Dresdner Konsortium entwickelt Künstliche Intelligenz, die gelangweilte Fabrikroboter mit „Zwischendurch“-Aufträgen kleiner Betriebe versorgt
Dresden, 6. Juli 2021. Ähnlich wie viele Elektronikfirmen ihre Chips nicht mehr in eigenen Fabriken bauen, sondern bei großen Auftragsfertigern („Foundries“) herstellen lassen, können kleine Betriebe künftig ganze Produktionsschichten an Roboter-Foundries weiterdelegieren. Eine typische Konstellation: Ein wichtiger Kunde schickt kurzfristig einen eiligen Auftrag, für den der Betrieb auf die Schnelle gar nicht genug Leute hat. Dann könnten gelangweilte Roboter in einem anderen Unternehmen oder in einer spezialisierten Roboter-Foundry die Order über Nacht abarbeiten. Als Vermittler dient dabei eine „Künstliche Intelligenz“ (KI), die ein Unternehmensverbund im „Smart Systems Hub“ in Dresden entwickelt. Beteiligt sind die Softwareschmiede SAP, die Roboteranlerner von Wandelbots, das Halbleiterunternehmen Infineon in Dresden sowie die Digitalisierer von „Objective Partner“ aus Weinheim.
„Extremer Wettbewerbsvorteil“
„Für den Mittelständler kann solch eine Lösung ein extremer Wettbewerbsvorteil im Vergleich zum physischen Aufbau eines Roboters im eigenen Unternehmen sein“, schätzt Mathias Kaldenhoff vom Projektpartner SAP ein. Wenn kleine Betriebe künftig stunden- und tageweise Roboter anheuern können statt sie selbst zu kaufen und anzulernen, senke dies auch die Eintrittsbarrieren für die Robotik.
„Nutzen statt kaufen“
Vorstand Michael Thron von „Objective Partner“ sieht darin eine ganz generelle Entwicklung: „Der Markt ist im Wandel“, sagt er. „Das Motto: nutzen statt kaufen.“ Der Anwender braucht sich dadurch nicht mehr darum zu kümmern, die Roboter aufzustellen, zu programmieren, zu warten und zu reparieren. „Er zahlt nur, was er tatsächlich nutzt.“
Konzept soll Robotik-Schwelle für Mittelständler senken
Auf der Anbieterseite mitmachen sollen und können dabei beispielsweise Roboterhersteller, spezialisierte Roboter-Foundries sowie Unternehmen, deren stählerne Mitarbeiter nicht rund um die Uhr ausgelastet sind. Diese Anbieter erzeugen digitale Zwillinge ihrer frei verfügbaren Roboter, laden sie mitsamt einer Beschreibung ihrer Fähigkeiten in eine Rechnerwolke („Cloud“) hoch und kennzeichnen sie als arbeitswillig. Eine KI übernimmt nun die Vermittlung. Ist ein Kunde mit unerledigten Auftragsspitzen gefunden, kann der dann den Roboter anmieten. Ein schlichter QR-Code soll reichen, um den Roboter für die konkrete Tätigkeit anlernen, die gerade zu erledigen ist. Und während der Robot los schuftet, kann der Kunde in der Cloud anhand des digitalen Zwillings den Auftragsfortschritt verfolgen. Das Konzept dahinter nennt sich „Robot as a Service“ (RaaS) und lehnt sich an ähnliche Modelle aus dem Carsharing, dem Software- und dem Foundry-Sektor an.
Stahlkollege überbrückt Tot-Zeiten mit Sortier-Herausforderungen
„Das wird für die Roboterhersteller ganz neue Geschäftsfelder eröffnen“, ist Hans Klingstedt vom „Smart Systems Hub“ überzeugt, der diese Gemeinschaftsentwicklung unter dem Dach der sogenannten „Digital Product Factory“ in Dresden betreut. Anderseits soll das Raas-Konzept auch die Auslastung bereits installierter Roboter in ganz anderen Fabriken verbessern, indem die Roboter dort in Arbeitspausen Fremdaufträge übernehmen.
Ein erstes praktisches Pilotprojekt ist bei Infineon geplant: In dessen Dresdner Chipfabriken sind knapp 200 Roboter im Einsatz, darunter auch mobile und flexibel umprogrammierbare. Nicht jeder davon ist rund um die Uhr beschäftigt – und könnte durchaus in Arbeitspausen zum Beispiel Sortieraufgaben als Extra-Auftrag erledigen.
Autor: Heiko Weckbrodt
Quellen: SSH DD, SAP, Infineon, Wandelbots
Zum Weiterlesen:
Infineon-Roboter ergründen die Pläne der Menschen
Smart Systems Hub: Wie die KI die Produktion anleiert
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