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Geschmolzenes Salz soll Solarenergiespitzen abfangen

Christian Knosalla und Lennart Schmies vom Institut für Energietechnik werten an der TU Dresden die Praxisdaten ihrer Versuchsanlage für heiße Flüssigsalze aus. Foto: Heiko Weckbrodt

Christian Knosalla und Lennart Schmies vom Institut für Energietechnik in ihrem Labor an der TU Dresden. Im Hintergrund ihre Versuchsanlage für heiße Flüssigsalze. Foto: Heiko Weckbrodt

Forscher der TU Dresden wollen Solarthermie-Kraftwerke heißmachen und bessere Carnot-Batterien für die Energiewende bauen.

Dresden, 6. Mai 2020. Energietechniker der Technischen Universität Dresden (TUD) haben womöglich einen Weg gefunden, Ökoenergie besser als bisher zwischenzuspeichern und zu verwerten: Mit ihren heißen Salzschmelzen auf Chloridbasis können in Zukunft zum Beispiel Solarthermie-Kraftwerke effektiver arbeiten. Das flüssige Salz aus Dresden soll aber auch neuartige Großspeicher speisen, die den unstetigen Wind- und Solarstrom puffern. Und es könnte gar neue Perspektiven für die Braunkohle in der Lausitz eröffnen.

Erste Anlage im Probebetrieb

Eine erste Testanlage namens „Cosmos“ („COrrosion and heat Storage test facility for MOlten Salts“) haben Christian Knosalla und Lennart Schmies vom Institut für Energietechnik erfolgreich auf dem Dresdner Uni-Campus zum Laufen gebracht. „Zunächst planen wir einen Probebetrieb bis zum Jahresende“, kündigt Christian Knosalla an. „Danach wollen wir das System ausbauen.“ Derzeit testen sie mit „Cosmos“ vor allem, welche Nickellegierungen, Keramiken oder anderen Werkstoffe am besten den aggressiven und sehr heißen Salzschmelzen auf Dauer standhalten. Auch messen sie aus, wie das System auf schwankende Energielieferungen – wie etwa von Windrädern – reagiert.

Christian Knosalla und Lennart Schmies vom Institut für Energietechnik werten an der TU Dresden die Praxisdaten ihrer Versuchsanlage für heiße Flüssigsalze aus. Foto: Heiko Weckbrodt

Die Energietechniker Christian Knosalla und Lennart Schmies werten an der TU Dresden die Betriebsdaten ihrer Versuchsanlage für heiße Flüssigsalze aus. Foto: Heiko Weckbrodt

Zwischenspeicher für die Nacht

Ein besonders faszinierender Anwendungsfall für die heißen Salzschmelzen der jungen Wissenschaftler ist die Solarthermie: Kraftwerke auf dieser Basis wandeln Sonnenlicht nicht direkt in Strom um wie die allseits bekannten Photovoltaik-Anlagen, sondern sie nutzen die Wärme unseres Zentralgestirns. Die meisten dieser Anlagen bündeln das Sonnenlicht mit Tausenden beweglichen Spiegeln, die kreisförmig um einen Turm angeordnet sind. Diese „Heliostate“ fokussieren die Strahlen auf die Turmspitze. Dort erhitzen sie eine Träger-Flüssigkeit. Rohre transportieren die Wärmeenergie dann zu einer Turbine beziehungsweise zu einem Stromgenerator am Boden. In der Regel speisen sie mit der heißen Flüssigkeit auch gut isolierte Silos, die als Zwischenspeicher für die Nacht dienen. Dadurch liefern Solarthermie-Kraftwerke auch – anders als die meisten Solarstrom-Anlagen – rund um die Uhr nutzbare Energie.

Vor allem in Südeuropa werden immer öfter auch Solarthermie-Kraftwerke gebaut, in denen das Sonnenlicht nicht in Strom gewandelt, sondern zur nutzbaren Wärmeerzeugung gesammelt wird. Hier ist ein Solazschmelzofen in Odeillo in Frankreich zu sehen. Foto: YvesC, Wikipedia, CC2.5-Lizenz

Vor allem in Südeuropa werden immer öfter auch Solarthermie-Kraftwerke gebaut, in denen das Sonnenlicht nicht in Strom gewandelt, sondern zur nutzbaren Wärmeerzeugung gesammelt wird. Hier ist ein Solazschmelzofen in Odeillo in Frankreich zu sehen. Foto: YvesC, Wikipedia, CC2.5-Lizenz

Flüssigsalze für einen heißen Betrieb

Als Wärmeträger dienen dabei bisher meist spezielle Öle oder Nitratsalzschmelzen. Die erlauben allerdings „nur“ Betriebstemperaturen bis maximal 565 Grad. „Die Salzschmelzen, mit denen wir arbeiten, basieren dagegen auf Chloridsalzen. Sie machen deutlich höhere Betriebstemperaturen möglich“, betont Christian Knosalla. „In unserer Versuchsanlage arbeiten wir schon jetzt stabil mit bis zu 800 Grad.“ Und aus dem Physikunterricht erinnern wir uns: Je höher die Betriebstemperatur einer thermischen Maschine, umso effektiver verwertet sie Energieträger, um so höher ist die Ausbeute.

Solarthermie hat in Mitteleuropa kaum eine Chance

Allerdings spielt die Solarthermie-Technik ihre Stärken nur so richtig in Wüsten oder in mediterranen Gegenden aus, wo der Himmel fast immer klar ist und die Sonne tagtäglich auf den Planeten herunterprasselt: In Italien trocknet die Nudelfirma „Barilla“ beispielsweise mit einer Solarthermie-Anlage ihre Pasta. Andere Sonnenwärme-Kraftwerke stehen in Nevada, Spanien, Chile oder China. „In unseren Breiten wird sich ein Solarthermie-Kraftwerk aber wahrscheinlich niemals lohnen“, meint Lennart Schmies. „Bei uns gibt es zu viele Wolken am Himmel.“

Die Hauptachsen heutiger Windkraftanlagen drehen sich heuet oft schon in Höhen deutlich über 100 Metern - wo oft andere Strömungen herrschen als in Bodennähe. Weil Turbinen auf höheren Masten einen deutlich höheren Energieertrag bringen, ersetzen viele Betreiber derzeit durch Repowering-Programme alte Anlagen durch größere. Foto: Bundesverband Windenergie

Foto: Bundesverband Windenergie

Immer noch besser als die Windräder nur abzuschalten

Und doch können die heißen Flüssigsalze der TU-Ingenieure auch in Deutschland von großen Nutzen sein, vor allem für die Energiewende: Sie könnten sogenannte „Carnot-Batterien“ speisen, die nach dem „Power to Heat“-Prinzip (P2H) die Lieferspitzen und Flauten von Windkraft- und Photovoltaik-Anlagen abfangen sollen. Solche thermischen Batterien ähneln in ihrem Aufbau stark den Solarthermie-Kraftwerken. Nur heizen hier nicht Spiegel und Turm, sondern eben der Wind- oder Solarstrom die Salzschmelzen auf. Und die speichern dann den überschüssigen Ökostrom als Wärmeenergie. Steigt die Strom-Nachfrage wieder, wird die Wärme zurück in elektrische Energie verwandelt. Nun ist zwar ist die Energiebilanz dieses Prozesses nicht gerade berauschend, „aber immer noch besser, als die Windkraftanlagen nur abzuschalten“, meint Lennart Schmies.

Braunkohle-Kraftwerk von Vattenfall Boxberg in der Oberlausitz. Der schwedische Konzern hat bereits angekündigt, sich aus der ostdeutschenBraunkohle zurückziehen zu wollen. Foto: Vattenfall

Braunkohle-Kraftwerk in Boxberg in der Oberlausitz. Foto: Vattenfall

Fördergeld von der EU

Auch die EU sieht großes Potenzial in der Technologie aus Dresden. Daher hat der „Europäische Fonds für regionale Entwicklung“ (Efre) das Gemeinschaftsprojekt „Synkope-flex“ gestartet und mit 2,1 Millionen Euro dotiert. Gemeinsam mit der Bergakademie Freiberg, dem Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf und der Hochschule Zittau-Görlitzwollen die TUD-Forscher dabei ihre ultraheißen Flüssigsalze einsetzen, um Braunkohle bei hohen Temperaturen in Erdöl, Schwefel und andere Chemikalien zu zerlegen, statt sie zu verfeuern. Die europäischen Fördermittelgeber hoffen, damit Regionen wie der Lausitz neue Perspektiven für die Zeit nach dem Ausstieg aus der Kohleverstromung zu eröffnen. Und für Christian Knosalla und Lennart Schmies winkt dabei auch ideeller Lohn: Von Cosmos und Synkope-flex erhoffen sie sich Lob, Anerkennung – und den Doktortitel.

Autor: Heiko Weckbrodt

Quelle: Vor-Ort-Termin in der TUD, Solarreserve, Wikipedia

Hinweis: Dieser Artikel ist ursprünglich im Uni-Journal der TU Dresden erschienen

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt