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Mikroelektronik-Forschungslabore für Hightech-Gründer öffnen

Blick in den Reinraum der ehemaligen Plastic-Logic-Fabrik, der nun für das Fraunhofer CNT 2.0 und das Zentrum für neuromorphes Computing umgebaut wird. Foto: Heiko Weckbrodt

Das Archivbild zeigt den Reinraum der ehemaligen Plastic-Logic-Fabrik, nachdem die Produktion gestoppt wurde. Viele Hightech-Gründer würden sich gern in solche Reinräume – aber eben im kleinen Maßstab – einmieten. Foto: Heiko Weckbrodt

Angehende Halbleiter-Firmen brauchen mehr Miet-Reinräume und Pilotlinien, um ihre Konzepte auszuprobieren

Dresden, 6. April 2022. In Deutschland klafft trotz gewisser Fortschritte in den vergangenen Jahren immer noch eine Lücke zwischen einer eigentlich starken naturwissenschaftlich-technischen Forschungslandschaft und einer breiten kommerziellen Vermarktung der dort gewonnen Erkenntnisse, wie man es aus den USA kennt. Das haben Vertreter aus Forschung und Wissenschaft während der virtuellen Tagung „Mikroelektronik-Forschung in Deutschland“ in Dresden mit Blick auf den kapitalintensiven Halbleiter-Sektor eingeschätzt.

Harald Gossner ist "Senior Principal Engineer" bei Intel. Bildschirmfoto (hw) aus: Virt. Tagung "Mikroelektronik-Forschung in Deutschland..."

Harald Gossner ist „Senior Principal Engineer“ bei Intel. Bildschirmfoto (hw) aus: Virt. Tagung „Mikroelektronik-Forschung in Deutschland…“

Intel-Ingenieur plädiert für überregionale Finanzierung

„Was wir hier brauchen, ist ein Zwischenschritt, in dem sich austesten lässt, ob ein neuer Ansatz marktfähig und integrierbar ist“, forderte beispielsweise Harald Gossner, einer der deutschen Chefingenieure im Halbleiterkonzern „Intel“, der sich gerade anschickt, in Magdeburg zwei große Chipfabrik zu bauen. „Dafür brauchen wir in Deutschland mehr Pilotlinien.“ Da dies gerade in der Mikroelektronik die Startausrüstungen teuer seien, wären dafür allerdings erhebliche Investitionen nötig, die kaum ein Standort allein stemmen könne. „Das müssen wohl eher landesweite Lösungen sein.“

Nanotech-Firma fand in Hessen nirgends einen Miet-Reinraum

Diese Erfahrung hat auch Dr. Sebastian Quednau von der jungen Nanotechnologie-Firma „Nanowired“ gemacht. „Wir mussten feststellen, dass es bei uns in Hessen keine Möglichkeit für ein Start-up gibt, sich in einen Reinraum einzumieten.“ Dies hebt die Hürden für junge Hightech-Firmen in Deutschland erheblich. Denn der Aufbau eines eigenen Reinraums und dessen Ausrüstung mit Anlagen, von denen jede einen sechsstelligen Betrag oder mehr kostet, sind mit ganz erheblichen Aufwendungen verbunden. Solange sich das Gründerteam noch im akademischen Bereich bewegt, kann es meist noch die Infrastrukturen „seiner“ Uni mitnutzen – aber danach ist es meist damit vorbei.

Technologiezentren in Dresden teils mit Reinräumen ausgestattet

In Dresden ist das teilweise anders: In der sächsischen Mikroelektronik-Metropole gibt es relativ viele Reinräume. Die sind teils an der Uni und bei Fraunhofer eingerichtet, teils in diversen Halbleiterunternehmen. Aber auch die städtischen Wirtschaftsförderer sorgen teils in den kommunalen Technologiezentren dafür, dass sich dort recht leicht Reinräume einrichten lassen. Reinräume gibt es zum Beispiel im ursprünglichen Technologiezentrum Dresden an der Gostritzer Straße, im Nanozentrum in Klotzsche und im Gewerbepark am Ardenne-Ring.

"Cool Silicon"-Koordinator Prof. Thomas Mikolajick spiegelt sich in einem Chip-Wafer in der "CoolX"-Schau. Foto: Heiko Weckbrodt

Prof. Thomas Mikolajick spiegelt sich in einem Chip-Wafer in der „CoolX“-Schau. Foto: Heiko Weckbrodt

Daneben sehen die Forscher und Gründer noch einige andere Lösungsansätze. „In anderen Ländern gibt es Großforschungslabore, die Start-ups auch längere Zeit begleiten“, weist Prof. Thomas Mikolajick vom „Namlab“ der TU Dresden auf einen möglichen Weg hin. „In Deutschland sehe ich auch das Problem, dass gewisse Förderungen enden, sobald die Firma gegründet ist.“

Forschungslabs könnten helfen

Einen Ansatzpunkt für eine Lösung sieht er auch in den Forschungslaboren und virtuellen Fabriken für Mikroelektronik, die Bund und Länder gemeinsam mit Unis, Fraunhofer- und Leibnizinstituten ab 2017 aufgebaut hatten – auch als deutsche Antwort auf die Halbleiter-Großforschungszentren in Belgien und Frankreich. „Das ist sicher überlegenswert, diese Forschungslabs für Startups zu öffnen“, sagte Mikolajick, der selbst einer der Koordinatoren dieser Mikroelektronik-Labore ist.

Autor: Heiko Weckbrodt

Quellen: Fachvorträge und Diskussion zur Tagung „Mikroelektronik-Forschung in Deutschland“, Oiger-Archiv

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt