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Musik für die Quantenhirne

Schallwellen steuern hier im Experiment die Farbzentren in Siliziumkarbid-Kristallen (Si steht für je ein Silizium-Atom, C für Kohlenstoff). Die gelben Pfeile symbolisieren die Spin-Ausrichtung der gefangenen Elektronen. Visualisierung: Blaurock für das HZDR

Schallwellen steuern hier im Experiment die Farbzentren in Siliziumkarbid-Kristallen (Si steht für je ein Silizium-Atom, C für Kohlenstoff). Die gelben Pfeile symbolisieren die Spin-Ausrichtung der gefangenen Elektronen. Visualisierung: Blaurock für das HZDR

Physiker steuern Elektronen-Spins in Siliziumkarbid mit Schallwellen

Dresden-Rossendorf/Berlin/St. Petersburg, 1. November 2021. Die Quantencomputer der Zukunft sind womöglich für den richtigen „Sound“ empfänglich, wenn es nach einem länderübergreifenden Physiker-Team aus Dresden, Berlin und St. Petersburg geht: Sie haben einen Weg gefunden, den Spin – eine Art quantenphysikalischer Drehimpuls – von Elektronen mit oberflächennahen Schallwellen zu steuern. Das hat das Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR) mitgeteilt, das an den Forschungen beteiligt ist. Dieser Ansatz könnte womöglich Wege zu Quantenspeichern eröffnen, die auf kleinstem Raum viel mehr Daten speichern können als heutige Computer.

Farbzentren als Fallen für vagabundierende Elektronen

Ihre Versuchs-Elektronen fingen HZDR-Forscher Dr. Georgy Astakhov, Dr. Alexander Poshakinskiy vom Joffe-Institut Sankt Petersburg und Dr. Alberto Hernández-Mínguez vom Paul-Drude-Institut Berlin in sogenannten „Farbzentren“ ein. Das sind Defekte in Kristallstrukturen bestimmter Materialien. In Diamanten zum Beispiel beeinflussen diese Zentren deren Farbe. Im konkreten Fall verwendeten die Physiker allerdings Siliziumkarbid-Kristalle und keine Edelsteine. Die darin gefangenen Elektronen stimmten sie mit einer Art „magnetischer Stimmgabel“ auf bestimmte Schallwellen ein. Mithilfe von winzigen Sendern, die Oberflächen-Schallwellen („Surface acoustic wave“, kurz: SAW) erzeugen können, konnten sie dann die Ausrichtung der Elektronen-Spins – vergleichbar der taumelnden Drehachse eines Kreisels – beeinflussen.

Zwar ist all dies noch ein ganzes Stück von einer praktischen Anwendung entfernt. Aber im Grundsatz könnte man mit dieser Schallsteuertechnik womöglich besonders viele Daten in jeder Basiszelle künftiger Quantencomputerchips einspeichern und auslesen.

Autor: Heiko Weckbrodt

Quelle: HZDR

Wissenschaftliche Publikation:

A. Hernández-Mínguez, A. V. Poshakinskiy, M. Hollenbach, P. V. Santos und G. V. Astakhov, Acoustically induced coherent spin trapping, in Science Advances, 2021 (DOI: 10.1126/sciadv.abj5030)

Zum Weiterlesen:

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Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt