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Mehr Roboter für Sachsens Handwerker und Zulieferer

Der Reifenmontage-Roboter in Aktion. Foto: HTW Dresden

Der Reifenmontage-Roboter in Aktion. Foto: HTW Dresden

Ingenieure aus Chemnitz und Dresden wollen eine eigene Roboterindustrie aufbauen und klassische Gewerke auf Industrie 4.0-Niveau heben

Chemnitz/Dresden, 27. Mai 2021. In Sachsen soll ein eigene Roboterindustrie mit langen Wertschöpfungsketten entstehen. Um diesen Plan zu unterstützen, starten Ingenieure und Wissenschaftler aus Chemnitz und Dresden im Oktober 2021 ein neues Verbundprojekt „Smarte Robotik für zeitflexible, immersive und ortsunabhängige Teamarbeit in Handwerk und Industrie“ (SmaRTHI). Das hat Professor Dirk Reichelt heute auf der virtuellen Fachkonferenz „Silicon Saxony Day“ in Dresden angekündigt.

Prof. Dirk Reichelt von der HTW Dresden meint: "Zusammen mit Wandelbots zeigen wir, wie in künftigen Arbeitswelten Mensch und Maschine Hand in Hand zusammenarbeiten.“ Foto. Heiko Weckbrodt

Prof. Dirk Reichelt von der HTW Dresden: Foto. Heiko Weckbrodt

Zukunftscluster „SmaRTHI“ startet im Herbst 2021

„Wir wollen in Sachsen ein ganzes Ökosystem für moderne Robotik in Sachsen schaffen“, sagte Reichelt, der für zwei SmaRTHI-Teilnehmer tätig ist: Einerseits lehrt er der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) Dresden, andererseits forscht er in der Dresdner Außenstelle des Fraunhofer-Instituts für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik (IWU), das seinen Hauptsitz in Chemnitz hat. Beteiligt an diesem bundesfinanzierten „Clusters4Future“-Projekt ist außerdem die TU Dresden.

Die Visualisierung zeigt den Reifenmontage-Roboter aus dem Komaa-Projekt. Foto: HTW Dresden

Die Visualisierung zeigt den Reifenmontage-Roboter aus dem Komaa-Projekt. Foto: HTW Dresden

Reifenmontage nachträglich robotisiert

Die Verbundpartner sind überzeugt, dass moderne Robotik in Zukunft noch ausschlaggebend für die Wettbewerbsfähigkeit selbst klassischer Industriefabriken sein wird. Ein Praxisbeispiel stellte Reichelt zum „Silicon Saxony Day“ vor: Im Zuge des Projekts „Komplettrad-Montage-Automat“ (Komaa) hatten der Ingenieur Till Haas und weitere HTW-Experten eine Lösung entwickelt, um die Montage von Reifen auf Felgen in der Automobil-Zulieferindustrie mit Robotertechnik nachträglich zu automatisieren. Im Fachjargon nennt sich dies „Retrofit“ und steht für den Megatrend in der Industrie, ältere Anlagen und Werkhallen nachträglich so zu digitalisieren und aufzurüsten, dass sie an das technologische Niveau hochautomatisierter und vernetzter „Industrie 4.0“-Fabriken herankommen.

Im konkreten Fall mussten die Ingenieure mehrere Vorgaben beachten: Die Lösung durfte nicht zu teuer werden, auch gab es am Montageplatz nur begrenzt Raum für neue Roboter. Zudem dürfen die neuen Stahlknechte bei der Arbeit keine menschlichen Kollegen durch ausholende Bewegungen behindern und sie müssen selbstständig alle Montageteile erkennen und positionieren.

Neues Robotikunternehmen ARS in Dresden gegründet

Als Industriepartner will die „ARS Automotive Robotic Solutions GmbH“ die Lösung in die Praxis überführen. Das Unternehmen wurde 2018 in der Dresdner Neustadt gegründet. Spezialisiert ist es auf die robotergestützte Automatisierung in Autozuliefer-Betrieben.

Die ARS ist nur eines von zahlreichen innovativen Unternehmen in Sachsen, die sich der Robotik verschrieben haben und die Hoffnungen auf eine wachsende eigene Roboter-Industrie im Freistaat beflügeln. Zwar gilt Ostdeutschland bisher nicht als Hochburg des Roboterbaus: Die führenden Herstellers residieren in Japan, der Schweiz, Süddeutschland und Schweden.

Ein Wandelbots-Mitarbeiter testet die neuen Tracepens, mit denen auch Laien Roboter anlernen können. Foto: Wandelbots

Ein Wandelbots-Mitarbeiter testet einen Tracepen, mit denen auch Laien Roboter anlernen können. Foto: Wandelbots

Mach Bäcker und Steinmetz delegiert bereits langweilige Arbeit an Roboter weiter

Aber in der robotergestützten Nachautomatisierung von Fabriken, der kollaborativen Robotik (Kobotik) und bei modernen Mensch-Maschine-Schnittstellen kann Sachsen längst auch international punkten. Dazu tragen viele innovative Unternehmen wie Fabmatics, Xenon und Wandelbots, aber auch wegweisende Kobotik- und Schreitroboter-Forschungsprojekte vor allem an den Unis, Hochschulen und Fraunhofer-Instituten in Dresden und Chemnitz bei. Jüngst erst präsentierte beispielsweise das Ceti-Exzellenzzentrum in Dresden ihre Arbeiten an einem Kinderzimmer-Aufräumroboter.

Ein 5-Achs-Roboter bearbeitet im Steinmetzbetrieb Schubert einen Marmorblock. Foto: André Wirsig für die Handwerkskammer Dresden

Ein 5-Achs-Roboter bearbeitet im Steinmetzbetrieb Schubert einen Marmorblock. Foto: André Wirsig für die Handwerkskammer Dresden

Auch einige Handwerker nutzen inzwischen bereits Robotertechnik. Dazu gehört beispielsweise Steinmetz Sven Schubert aus Dresden, der seinen Fünf-Achs-Robotern die Routinearbeiten am Marmor übertragen hat. Oder ein Bäcker aus Görlitz, dessen Roboter die Backbleche mit Brötchen-Teiglingen belegt, weil er keine Azubis mehr gefunden hat, die so früh wie der Stahlmensch losrackern wollen. Dresdens Wirtschaftsförderungs-Chef Robert Franke vermarktet mit Blick auf diesen Robotik-Boom inzwischen die Landeshauptstadt gegenüber auswärtigen Investoren gern auch als neues „Robot Valley“.

Autor: Heiko Weckbrodt

Quelle: Vortrag Reichelt/Silsax-Day, IWU, HTW DD, ARS, Oiger-Archiv

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Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt