Deutscher Windkraft-Verband fordert einheitliche Standards in Europa, um Entsorgungsfirmen besser auszulasten.
Berlin/Dresden, 8. Dezember 2019. Die europäischen Staaten sollten sich einheitlich auf Standards einigen, wie alter Windkraft-Anlagen und vor allem deren Rotor-Blätter entsorgt werden. Das hat der „Bundesverband Windenergie“ aus Berlin gefordert und dazu ein Positionspapier vorgestellt.
Exportstarke Windtechnik-Industrie sorgt sich
„Aufgrund der hohen Exportquote unserer weltweit führenden Windindustrie sollten einheitliche europäische Standards für den Rückbau und das Recycling von Windenergieanlagen etabliert werden“, betonte Verbands-Präsident Hermann Albers. „Das hilft nicht nur den Entsorgungsunternehmen, sondern auch den Herstellern und Zulieferern.“
Die Vertreter der deutschen Windenergie-Industrie möchten vor allem Entsorgungs-Lösungen, die in Deutschland entwickelt worden, auch anderen Staaten nahebringen. Dabei geht es offensichtlich auch darum, die darauf spezialisierten deutschen und internationalen Entsorgungs-Unternehmen besser auszulasten.
Glasfaser-Blätter: Zerhäckseln und in Zementwerken verbrennen
Dreh- und Angelpunkt sind dabei die Rotorblätter: Die bestehen oft aus Glasfaser- oder Kohlenfaser-Verbundstoffen (GFK/CFK), die so stabil wie Stahl sind, aber bedeutend leichter. Anders als Stahl, Kupfer und Beton der Windenergie-Türme selbst, für die es klassische Verwertungsverfahren gibt, stecken aber die Recycling-Technologien für solche Faser-Verbundstoffe noch in den Kinderschuhen. Einige Unternehmen haben sich inzwischen darauf spezialisiert, die Rotorblätter zu entsorgen. Die Harze, die die Fasern zusammenhalten, werden verbrannt. Firmen wie Neocomp Bremen zerhäckseln dann die bereits verkleinerten Glasfaser-Blätter weiter. Sie trennen sie anschließend in metallische Teile wie Blitzableiter und liefern die anderen Reste als Ersatzbrennstoff an die energiehungrige Zementindustrie. Unternehmen wie das Zementwerk Lägerdorf bei Itzehoe verwenden die Asche dann als Ersatz für Sand.
Karbon-Teile durch Pyrolyse-Öfen auflösen statt verbrennen
Andere Unternehmen wie „FK Valley Stade Recycling“ und „CarboNX“ verwerten die Kohlefaser-Bauteile. Sie setzen beispielsweise Pyrolyse-Verfahren ein. Dabei werden die Karbonteile ohne Sauerstoff erhitzt, ohne sie zu verbrennen. Dabei zerlegen sich die langen organischen Moleküle der Verbundharze in kürzere Ketten, dabei entsteht Brenngas. Übrig bleiben die Kohlefasern, die sich weitervewerten lassen – zum Beispiel in neuen Karbon-Bauteilen.
Schwach ausgelastete Entsorgungsbetriebe kaufen Rotorblätter aus Ausland zu
Diese Anlagen sind bisher aber nicht ausgelastet und kaufen zusätzliche Rotorblätter aus europäischen Nachbarstaaten zu, informierte der Windenergie-Verband. Er dringt nun auf staatliche Entsorgungs-Vorgaben in ganz Europa, um die bestehenden Spezialfirmen rentabler zu machen. Auch sei „ein passender Abfallschlüssel für GFK/CFK in der Abfallverzeichnis-Verordnung“ nötig.
Abrisswelle ab 2021 erwartet
In nächster Zeit wird das Entsorgungs-Problem für die Windkraftpark-Betreiber zudem dringender: „Bisher wurden verhältnismäßig wenige Anlagen zurückgebaut“, berichtet der Windenergie-Bundesverband. Einige der alten Anlagen habe man außerhalb der EU abstoßen können. „Die in Recyclingkreisläufe rückzuführenden Stoffmengen sind deshalb bisher sehr überschaubar.“ Dies werde sich allerdings 2021 ändern: Dann bekommen viele alte Windkraftparks keine Zuschüsse aus dem „Eneuerbare-Energien-Gesetz“ (EEG) mehr. Dann ist mit einer großen Abrisswelle zu rechnen, soweit die Anlagen nicht aufgerüstet werden (sogenanntes „Repowering“). Wahrscheinlich fallen zunächst etwa 5500 bis 6000 Anlagen aus der Förderung heraus, bis 2025 dann etwa 14.000.
Autoindustrie sucht ebenfalls nach Wiederverwertungs-Wegen – auch Sachsen forschen daran
Ähnliche Probleme kommen auf die Autoindustrie zu, die in wachsendem Maße Karbon und ähnliche Faserverbundstoffe auch in Großserienfahrzeugen einsetzt. Die Konzerne entwickeln dafür zwar Technologien, eine einheitliche Entsorgungslösung ist da aber noch nicht zustande gekommen. Auch an den Unis in Dresden und Freiberg forschen Wissenschaftler an Verfahren, um Verbundstoffe wiederzuverwerten – und haben im Labor- und Pilotmaßstab bereits einige Erfolge erzielt. Dazu gehört das Verbundforschungsprojekt „ReLei“ unter der Leitung des Instituts für Leichtbau und Kunststofftechnik (ILK) der TU Dresden.
Autor: Heiko Weckbrodt
Quellen: BWE, Oiger-Archiv
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