Rolle des Standortes als Lieferant von Leistungselektronik wird in Zukunft wachsen, meinen Branchenvertreter.
Dresden, 4. Februar 2020. Die Technologiestadt Dresden wird künftig wahrscheinlich auch international eine stärkere Rolle in der Leistungs-Halbleitertechnik spielen. Das haben Nanoelektronik-Professor Thomas Mikolajick vom „Namlab“ der TU, der Dresdner Infineon-Sprecher Christoph Schumacher und weitere Branchenvertreter eingeschätzt. Denn mehrere Unternehmen und Institute entwickeln und produzieren in und um Dresden bereits spezielle Computerchips, die besonders starke Ströme und hohe Spannungen vertragen – wichtig beispielsweise für Solarkraftwerke, Elektroautos, Schnelllade-Säulen, U-Bahnen und Konsumelektronik.
„Wir haben hier einige Akteure, die sehr interessante Pfade der Leistungselektronik abdecken“, sagte Mikolajick im Interview mit dem Magazin „Next“ vom sächsischen Technologieverband „Silicon Saxony“. „Der Standort hat Zukunft in diesem Sektor.“
„In der Branche wächst der Druck enorm, zu preiswerten Lösungen zu kommen“
So betreibe beispielsweise Infineon in Dresden die einzige Fabrik weit und breit, die Leistungshalbleiter auf 300 Millimeter großen und besonders dünnen Siliziumscheiben herstellen kann. „Solch eine Fertigungserfahrung und Hochvolumen-Produktion für Leistungselektronik, wie sie in Dresden vorhanden ist, gibt es kaum noch woanders in Europa“, betonte der Experte. Gerade durch die 300-Millimeter-Fabrik gewinne Infineon Kostenvorteile, die die Konkurrenz schwer wettmachen könne. „Letzteres ist besonders wichtig, da in der Branche der Druck enorm wächst, zu preiswerten Lösungen zu kommen.“
Auch die Mikroelektroniker in den Dresdner Werken von Globalfoundries und X-Fab interessieren sich für Leistungshalbleiter. Auf Hochspannungs-Chiptechnik auf Gallium-Arsen-Basis spezialisiert ist wiederum die vor zwei Jahren eingerichtete Fabrik von „3-5 Power Electronics“ im Technologiezentrum Dresden. Und womöglich könnten sich auf lange Sicht ebenso Kooperationen mit der neuen Bosch-Fabrik in Dresden ergeben.
Von der Erfolgsstory zum Reinfall: die Azzurro-Pleite
Allerdings hat es auch schon Rückschläge für den Leistungshalbleiter-Standort Dresden gegeben: So startete 2012 die mit viel Vorschusslorbeeren bedachte Firma „Azzurro“ in Dresden eine eigene Fabrik für Galliumnitrid-Scheiben, die für Leistungshalbleiter gedacht waren. Doch schon 2014 ging das Unternehmen pleite.
Mehr Tempo durch neue Galliumnitrid-Halbleiter
Anderseits gibt es im weiteren Umkreis auch Akteure, die bereits sehr lange in diesem Spezialsektor der Mikroelektronik aktiv sind. Die „Freiberger Compound Materials GmbH“ (FCM) beispielsweise, deren Wurzeln bis zum VEB Spurenmetalle Freiberg zurückreichen, arbeitet an speziellen Chips jenseits der traditionellen Silizium-Technologie. Die Freiberger kooperieren dabei schon seit Jahren mit dem „Namlab“ der TU Dresden. Im Fokus der Zusammenarbeit stehen seit einiger Zeit auch Leistungs-Chips, die aus Verbindungen von Gallium und Stickstoff („Galliumnitrid“) aufgebaut sind. Diese Leistungshalbleiter auf Galliumnitrid-Basis „können bei hohen Spannungen mit sehr schnellen Schaltfrequenzen betrieben werden“, erklärte Thomas Mikolajick. „Damit lassen sich sehr effiziente und kompakte Spannungswandler realisieren. Deren Einsatzgebiete und Absatzmärkte sind vielseitig und stark wachsend, beispielsweise im Bereich der Spannungsversorgung von Server Farmen in Datenzentren, der Elektromobilität oder der Photovoltaik.“ Und der Bedarf steige weltweit.
Das sieht man bei Infineon ganz ähnlich: „Die Nachfrage nach Leistungselektronik wird langfristig weiter wachsen“, schätzte Standortsprecher Christoph Schumacher ein. Die hiesigen Infineon-Manager erwägen daher, ein viertes Fabrikmodul in Dresden zu bauen, um mehr Leistungs-Halbleiter herstellen zu können. Letztlich muss darüber aber die Konzernspitze entscheiden.
Autor: Heiko Weckbrodt
Quellen: Namlab TUD, Infineon, Oiger-Archiv
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