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Dresdner Organikelektroniker schöpfen Hightech-Firmen in Serie

Prof. Karl Leo und Dr. Jan Blochwitz-Nimoth im "Dresden Integrated Center for Applied Physics and Photonic Material" (IAPP). Foto: Heiko Weckbrodt

Prof. Karl Leo und Dr. Jan Blochwitz-Nimoth im „Dresden Integrated Center for Applied Physics and Photonic Material“ (IAPP). Foto: Heiko Weckbrodt

TU-Rektor: Gründungsfieber des Leo-Teams sollte Schule machen

Dresden, 18. September 2019. Das Dresdner Zentrum für angewandte Physik und Photonik (IAPP) gehört zu den erfolgreichsten Instituten der TU Dresden – gemessen an Forschungsergebnissen, Ausgründen, Patenten und Preisen. „Das IAPP ist vorbildgebend“, belobigte Uni-Rektor Hans Müller-Steinhagen das Team rund um den Dresdner Organikelektronik-Papst Prof. Karl Leo während einer Feier am Dienstagabend zum 111. Jubiläum des Instituts. „Hier wird nicht nur Forschung im Elfenbeinturm betrieben, sondern auch immer gefragt: Was können wir aus unseren Erkenntnissen machen?“.

Prof. Karl Leo leitet das "Dresden Integrated Center for Applied Physics and Photonic Material" (IAPP). Foto: Heiko Weckbrodt

Prof. Karl Leo leitet das „Dresden Integrated Center for Applied Physics and Photonic Material“ (IAPP). Foto: Heiko Weckbrodt

IAPP entstand vor 111 Jahren als ein Forschungs-Rückgrat der Dresdner Kameraindustrie

Das IAPP hat eine lange Tradition mit wirtschaftsnaher Forschung: Am 1. April 1908 als „Wissenschaftlich Photographisches Institut“ gegründet, gehörte es zum wissenschaftlichen Rückgrat der damals starken Dresdner Kameraindustrie. Schon in den 1980er Jahren rückte die organische Elektronik in den Fokus. Damals versuchten die Dresdner Photophysiker, DDR-Kamerachips mit organischen Farbfiltern zu bedampfen.

Das "Dresden Integrated Center for Applied Physics and Photonic Material" (IAPP) der TU Dresden. Foto: Heiko Weckbrodt

Das „Dresden Integrated Center for Applied Physics and Photonic Material“ (IAPP) der TU Dresden. Foto: Heiko Weckbrodt

Nach der Neugründung 1991 als „Institut für angewandte Photophysik“ rückten diese Forschungen mehr und mehr in den Mittelpunkt. Vor allem der Experte Karl Leo, der 1993 nach Sachsen kam, führte die Dresdner Organikelektronik-Forschung in die internationale Spitzenliga, aber auch Spezialisten wie die Professoren Xinliang Feng, Stefan Mannsfeld und Sebastian Reineke sorgten für eine breite Expertise. Die Erfolge des Instituts führten 2017 schließlich auch zur Aufwertung zum Forschungszentrum und zu einem eigenen Neubau an der Nöthnitzer Straße.

Die TU-Ausgründung Novaled Dresden ist auf Organische Leuchtdioden spezialisiert. Abb.: Novaled

Die TU-Ausgründung Novaled Dresden ist auf Organische Leuchtdioden spezialisiert. Die grüne Topfpflanze soll anmdeuten: Durch ihren geringen Stromverbrauch können OLEDs auch einen signifikanten Beitrag zur globalen Ökobilanz leisten. Abb.: Novaled

Sieben Ausgründungen in zehn Jahren

Allein in den vergangenen zehn Jahren haben IAPP-Forscher sieben Firmen gegründet. Darunter sind Unternehmungen, die international für Furore gesorgt haben, wie etwa die 2006 gegründete Organik-Solarzellenfabrik Heliatek oder die 2001 gestartete Organikleuchtdioden-Firma Novaled, die der Samsung-Konzern inzwischen übernommen hat. Aber auch Creaphys (1999 gegründet, spezialisiert auf Organikmaterial-Verdampfer), Lexsolar (2003, Solar-Schulbaukästen), Senorics (2017, Biersensoren) oder jüngst „SweepMe!“ (2018, Anlagen-Steuerungsprogramm) entstanden im Leo-Dunstkreis. Nur eine Gründung ging letztlich pleite: Für die wissenschaftliche Simulationssoftware von „Sim4Tec“ (2007) fanden sich weltweit nicht genug Kunden. Dafür bereitet die Institutsspitze derzeit schon wieder drei neue Ausgründungen vor. Insofern könne man das Institut als „seriellen Entrepreneur“ bezeichnen, also als jemanden, der immer wieder mit neuen Ideen kommt und daraus ein Unternehmen macht, meint IAPP-Physiker Jan Blochwitz-Nimoth, der seinerzeit an der erfolgreichen Novaled-Gründung beteiligt war.

Prof. Hans Müller-Steinhagen ist Rektor der TU Dresden. Foto: Heiko Weckbrodt

„Wir sind auf der Überholspur“

Zwar sind auch andere Uni-Einrichtungen wie etwa der Mobilfunk-Lehrstuhl von Prof. Gerhard Fettweis oder das Leichtbau-Institut ILK sehr gründungsaktiv. Doch eben diese Denkweise und den Pragmatismus dieser Leuchtturm-Institute sollte sich an der TU noch breiter durchsetzen, wünscht sich Müller-Steinhagen. „Wir wollen unsere Studenten schon im Grundstudium darüber informieren, welche Möglichkeiten die Selbstständigkeit schafft“, sagte er. Und ein neues „Center for Transfer and Entrepreneurship“ an der TU soll das Gründungsfieber von Professoren und Studenten weiter anheizen. „Noch stehen wir da etwas hinter den Münchner Unis hinterher“, räumte der Rektor ein. „Aber hier in Dresden entwickelt sich etwas. Wir sind auf der Überholspur.“

Autor: Heiko Weckbrodt

Quellen: Vor-Ort-Recherche, IAPP, TUD, Oiger-Archiv

Dr. Jan Blochwitz-Nimoth im "Dresden Integrated Center for Applied Physics and Photonic Material" (IAPP). Foto: Heiko Weckbrodt

Dr. Jan Blochwitz-Nimoth gehörte zu den Novaled-Gründern. Heute konzentriert er sich wieder auf seine Forschungen im „Dresden Integrated Center for Applied Physics and Photonic Material“ (IAPP). Foto: Heiko Weckbrodt

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt