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IfW-Ökonom: Neue Regierung kann nicht mehr aus dem Vollen schöpfen

Stefan Kooths. Foto: IfW Kiel

Stefan Kooths. Foto: IfW Kiel

Verteilungskonflikte gewinnen wegen schrumpfender finanzieller Spielräume des Bundes an Schärfe

Kiel, 27. September 2021. Ob nun Ampel, Jamaika oder Groko: Welche Regierung sich nach der Bundestagswahl auch immer bilden mag – sie wird weit geringere finanzielle Spielräume für teure Rettungsschirme und eigene Lieblingsprogramme haben als die vorherige. Das geht aus einer Einschätzung des Instituts für Weltwirtschaft (IfW) in Kiel hervor. „Das Wahlergebnis lässt Raum für einen marktwirtschaftlichen Aufbruch, zumal sich jede Regierung angesichts schwindender Wachstumskräfte unnötig teuren Interventionismus immer weniger leisten kann“, betont IfW-Konjunkturchef Prof. Stefan Kooths die Chancen und Risiken des nächsten Kabinetts.

„Anders als die Vorgängerregierung kann die neue Koalition nicht mehr aus dem Vollen schöpfen“, prognostiziert Kooths. Denn der Bund hat in den vergangenen Monaten und Jahren viele Reserven und damit Spielräume aufgezehrt. Dazu gehören die aufwendigen Corona-Hilfsprogramme, steuerlich finanzierte Rentenversprechen, der teuer erkaufte Atom- und Kohleausstieg sowie andere Projekte.

Hinzu kommen „demografisch bedingt schwindende Wachstumskräfte“

„Noch weitaus wichtiger als die Corona-Lasten sind jedoch die demografisch bedingt schwindenden Wachstumskräfte“, warnt der Ökonom. Gemeint ist damit: Wenn der Anteil der voll erwerbstätigen Bevölkerungsschichten Jahr für Jahr sinkt, dann kann nur noch überdurchschnittlich hohes Produktivitätswachstum noch für sprudelnde Steuerquellen sorgen – doch Deutschland gilt im internationalen Vergleich schon seit einigen Jahren nicht mehr als Vorbild für Wachstum..

„Damit dürfte so manches ausgabenwirksame Wahlversprechen an der finanzpolitischen Wirklichkeit zerschellen. Denn auch dem Drehen an der Abgabenschraube sind Grenzen gesetzt. Bereits vor der Corona-Krise entsprachen die Staatseinnahmen mit 46,5 Prozent der Wirtschaftsleistung – ein gesamtdeutsches Allzeithoch. Es wäre zudem fahrlässig, in der Finanzpolitik mit einer Wette auf ewig niedrige Zinsen die Konsolidierung schleifen zu lassen. Um die Schuldenbremse bald wieder einzuhalten, kann Geld nicht großzügig verplant werden, sondern müssen Staatsausgaben stärker als zuletzt priorisiert werden. Die Verteilungskonflikte werden damit an Schärfe gewinnen.“

Autor: hw

Quelle: IfW Köln

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt