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Handwerker mögen eher die passiven Exoskelette

Felix Hillemeier vom "Kompetenzzentrum Robotik" der Handwerkskammer Dresden führt beim "Dresden Robotics Festival" ein aktives Exoskelett für Handwerker vor. Foto: Heiko Weckbrodt

Felix Hillemeier vom „Kompetenzzentrum Robotik“ der Handwerkskammer Dresden führt beim „Dresden Robotics Festival“ ein aktives Exoskelett für Handwerker vor. Foto: Heiko Weckbrodt

Kammer: Aktive Modelle gelten den Meistern als noch zu teuer und wenig praxisreif

Dresden, 21. September 2021. Immer mehr Handwerker in Sachsen setzen passive Exoskelette ein, die nur durch ihre Federwirkung den Rücken bei schweren Hebearbeiten schonen. Aktive Exoskelette mit Motorunterstützung dagegen gelten den meisten Meistern noch als zu teuer und wenig praxistauglich. Das haben der Innovationsbeauftragte Daniel Hübschmann und Felix Hillemeier vom „Kompetenzzentrum Robotik“ der Handwerkskammer Dresden eingeschätzt.

Passive Exoskelette wirken wie eine Feder

In der Gerüstbau-Firma Gemeinhardt in Roßwein beispielsweise schnallen Azubis passive Exoskelette um, um Gerüste und andere Lasten aufzuheben und für ähnliche monotone und anstrengende Arbeiten. Das Außenskelett wirkt dabei im Wesentlichen wie eine Feder hinterm Rücken, die einknickt, wenn man sich herunterbeugt, und sich entspannt und dabei kraftunterstützend wirkt, wenn der Lehrling oder Geselle das Gerüstteil hochhebt. Solche passiven Exoskelette kosten meist zwischen 2000 und 5000 Euro.

Video (Autor: hw): Felix Hillemeier
von der Handwerkskammer Dresden schnallt
ein aktives Exoskelett für Handwerker an.

In aktiven Exoskeletten sorgen Motoren für mehr Kraft

Deutlich teurer sind dagegen aktive Exoskelette mit Preise ab etwa 40.000 Euro. Auch sie werden wie ein künstliches Außenskelett umgeschnallt. Hier unterstützen meist Elektromotoren die Bewegungen von Oberkörper, Armen und manchmal auf von Beinen. Diese aktiven Teil-Exoskelette wirken aber meist nur in einigen Richtungen. Sprich: Trägt man dann die mit Motorunterstützung aufgehobene Last von A nach B, wirkt oft keine Unterstützung – und man trägt dann die 15 bis 20 Kilogramm Eigengewicht für den Kraftanzug zusätzlich mit sich herum. Das haben wir im Oiger-Test am eigenen Leib ausprobiert und erfahren.

Auch die US-Weltraumbehörde NASA hat Exoskelette entwickeln zu lassen, um zu testen, ob sich damit die Kraft von Astronauten verstärken lässt. Foto: NASA

Auch die US-Weltraumbehörde NASA hat Exoskelette entwickeln zu lassen, um zu testen, ob sich damit die Kraft von Astronauten verstärken lässt. Foto: NASA

Nach oben hin kaum eine Preisgrenze

Highend-Modelle wie die bei der Nasa oder beim Militär dagegen haben oft Motorunterstützung für fast alle Bewegungen und Extremitäten. Sie sind allerdings noch weit teurer, Preisgrenzen nach oben gibt es hier kaum. Solche Universalmodelle verwandeln den Träger in einen universellen Kraftmeier, der extreme Lasten tragen, weit springen und laufen kann – zumindest solange, bis der Akku erschöpft ist.

Staub und Nässe machen Kraftanzügen zu schaffen

Und an diesem Punkt offenbaren sich auch schon die ersten Nachteile solcher aktiven Modelle: Heutige Akkus sind schwer und halten nicht lange. Oft kritisieren Handwerker auch, dass kommerzielle Aktiv-Exoskelette einfach noch unbequem, unausgereift und wenig praxistauglich seien: Die Kraftanzüge seien zum Beispiel empfindlich gegen Nässe und Staub. Und all dies gibt gerade zuhauf auf Baustellen, wo eigentlich aktive Exoskelette als Rückenschoner und Kraftverstärker beim Transport von Steinen oder Zementsäcken besonders viel Sinn hätten.

Analysten gehen dennoch von starkem Wachstum im Exoskelett-Weltmarkt aus

Trotz der angesprochenen Probleme gehen viele Branchenanalysten von erheblichem Wachstumspotenzialen aus. Laut der Internationalen Förderation für Robotik (IFR) wächst der Exoskelett-Weltmarkt dynamisch: Wurden 2015 weltweit rund 5000 Exoskelette verkauft, sind es inzwischen schätzungsweise rund 12.000.

Markets and Markets“ schätzt den weltweiten Umsatz mit diesen Systemen für das Jahr 2021 auf etwa eine halbe Milliarde US-Dollar. In den nächsten fünf Jahren sei von jährlichen Umsatzraten um die 46 Prozent auszugehen. Das stärkste Wachstum erwarten die Analysten aber nicht im Westen, sondern vor allem in China, Japan und Indien – und da wiederum vor allem im Gesundheitssektor, in der Industrie und beim Militär. Zu denken ist beispielsweise an den Einsatz von Exoskeletten für Reha-Maßnahmen und in Altenheimen, die nicht genug menschliche Pfleger finden.

Autor: Heiko Weckbrodt

Quellen: HWK Dresden, IFR, Institut für angewandte Arbeitswissenschaft, Markets and Markets

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt