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Deutsche Produktion besonders stark international verflochten

Die Auswahl lässt es schon erahnen: Deutschland ist für seine Produktionsketten weit stärker als viele andere Industrie- und Schwellenländer auf offene Grenzen angewiesen. Der Anteil von Wertschöpfungsketten, die ausschließlich innerhalb der eigenen Grenzen verlaufen (blaue Balken) ist in anderen Ländern weit höher. Grafik: Ifo München

Die Auswahl lässt es schon erahnen: Deutschland ist für seine Produktionsketten weit stärker als viele andere Industrie- und Schwellenländer auf offene Grenzen angewiesen. Der Anteil von Wertschöpfungsketten, die ausschließlich innerhalb der eigenen Grenzen verlaufen (blaue Balken) ist in anderen Ländern weit höher. Grafik: Ifo München

Ifo und Uni München: Deutschland hängt zwar kaum von Einzelquellen ab, braucht aber offene Grenzen

München, 14. Mai 2020. Deutschland ist bei den allermeisten Produkten weit weniger von Einzellieferanten abhängig als oft angenommen. Dennoch treffen Lieferausfälle wie während der Corona-Krise die deutsche Wirtschaft weit mehr als andere Länder, weil ihre Produktionsketten in besonders hohem Maße international verflochten sind. Das geht aus einer Analyse „Status quo und Zukunft globaler Lieferketten“ hervor, die Lisandra Flach von der Ludwig-Maximilians-Uni sowie Rahel Aichele und Martin Braml vom Ifo-Institut München nun vorgestellt haben.

China ist keineswegs Flaschenhals Nummer 1

Demnach bezieht Deutschland nur ein Prozent aller Import-Produkte ausschließlich aus einem Land – und dabei handelt sich häufiger um Waren aus den USA oder aus Schweiz und nicht aus China, wie meist vermutet.

Nur 69 % der deutschen Wertschöpfung ist völlig innerdeutsch

Allerdings sind eben die deutschen Produktionsketten – zum Beispiel in der Leitbranche Autoindustrie – sehr auf offene Grenzen und freie Warenströme angewiesen. Laut der Studie überschritten im Jahr 2015 – neuere internationale Vergleichszahlen liegen noch nicht vor – lediglich 69 Prozent der deutschen Wertschöpfungsketten keinerlei Grenze. Zum Vergleich: In der EU lag der Durchschnitt bei 71,8 Prozent, in China bei 93 Prozent und in den USA sogar bei fast 90 Prozent. Weltweit liegt dieser Wert bei durchschnittlich 80 Prozent.

Schmerzhafte Störungen, als Italien ausfiel

Anders ausgedrückt: Viele deutsche Produkte werden gar nicht ausschließlich in Deutschland produziert, sondern sind in hohem Maße auf Teile aus dem Ausland angewiesen. Das haben VW & Co. schmerzlich gemerkt, als ihre Zulieferer aus Italien wegen Corona plötzlich ausfielen. In den USA hingegen, wo Präsident Donald Trump besonders darauf pocht, Produktion ins Land zurückzuholen, werden trotz der Globalisierung ohnehin weiter die meisten US-Produkte ausschließlich in den Vereinigten Staaten hergestellt.

Forscher: Deutsche Industrie wird Lieferketten diversifizieren

Die Studien-Autoren gehen allerdings davon aus, dass sich die deutschen Lieferketten aus den Corona-Erfahrungen heraus in Zukunft verändern werden. Das heißt nicht unbedingt, dass Deutschland künftig wieder alles selbst herstellt. Vielmehr rechnen die Wirtschaftsforscher mit einer Diversifizierung der Lieferketten. Sprich: Die Unternehmen werden sich wahrscheinlich mehr verschiedene Lieferquellen für möglichst jedes Import-Teil suchen.

Autor: hw

Quelle: Ifo München

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt