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Thriller „Systemabsturz“: Nerds enthüllen Analog-Starwars der Nasa

Ein Mann und eine Frau gucken angestrengt auf einen Endlospapier-Ausdruck und versuchen, dabei einen kompetenten Eindruck zu machen. Abb.: Sperry Univac, Repro aus: Systemabsturz

Ein Mann und eine Frau gucken angestrengt auf einen Endlospapier-Ausdruck und versuchen, dabei einen kompetenten Eindruck zu machen. Abb.: Sperry Univac, Repro aus: Systemabsturz

Die IT-Forensiker Schröder und Harriets ermitteln ein letztes Mal

Ein Feuerball stürzt in Kurtschatow im Süden Russlands ab, genau dort, wo rund 70 Jahre zuvor sowjetische Wissenschaftler Stalins Atombombe entwickelt hatten. Ein Zufall? Wohl kaum, stellen Nerd Schröder und seine Lieblings-IT-Forensikerin Harriet rasch und leidvoll fest: Bewaffnete Agenten der „U. S. Space Force“ entführen die beiden Retrotechnik-Experten, damit sie das Betriebssystem eines alten Spionagesatelliten entschlüsseln, der aus unerfindlichen Grünen aus seinem Orbit auf die Erde zu stürzen gilt. Zeitgleich entdeckt ihr Kumpel und Ex-Nasa-Eierkopf Jesko von Neumann im Nachlass eines Kollegen Hinweise auf völkerrechtswidrige Uralt-Projekte seines früheren Arbeitgebers…

„Objekt“ enthüllt sich im „Systemabsturz“

Mit dem Buch „Systemabsturz“ beendet Autor Constantin Gillies („Extraleben“) seine Thriller-Reihe um die computerforensischen Abenteuer von Schröder und „Harry“. Darin spinnt er noch einmal richtig dickes Seemanns-… pardon: Geek-Garn und strickt daraus ein furioses Finale. Das enthält alle Zutaten, die das Nerd-Herz höher schlagen lassen: bizarre Verschwörungstheorien, die sich als pure Wahrheit entpuppen, 8-Bit-Technik vom Feinsten, zahlreiche Anspielungen auf Star Trek, Airwolf und andere Ikonen aus der Populärkultur der 1980er und 90er, Querverweise auf das „Extraleben“-Universum, Abscheu-Tiraden gegen die Challenge-„Pupsies“ der Gegenwart, Geheimagenten, ein Art analoges Starwars-Programm der Nasa und das ganze Pipapo. Dabei schließt der Autor auch endlich den geheimnisvollen Kreis, den er im Roman „Das Objekt“ eröffnet und in „00:01“ weitergezirkelt hatte.

Constantin Gillies. Foto: CSW

Constantin Gillies. Foto: CSW

Bezirzt Schröder noch seine Seven of Nine?

Die Protagonisten laufen hier noch einmal zu persönlicher Bestform auf: Schröder ist noch nerdiger und rückwärtsgewandter geworden, wächst jedoch über sich hinaus und räumt sogar seine ganze alte Computertechnik in den Keller, um doch noch das Herz seiner „Seven of Nine“ zu erobern. Sein Kumpel Leinhart verzockt sein ganzes spekuliertes Vermögen, steht vor der Privatinsolvenz – und vertickt doch sogar seinen geliebten Lamborghini, nur um seinen Freunden einen kleinen Zeitvorsprung gegen die kalten Krieger von gestern zu verschaffen. Und Harriet alias „Harry“ fährt derweil beinahe ihr frischgegründetes Unternehmen vor den Baum, mit dem sie doch so ein aalglattes Business-Woman werden wollte… Garniert hat der CSW-Verlag diese Abenteuer mit herrlichen Graustufen-Fotos von 70er- und 80er-Jahre-Menschen, die auf viel zu kleine Monochrom-Bildschirme starren, Thermodrucker-Endlospapier mustern und Lochkarten sortieren.

Von den Methoden der echten Hacker und Kalten Krieger inspiriert

Wer die anderen Nerd-Krimis von Gillies gelesen hat, wird auch den „Systemabsturz“ lieben. Schon allein, weil der Autor nicht nur wild drauflosfantasiert, sondern viele der eingebetteten Ereignisse, Stories und informationstechnologischen Techniken immer mindestens ein Körnchen Wahrheit enthalten, frei nach dem Motto der Schröder-Serie: „Unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich“. An den Meteoritenhagel in Russland beispielsweise, der damals von der Autokamera um die Welt ging, werden sich viele noch gut aus den Fernsehnachrichten erinnern. Auch die Methoden des „Social Engineering“, die Leinhart einsetzt, um einen süddeutschen Mittelständler zu infiltrieren, sind keineswegs erfunden. Gleiches gilt für die kosmischen Kriegsfantasien auf beiden Seiten des Eisernen Vorhangs vor Abschluss des Weltraumvertrages, die darauf zielten, allerlei Waffen und Militärstationen im Orbit und auf dem Mond zu platzieren.

Fazit: unterhaltsam

All dies hat der langjährige Journalist Constantin Gillies launig und unterhaltsam zu einem Thriller verknüpft, den man auch mit Vergnügen lesen kann, wenn man nicht jede Anspielung versteht (aber es hilft). Der Epilog wirkt zwar etwas aufgesetzt-versöhnlich, ansonsten aber ist „Systemabsturz“ eine fluffige Lektüre für Nerds und solche, die sie verstehen wollen.

Umschlag von "Systemabsturz". Abb.: CSW-Verlag

Umschlag von „Systemabsturz“ von Contstantin Gillies. Abb.: CSW-Verlag

Kurzüberblick:

  • Titel: „Systemabsturz“
  • Autor: Constantin Gillies
  • Genre: Nerd-und Verschwörungsthriller
  • Verlag: CSW
  • Umfang: 151 Seiten und zehn Graustufen-Fotos
  • Preis: zwölf Euro (E-Buch), 17 Euro (Taschenbuch)
  • ISBN: 978-3-941287-80-8

Autor der Rezension: Heiko Weckbrodt

Zum Weiterlesen:

Extraleben III: Nerds im Endmonsterkampf

Sind wir nicht alle ein bisschen nerdy?

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt