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Die Härteprüfer aus Sachsen

Asmec-Chef Thomas Chudoba schiebt einen Probenträger in eine Messanlage, die die Härte von dünnen Schichten analysiert. Foto: Heiko Weckbrodt

Asmec-Chef Thomas Chudoba schiebt einen Probenträger in eine Messanlage, die die Härte von dünnen Schichten analysiert. Foto: Heiko Weckbrodt

Asmec Dresden: Messtechnik-Branche im Freistaat ist innovati, aber es fehlt der Rückhalt der Großen

Dresden/Berlin, 30. Juni 2021. Die sächsische Messtechnik-Branche bringt zwar bemerkenswerte Innovationen hervor, kämpft aber immer noch mit strukturellen Nachteilen gegenüber den internationalen Wettbewerbern. Das hat Thomas Chudoba, der Gründer des Dresdner Härtemesstechnik-Entwicklers „Asmec“ eingeschätzt. In den USA, in der Schweiz und anderen Ländern seien Messtechnik-Firmen oft eng liiert mit großen Konzernen, die ihre Geräte dann später nutzen, mit staatlichen Forschungseinrichtungen oder mit Rüstungsschmieden. Dies mindere die Innovationsrisiken und -kosten dieser Unternehmen. „Wenn zum Beispiel das Militär de facto die ganze Entwicklung eines besonderen Messgerätes finanziert, dann hält sich der Aufwand für die Messtechnik-Firma in Grenzen“, nennt er ein Beispiel.

Starker Förderfluss nach Sachsen vor allem durch starke Institutslandschaft

Allerdings korrigieren gerade in Ostdeutschland staatliche Eingriffe diese Wettbewerbsvorteile anderswo ein Stück weit. Ein Beispiel dafür ist die „Industrielle Gemeinschaftsforschung“ (IGF), die Chudoba auch schon mehrfach genutzt hat. Rund 200 Millionen Euro hat der Bund im vergangenen Jahr dafür zur Verfügung gestellt, damit vor allem kleine und mittlere Unternehmen (KMU) gemeinsam mit starke Forschungsinstituten Entwicklungsvorhaben für ihre Branche voranbringen können. Nach Nordrhein-Westfalen ist Sachsen das zweitwichtigste Empfängerland für diese IGF-Gelder. 2020 waren das rund 30,7 Millionen Euro für den Freistaat. „Damit ist Sachsen in Ostdeutschland Spitzenreiter“, betonte Forschungspolitik-Chefin Andrea Weißig von der „Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen“ (AiF). Das liege nicht zuletzt an der starken Forschungslandschaft im Freistaat, schätzte sie ein.

EFDS-Geschäftsführerin Grit Köckritz (links), Asmec-Chef Thomas Chudoba, Prof. Andreas Leson vom IWS und die SPD-Bundestagsabgeordnete Susann Rüthrich (rechts) schauen sich im Asmec-Labor im Nanocenter Dresden um. Foto: Heiko Weckbrodt

EFDS-Geschäftsführerin Grit Köckritz (links), Asmec-Chef Thomas Chudoba, Prof. Andreas Leson vom IWS und die SPD-Bundestagsabgeordnete Susann Rüthrich (rechts) schauen sich im Asmec-Labor im Nanocenter Dresden um. Foto: Heiko Weckbrodt

Nicht zuletzt sei die Mitarbeit in IGF-Projekten und in anderen Netzwerken auch jenseits der direkten Forschungsförderung hilfreich für kleine Unternehmen, betonte Asmec-Chef Chudoba. „Wir bauen Kontakte zu potenziellen Kunden auf, bekommen Entwicklungsimpulse und können besser einschätzen, was der Markt braucht.“

Ausgründung aus der TU Chemnitz siedelte sich in Dresden an

Sein Unternehmen gehört zu den oft zitierten kleinen, hochspezialisierten Champions in der Nische: Ende 2003 gründete Thomas Chudoba „Asmec Advanced Surface Mechanics GmbH“ aus der TU Chemnitz aus, siedelte sich zunächst im Rossendorfer Technologiezentrum an, bevor er 2017 ins städtische Nanozentrum in Dresden-Klotzsche umzog.

Welche Kratzer schafft der Diamant?

Das Unternehmen spezialisierte sich auf Dünnschicht-Messgeräte – zum Beispiel für wenige Tausendstel Millimeter dünne Anti-Reflex-Schichten auf Brillen und Uhren oder Anti-Reibungsschichten an Kolbenringen. Chudobas Anlagen pressen kleine Diamantspitzen auf die Bauteile, bewegen die Probenträger und analysieren dann, wie stark sich die Schichten dabei verformen beziehungsweise Kratzer bekommen. Man ahnt es schon: Die Asmec-Messgeräte sind nicht billig. Allein die Diamantspitzen kosten 500 bis 1000 Euro pro Stück – und die kompletten Anlagen kommen auf sechsstellige Preise. Die Abnehmer sind Forschungsinstitute und Unternehmen aus der Autoindustrie, Mikroelektronik, Optikindustrie und anderen Branchen. Zu den Kunden gehören Bosch, Vitesco, VW, BMW und Zwick Roell, aber auch Chipschmieden in Taiwan.

Unternehmen an „Zwick Roell“ verkauft – und wieder zurückgekauft

In dem Maße aber, wie Asmec auch nach China, Indien, Taiwan und anderen Ländern Messtechnik exportierte, wurde dem Gründer klar, wie schnell sich ein eher kleines Unternehmen mit sechs Mitarbeitern am internationalen Vertrieb verheben kann. Daher verkaufte er 2011 die Mehrheit an seinem Unternehmen an die Ulmer Maschinenbau-Gruppe „Zwick Roell“, die den globalen Vertrieb, ab 2015 zudem einen Großteil der Messtechnik-Produktion von den Dresdnern übernahm.

Förderpolitik schafft Anreize, beim KMU-Status zu bleiben

Allerdings zeigten sich bald auch die Nachteile dieses Deals: Als Teil einer großen Gruppe rutschte Asmec aus den deutschen KMU-Förderprogrammen heraus. Daher kaufte Chudoba 2016 die Asmec-Mehrheit von der „Zwick Roell“-Gruppe zurück, die weiter Partner und Minderheitseigner blieb, aber eben nicht mehr Hausherr. Das mag man als Indiz werten, wie KMU-orientiert die deutsche Förderpolitik ist. Kleine Unternehmen sind eben für Förderprogramme, die in der Bundesrepublik oft an eine Beteiligung von KMU gekoppelt sind, sehr gefragt: „Manche Anfrage haben wir schon ablehnen müssen, weil es zuviel wurde“, sagt Chudoba.

Mehr Anträge auf Forschungsförderung in der Corona-Krise

Diese Nachfrage nach staatlich geförderten Förderprogrammen war gerade während der Kernzeit der Corona-Krise sehr gestiegen: Da viele Betriebe Absatz- oder Produktionsprobleme hatte, wollten sie die Vereisungsphase für Innovationen nutzen. „Wir haben in dieser Zeit einen deutlichen Anstieg der IGF-Antragszahlen gehabt“, berichtet Andrea Weißig von der AiF. „Die antizyklischen Effekte sind da deutlich zu sehen.“

Autor: Heiko Weckbrodt

Quellen: Asmec, Vor-Ort-Termin Nanocenter, AiF

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt