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So schützen sich Rechenzentren und Chipfabriken gegen Stromausfälle

Notstrom-Diesel in einem Dresdner Rechenzentrum. Die Zeit, bis er hochfährt, überbrücken bei einem Stromausfall große Batterien. Foto: Heiko Weckbrodt

Notstrom-Diesel in einem Dresdner Rechenzentrum. Die Zeit, bis er hochfährt, überbrücken bei einem Stromausfall große Batterien. Foto: Heiko Weckbrodt

Jede Sekunde ohne Energie würde Millionenverluste bedeuten

Dresden, 25. November 2019. Der große Juwelenraub im Grünen Gewölbe Dresden, für den die Einbrecher möglicherweise auch die Stromversorgung in der Umgebung des Museums gekappt haben, wirft die Frage auf: Lässt sich solch ein großer Komplex gegen versehentliche und absichtlich herbeigeführte Stromausfälle überhaupt absichern?

Vor allem die Mikroelektronikindustrie und Rechenzentren-Betreiber haben dafür sehr zuverlässige Lösungen entwickelt. Denn Chipfabriken dürfen höchstens bei „großen Wartungen“ mal stillstehen: Ein abrupter Stopp könnte die extrem teuren Maschinen beschädigen, halbfertige Chipscheiben im Wert mehrerer Eigenheime unbrauchbar machen und es nötig machen, die Anlagen über Tage hinweg wieder hochzufahren und einzujustieren. Ähnliches gilt für Rechenzentren: Hier könnten wenige Sekunden ohne elektrische Versorgung bereits Kundendaten im Millionenwert den digitalen Orkus herunterspülen.

Beispiel Rechenzentren: Batterien und Notstrom-Diesel

Rechenzentren sichern sich meist durch eine Kombinationslösung aus Batterien oder Kondensatoren und Notstromaggregate gegen elektrische Unterbrechungen ab: Fällt der Strom aus dem Netz aus, liefern zunächst große Batterien für einige Minuten genug Strom, damit sich die Speicher nicht leeren und die Prozessoren weiterrechnen können. Die Batterien überbrücken die Zeit, bis der Dieselgenerator im Keller hochgefahren ist. Dessen Tanklager reichen oft für mehrere Tage aus.

Die Globalfoundries-Fabrik im Dresdner Norden aus der Luft betrachtet. Foto: Globalfoundries Dresden

Die Globalfoundries-Fabrik im Dresdner Norden aus der Luft betrachtet, Die Gebäude mit den Schornsteinen und Kühltürmen hinten sind die Energieversorgungscenter. Foto: Globalfoundries Dresden

Beispiel Chipwerke: Schwungräder und eigene Kraftwerke

Mit Batterien würden die energiehungrigen Halbleiter-Fabriken nicht weit kommen, deshalb gibt es hier andere Absicherungslösungen gegen Stromausfälle als in Rechenzentren. Globalfoundries Dresden zum Beispiel hat dafür zwei eigene Blockheizkraftwerke, die das Chipwerk am Standort parallel zum öffentlichen Netz mit Strom versorgen. Im Parallelbetrieb gleichen die beiden Energieversorgungscenter (EVC) 1 und 2 vor allem Frequenzschwankungen aus dem Netz aus.

Sie können aber auch in den „Insel“-Betrieb umschalten, dann versorgen sie die Fabrik ganz allein mit Elektrizität und Wärme. Neben Otto-Motoren, Dampfkesseln, Kühltürmen und anderen Einrichtungen ist das EVC 2 auch mit vier Schwungrädern ausgestattet. Diese Räder sind mit den Motoren und Generatoren gekoppelt. Sie können insgesamt Laststöße und Stromausfälle von bis zu 6,5 Megawatt für einige Sekunden abfangen – spätestens dann ist das EVC auf Inselbetrieb umgeschaltet, wenn der Strom von außen wegfällt.

Amerikaner fanden Dresdner Stromnetz Anfang der 90er noch zu schwachbrüstig

„Bevor das erste AMD-Werk in Dresden gebaut wurde, haben wir aufmerksam die Erfahrungen von Infineon studiert“, skizziert Standort-Sprecher Jens Drews die Hintergründe der EVC-Lösung. „Dadurch war für uns klar, dass – zumindest damals in den frühen 1990er Jahren – die Qualität des gelieferten Stroms aus den Netzen für unsere Zwecke nicht genügte.“ Außerdem hat sich das Werk durch die beiden EVCs samt der Schwungräder auch gegen Stromausfälle mehrfach abgesichert. „Wir haben ein Höchstmaß an technischen Vorkehrungen getroffen, um die Integrität unserer Anlagen jederzeit zu gewährleisten“, betonte Drews.

Zur Erinnerung: Das heutige Globalfoundries-Werk in Dresden war ursprünglich von AMD gebaut worden. Und zuvor hatte bereits Siemens ein großes Speicherchip-Werk in der sächsischen Landeshauptstadt gebaut, das der Konzern dann der Tochter Infineon zuschlug.

Autor: Heiko Weckbrodt

Quellen: Globalfoundries, Comarch, Telekom, BHKW-Infozentrum, Oiger-Archiv

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt