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eKiosk Dresden: Digitaler Portier verdrängt die Empfangsdame

eKiosk-Geschäftsführer Thomas Sepp. Foto: Heiko Weckbrodt

eKiosk-Geschäftsführer Thomas Sepp. Foto: Heiko Weckbrodt

Bildschirm-Stationen von eKiosk geben weltweit Besuchern von Flughäfen, Fabriken und Ämtern Orientierung.

Dresden, 9. Dezember 2020. Mit der Internettechnologie-Branche assoziiert man gemeinhin sehr junge Start-ups mit Kickertischen für die Belegschaft oder kalifornische Oligopolisten wie Facebook und Google. Doch in Sachsen gibt es auch Unternehmen, die die Digitalisierung über Jahre hinweg mitgeprägt haben, ohne sich in einen schwerfälligen Riesen zu verwandeln. „eKiosk“ zum Beispiel geht auf ein paar Dresdner zurück, die zunächst ein paar Jahre ein Internetcafé betrieben, daraus aber im Jahr 2004 einen Hardware-Betrieb machten, weil der Verkehrsverbund Oberelbe (VVO) einen soliden Partner brauchte, der ihm über 100 Fahrgast-Terminals aufstellen sollte. Weil sich für solche vernetzten Bildschirmautomaten damals international die Bezeichnung „Kiosk“ durchgesetzt hatte, nannte sich die Firma fortan „eKiosk“ – und expandierte rasch. „In der 2000ern gab es einen enormen Boom in diesem Markt“, erzählt der heutige eKiosk-Chef Thomas Sepp über die digitale Goldgräberstimmung jener Jahre. „Es kamen immer mehr und mehr Aufträge herein.“

Corona-Ampel für Läden und Pflegeheime

Heute gehören die Dresdner nach eigener Einschätzung zu den Qualitäts- und Technologieführern in diesem Branchensegment. Sie liefern ihre Systeme weltweit von Europa über Arabien bis Vietnam aus und sind längst über bloße Fahrgast-Infobildschirme hinausgewachsen. Zu den Kunden zählten und zählen namhafte Auftraggeber wie Mercedes, die Deutsche Bundesbank, der Bundestag, die TU Dresden und die Semperoper. Die elektronischen Terminalsysteme aus Sachsen übernehmen beispielsweise das „Check-in“ und die Gepäckregistrierung auf Flughäfen in London, Oslo, Stockholm und Hamburg, überwachen die Werktore von Daimler und weisen Besucher in Bürgerbüros den Weg. Und während der ersten Corona-Welle machte das Unternehmen Schlagzeilen, als es digitale Zugangsampeln für Geschäfte und Pflegeheime im Ausnahmezustand entwickelte.

Eine Informationsstation mit integriertem digitalen Portier. Foto: eKiosk

Eine Informationsstation mit integriertem digitalen Portier. Foto: eKiosk

„Die klassische Empfangsdame wird es in Zukunft überhaupt nicht mehr geben“

Doch schon vor der Seuche zeichnete sich dieser Trend ab: „E-Zugangssysteme sind immer gefragter“, erzählt Thomas Sepp. „Die klassische Empfangsdame wird es in Zukunft überhaupt nicht mehr geben“, ist er mittlerweile überzeugt. „Statt dessen wird es digitale Portiere geben.“ Das können beispielsweise Avatare auf dem Bildschirm übernehmen, die durch Künstliche Intelligenzen (KI) gesteuert werden und im Bedarfsfall echte Menschen aus einem Call-Center einspiegeln, wenn die KI an ihre Grenzen stößt. „Aufträge in dieser Richtung kommen auch vermehrt von Kinos, Theatern und Opernhäusern, die über unsere Kiosk-Systeme alles vom Ticketvertrieb bis zum Popcorn-Verkauf abwickeln wollen.“

Den Takt mitbestimmen – oder den Anschluss verlieren

Zweifellos wird nicht jeder begeistert sein, dass auf diese Art Automaten im Kultursektor Jobs für Menschen wegrationalisieren. Doch aufzuhalten dürfte dieser Transformationsprozess kaum noch sein, wenn man heute nach Asien schaut, wo die Digitalisierung vieler Dienstleistungen schon weit vorangeschritten ist. Da gilt das Motto: die Entwicklung mitbestimmen oder den Anschluss verlieren und den Anderen die jobträchtigen neuen Wirtschaftszweige dahinter überlassen.

Henry Höhr montiert in der Fertigungsstätte von eKiosk Dresden ein Terminal. Foto: Heiko Weckbrodt

Henry Höhr montiert in der Fertigungsstätte von eKiosk Dresden ein Terminal. Foto: Heiko Weckbrodt

Regionales Produktions-Netzwerk geformt

eKiosk macht insofern vor, wie man solche Transformationen auch hier in Europa mitformen kann. Denn das Unternehmen stellt digitale Portiers und ähnliche Innovationen nicht nur weltweit auf, sondern entwickelt und produziert sie auch selbst – größtenteils in Sachsen. Dominierten anfangs reine Auftragsproduktionen, beherrscht eKiosk inzwischen auch komplexe Lösungen und entwirft eigene Produkte: „Wir können Hard-und Software selbst entwickeln und produzieren, in individuellen Kleinserien ebenso wie Tausender-Stückzahlen“, erklärt Thomas Sepp ein Erfolgsrezept des Unternehmens. Dabei übernehmen die rund 40 Mitarbeiter der Kernbelegschaft die qualitätsbestimmenden Schlüsselaufgaben, andere Arbeiten vergibt eKiosk an Metallbauer, Auftragsfertiger, Lackierbetriebe und andere Partner in der Region. „Auch das sehen wir als eine unserer Stärken“, ergänzt eKiosk-Vermarkterin Diana Uhlmann: „Durch unsere regionalen Netzwerke können wir Aufträge wie ein Großunternehmen realisieren, bleiben aber flexibel, kreativ und innovativ wie ein junges Start-up.“

eKiosk Dresden residieren in einer ehemaligen Fabrik an der Straße E im Dresdner Norden. Foto: Heiko Weckbrodt

eKiosk Dresden residieren in einer ehemaligen Fabrik an der Straße E im Dresdner Norden. Foto: Heiko Weckbrodt

Kurzüberblick:

  • Name: eKiosk GmbH
  • Hauptsitz: Dresden
  • Geschäftsmodell: Entwicklung, Produktion und Betreuung digitaler Informations-Stationen
  • Belegschaft: 42 Mitarbeiter
  • Gründungsjahr: 2004
  • Mehr Infos: ekiosk.com

Autor: Heiko Weckbrodt

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt