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Elektronenstrahlen für bessere Impfstoffe

Dr. Sebastian Ulbert. Foto: Fraunhofer-IZI

Dr. Sebastian Ulbert. Foto: Fraunhofer-IZI

Fraunhofer-Preis für Teams aus Dresden, Leipzig und Dresden

Dresden/Leipzig/Stuttgart, 5. Mai 2021. Weil sie ein neues Verfahren für die elektronenstrahl-gestützte Impfstoffproduktion gefunden haben, bekommen Fraunhofer-Forscher aus Leipzig, Dresden und Stuttgart den diesjährigen Josef-von-Fraunhofer-Preis in der Kategorie „Technik für den Menschen und seine Umwelt 2021“. Das hat die Fraunhofer-Gesellschaft heute mitgeteilt. Die neuen Anlagen sollen demnächst für eine billigere, umweltfreundlichere und schnellere Produktion von Impfstoffen sorgen, die zudem eine höhere Schutzwirkung erwarten lassen.

Serumproben mit Impfstoffen aus elektronenstrahl-behandelten Viren. Foto: Fraunhofer-IZI

Serumproben mit Impfstoffen aus elektronenstrahl-behandelten Viren. Foto: Fraunhofer-IZI

Vakzin-Hersteller können Chemiekeule künftig wegstecken

Hintergrund: Viele Impfstoffe bestehen aus abgetöteten Viren, mit denen das Immunsystem des Impflings darauf trainiert wird, sich gegen ähnlich geartete aktive Viren zu wehren. Nicht alle, aber viele Vakzine gegen Corona, Kinderlähmung, Grippe, Hepatitis A und andere Krankheiten beruhen auf diesem Prinzip. Bisher deaktivierten die Produzenten die Impf-Viren mit Formaldehyd und ähnlichen giftigen Chemikalien, die wenig umwelt- und gesundheitsfreundlich sind. Das Fraunhofer-Institut für Zelltherapie und Immunologie (IZI) in Leipzig, das Institut für Organische Elektronik, Elektronenstrahl- und Plasmatechnik (FEP) aus Dresden und das Institut für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA) aus Stuttgart haben nun eine Alternative gefunden: Sie entwickelten gemeinsam mit Partnern aus der Wirtschaft eine etwa kühlschrank-große Anlage, die Impfviren mit Elektronenstrahlen statt Chemiekeulen erledigt.

Frank-Holm Rögner vom Fraunhofer-FEP. Foto: FHG

Frank-Holm Rögner vom Fraunhofer-FEP. Foto: FHG

Elektronen lassen Virenhülle intakt

„Unser Verfahren lässt die Virenhüllen intakt, dadurch können die Vakzine besser wirken“, erklärte FEP-Forscher Frank-Holm Rögner einen der Vorteile der Elektronenstrahlentechnik. Auch beschleunigt das neue Verfahren den Produktionsprozess: Mit Formaldehyd dauere es Wochen, bis die Viren deaktiviert seien, berichtete Dr. Sebastian Ulbert vom Fraunhofer-IZI. „Bei uns dauert das nur noch wenige Stunden.“

Blick auf einen Prototypen für die Viren-Elektronenbestrahlung. Foto: Fraunhofer-IZI

Blick auf einen Prototypen für die Viren-Elektronenbestrahlung. Foto: Fraunhofer-IZI

2022 kommen erste Anlagen auf den Markt

Ulbert geht davon aus, dass der Anlagenbauer, an den Fraunhofer die neue Technologie lizenziert hat, die ersten serienreifen Aggregate 2022 auf den Markt bringt. Etwa zwei Jahre später sei dann auch mit den ersten Impfstoffen zu rechnen, die mit dem Elektronenstrahl-Verfahren hergestellt werden.

Gamma konnte sich nie durchsetzen

Laut Frank-Holm Rögner vom Dresdner FEP hatte es bereits vor Jahren einmal Versuche gegeben, Impfstoff-Viren zu bestrahlen statt mit Chemie zu deaktivieren. Damals setzten die Entwickler aber auf Gammastrahlen. Dieser Ansatz konnte sich wegen vieler praktischer Hürden nicht durchsetzen, unter anderem waren beim Gammastrahl-Einsatz dicke Schutzwände notwendig. Elektronenstrahlen sind demgegenüber im der Praxis ungefährlicher und einfacher zu handhaben.

Autor: Heiko Weckbrodt

Quelle: FHG, FEP

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt