doch der Aufwärtstrend ist vor allem seit Corona unübersehbar. Und dieses wiedererwachte Interesse an etwas riskanteren Geldanlagen hat sich heute auch beim Ostdeutschen Börsentag niedergeschlagen, zu dem rund 4000 Besucher ins Dresdner Kongresszentrum strömten.

Tipps vom Day-Trader gefragt

Stark vertreten war in der Besucherschaft vor allem das Seniorenlager. Aber es kamen eben auch junge Paare mit dem Baby im Kinderwagen oder in der Manduca. Besonders stark umlagert waren die Vorträge alter Börsenfüchse und Analysten. Gefragt waren aber auch Tipps von „Day Trading“-Experten, die mit den kleinen Tagesschwankungen im Aktienindex DAX Kasse machen, oder von den immer beliebteren Online-Trading-Plattformen wie eToro, die per Internet und App selbst der Hausfrau und dem Studenten hochspekulative Investitionen zugänglich machen.

Von Beate Uhse bis VW - auch Sammler alter Papier-Aktien konnten beim Börsentag in Dresden zuschlagen. Foto: Heiko Weckbrodt

Von Beate Uhse bis VW – auch Sammler alter Papier-Aktien konnten beim Börsentag in Dresden zuschlagen. Foto: Heiko Weckbrodt

Silberhaar-Fraktion zockt fleißig mit

„Solche elektronischen Formate haben sehr zugenommen, besonders durch Corona“, schätzt Börsentag-Veranstalter Dirk Mahnert von der Dresdner B2MS GmbH ein. Online-Banking ist ohnehin längst weitverbreitet, mittlerweile handeln aber auch immer mehr Menschen per App an der Börse oder folgen in eigenen Online-Zirkeln ihren Gurus in tagtäglichen Live-Übertragungen per Internetvideostrom. Und dahinter stecken keineswegs nur wagemutige Jungspunde: Beim Vortrag von „Traderclub24“-Chef Carlos Martins, der tagtäglich mit Hunderten seiner Online-Jünger dem Dax Fallen stellt, beratschlagte im Saal vor allem die Weißhaar-Fraktion über „Ausbrüche“, Stopp-Loss“-Signale und Begrenzungslinien im „Box Trading“.

TU-Ausgründung verknüpft KI-Tipps mit ethischem Investieren

Neue ethische wie auch technologische Akzente versucht da beispielsweise eine neue TU-Ausgründung zu setzen: Die vier Mathematiker haben in Dresden „Illumino“ gegründet, um für eine neue Generation mit einem eigenem Werte-Kanon das Investieren an der Börse zu vereinfachen. In ihrer App verknüpfen sie Anlagetipps von einer Künstlichen Intelligenz (KI) mit Tiefeninformationen für eine werte-orientierte Investitionsstrategie.

Der nächste Börsentag in Dresden soll übrigens im Januar 2023 stattfinden – dann auch wieder im Kongresszentrum, kündigte der Veranstalter an.

Autor: Heiko Weckbrodt

Quellen: Vor-Ort-Besuch, IG Börse der TUD, Traderclub24, Illumino, Statista