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Organische Steuerelektronik der TU Dresden für rollbare Bildschirme

Flexible Elektronik - hier eine biegsame OLED-Leuchte - eröffnet Wege zu neuen Produktkonzepten. Foto: Fraunhofer-FEP Dresden

Flexible organische Elektronik – hier eine biegsame OLED-Leuchte – eröffnet Wege zu neuen Produktkonzepten. Foto: Fraunhofer-FEP Dresden

Physiker verschmelzen Oled und organische Steuerelektronik zu einem „OPB-LET“

Dresden, 2. März 2021. Hauchdünne Bildschirme, die sich aufrollen lassen wie ein Blatt Papier, rücken nun endlich in greifbare Nähe: Dr. Zhongbin Wu, Dr. Yuan Liu und Doktorandin Erjuan Guo von der TU Dresden haben nun nämlich eine rein organische Ansteuer-Elektronik für organische Leuchtdioden (Oleds) entwickelt. Dafür haben sie Oled und einen vertikal konstruierten organischen Transistor zu einem einzigen, hauchdünnen Bauelement vereint, einem „organischen permeablen Leucht-Basistransistor“ (OPB-LET). Das hat das Institut für Angewandte Physik (IAP) mitgeteilt.

Prof. Karl Leo leitet das "Dresden Integrated Center for Applied Physics and Photonic Material" (IAPP). Foto: Heiko Weckbrodt

Prof. Karl Leo leitet das „Dresden Integrated Center for Applied Physics and Photonic Material“ (IAPP). Foto: Heiko Weckbrodt

Neue Vertikalbauweise verspricht weniger Stromverbrauch und billigere Produktion

Mit dem organischen Bauelementen könne man nun „besonders gut aufrollbare und dünne Displays bauen“, erklärte IPA-Chef Prof. Karl Leo auf Oiger-Anfrage. „Unsere Entdeckung geht aber weiter: Sie kombiniert einen sehr effizienten Transistor mit einer sehr effizienten OLED in einem Bauelement.“ Die neue Bauweise könne den Stromverbrauch organischer Bildschirme – wie sie heute beispielsweise in Spitzen-Smartphones oder recht teuren Oled-Fernsehern verbaut werden – noch einmal ordentlich senken. Auch werde die Schaltung vereinfacht. Vor allem aber können die Anlagen in den Bildschirmfabriken den Treibertransistor und die Oled in einem Bauelement übereinander stapeln. Dadurch halbiert sich der Platzbedarf auf dem Trägermaterial, was heißt: organische Bildschirme könnten im Preis sinken.

Starre anorganische Ansteuerelektronik verhinderte bisher echten Rolleffekt

Dresden gilt als einer der international wichtigsten Forschungsstandorte für organische Elektronik, Solarzellen und Leuchtdioden. Neben der TU arbeiten an dieser Technologie auch das Organikzentrum Comedd im Fraunhofer-Elektronenstrahlinstitut FEP sowie Ausgründungen wie Heliatek und Novaled. Expertenwissen und Zutaten aus Sachsen stecken zum Beispiel in vielen Spitzenklasse-Smartphones weltweit. Bisher waren die darin verbauten Oled-Bildschirme aber gar nicht 100-prozentig organisch: Um Bilder und Videos auf das Display zu zaubern, nutzten die Hersteller bislang schnelle anorganische Steuerelektronik. Weil die zumeist auf dem starren Silizium besteht, lassen sich solche Bildschirme auch nicht richtig aufrollen. Zwar hatten einige Hersteller wie beispielsweise Plastic Logic Dresden auch schon rollbare Bildschirme gezeigt. Doch die bestanden aus kunststoffbasiertem elektronischen Papier, das bei weitem nicht so viel kann wie ein Oled-Bildschirm, und konnten sich nie breit durchsetzen.

Etappenziel erreicht: Organische Steuerelektronik muss schneller werden.

Die Teams um Prof. Leo hatten in den vergangenen Jahren aber viel Forschungsaufwand betrieben, um doch noch schnellere organische Steuerelektronik zu entwickeln. Mit ihren vertikal aufgebauten Transistoren hatten die Forscher und Forscherinnen vom IAP im vergangenen Jahr in dieser Hinsicht bereits deutliche Leistungssteigerungen erreicht. Nun haben sie diese neuen Transistoren direkt mit den organischen Leuchtdioden verschmolzen. „Wir erwarten, dass dieses neuartige Bauelementprinzip den Weg für hocheffiziente flexible Displays mit einem sehr einfachen Pixeldesign ebnen wird“, erklärte Karl Leo. „Das Ganze ist auch in einem Patent niedergelegt und wir hoffen, dass die Displayindustrie das aufgreift.“

Trotz aller Forschungserfolge und wirtschaftspolitischer Versuche war es nie gelungen, in Sachsen Großfabriken für organische Bildschirme oder Leuchten anzusiedeln. Daher schauen die IAP-Wissenschaftler meist nach Asien, wenn es um die praktische Verwertung ihrer Arbeit geht. Einsatzfelder für voll flexible Elektronik sind neben Smartphones und Fernsehern auch organische Solarzellen, Bildschirme und Leichten, die sich zum Beispiel den Konturen eines Autos, eines Kühlschranks oder andere Maschinen und Geräte anpassen.

Autor: Heiko Weckbrodt

Quelle: TUD, Karl Leo

Zum Weiterlesen:

Vertikale organische Elektronik

Wissenschaftliche Publikation dazu:

Z. Wu, Y. Liu, E. Guo, G. Darbandy, S.-J. Wang, R. Hübner, A. Kloes, H. Kleemann, and K. Leo “Efficient and low-voltage vertical organic permeable base light-emitting transistors”, Nature Materials, DOI: https://dx.doi.org/10.1038/s41563-021-00937-0

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt