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Fotoinstitut in Düsseldorf statt Dresden

Die Deutsche Fotothek hat inzwischen viele ihrer Bilder digitalisiert. Die Archivare wollen die Fotos und Gemälde dadurch einfacher für die Öffentlichkeit zugänglich machen und sie für die Nachwelt sichern. Abb.: Bildschirmfoto

Die Deutsche Fotothek hat inzwischen viele ihrer Bilder digitalisiert. Die Archivare wollen die Fotos und Gemälde dadurch einfacher für die Öffentlichkeit zugänglich machen und sie für die Nachwelt sichern. Abb.: Bildschirmfoto

Bund setzt nun doch auf zentrale Lösung für Kulturgut-Erhalt. Der Chef der Deutschen Fotothek in Dresden sieht darin eine überraschende Wendung.

Dresden, 9. Dezember 2019. Bei der Deutschen Fotothek in Dresden hat die Entscheidung des Bundes, ein „Deutsches Fotoinstitut“ in Düsseldorf anzusiedeln, für Überraschung gesorgt. Eigentlich habe das Bundeskulturministerium zunächst eine Studie über die Zukunft der Fotoarchive in Deutschland in Auftrag gegeben, die erst 2020 vorliegen sollte, berichtete Fotothek-Leiter Jens Bove. „Erstaunlich und wirklich überraschend ist, dass über einen Neubau und über die Standortfrage entschieden worden ist, bevor die vom BKM beauftragte Studie überhaupt vorliegt“, schätzte er auf Oiger-Anfrage ein.

Bund pumpt 41 Millionen in zentrales Institut

Der Punkt ist: Mitte November hatte der Bundestags-Haushaltsausschuss entschieden, ein „Deutsches Fotoinstitut“ in Düsseldorf zu gründen. Dieses Institut soll das deutsche „kulturelle Erbe der Fotokunst“ als „nationales Kompetenzzentrum“ für die Nachwelt sichern. Dazu gehören laut der Stadtverwaltung Düsseldorf „analoge Fotografie wie auch digitales Trägermaterial“. Der Bund hat dafür nun 41,5 Millionen Euro zugesagt. Weitere, noch unbezifferte Millionenzuschüsse hat das Land Nordrhein-Westfalen (NRW) zugesagt. Die Stadt Düsseldorf wird als Teil des Finanzierungspakets ein Grundstück für das Institut bereitstellen.

Diese Standort-Entscheidung ist nicht selbstverständlich und könnte mit den Kofinanzierungs-Zusagen aus NRW zu tun haben. Denn immerhin befindet sich die eine der größten Fotosammlungen Deutschlands in Dresden: die 1924 als „Sächsischen Landesbildstelle“ gegründete „Deutsche Fotothek“. Sie verwahrt insgesamt über fünf Millionen Fotos, Gemälde, Grafiken sowie andere Bilder und macht sie den Menschen zugänglich. Derzeit baut sie gemeinsam mit weiteren Partnern zudem ein „Archiv der Fotografen“ auf, das als Kompetenzzentrum und virtuelles Schaufenster die Werke deutscher Fotografen bewahrt, digitalisiert und aufbereitet.

Mehrere spezialisierte Foto-Großarchive in Deutschland

Daneben gibt es aber auch andere bedeutende Fotosammlungen in Deutschland, zum Beispiel im Rheinischen und im Marburger Bildarchiv. Jedes dieser Archive hat eine andere Spezialisierung. Die Deutsche Fotothek in Dresden beispielsweise konzentriert sich auf Fotos mit Bezug zur Kunstgeschichte, zur Technik- und Wirtschaftsgeschichte sowie sächsische Geschichte. Den großen und kleinen, privaten wie öffentlichen Fotoarchiven haben aber einen gemeinsamen Nenner: Der Zahn der Zeit nagt an ihren Bildern und auch der Wunsch der Nutzer nach einer breiten Digitalisierung überfordert einzelne Häuser.

Auch deshalb hatte Bundeskulturministerin Monika Grütters (CDU) im Juli 2019 in Berlin die Archivare zu einer Podiumsdiskussion „Fotoarchive – Kulturgut oder Handelsware?“ eingeladen. Dort hatte sich die Teilnehmer „mehrheitlich für dezentrale Strukturen“ ausgesprochen, um Fotos als deutsches Kulturgut für kommende Generationen zu sichern, berichtete Bove. Daraufhin habe die Ministerin eine Expertenkommission einberufen und besagte Studie für 2020 angefordert.

Ob sich mit dem überraschenden Zuschlag nach Düsseldorf nun das Projekt erledigt hat, ist derzeit unklar. Möglich wären aber auch mehrere Fotoarchive mit besonderen Sammlungsaufträgen: Die einen könnten sich beispielsweise um die künstlerische Fotografie kümmern, andere ein „visuelles Gedächtnis“ Deutschlands aufbauen, indem sie deutsche Geschichte durch Fotos dokumentieren und dergleichen mehr. Mit Grütters Expertengruppe bleibe er jedenfalls weiter „im Gespräch“, betonte Fotothek-Chef Bove.

Kulturministerin Grütter hatte für ein nationales Institut plädiert

Die Kulturministerin sieht das Projekt aber anscheinend nun endgültig zentral in Düsseldorf statt dezentral verortet: Ihr Vorschlag sei die „Errichtung eines nationalen Instituts und Archivs für Fotografie“ gewesen, begrüßte sie den Zuschlag für NRW. „Das ist ein entscheidender Schritt, um unser großes fotografisches Kulturerbe auf Dauer zu bewahren, aufzuarbeiten und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.“

Autor: Heiko Weckbrodt

Quellen: StVerw Düsseldorf, Deutsche Fotothek, BKM

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt