TU-Rektor: Gründungsfieber des Leo-Teams sollte Schule machen
Dresden, 18. September 2019. Das Dresdner Zentrum für angewandte Physik und Photonik (IAPP) gehört zu den erfolgreichsten Instituten der TU Dresden – gemessen an Forschungsergebnissen, Ausgründen, Patenten und Preisen. „Das IAPP ist vorbildgebend“, belobigte Uni-Rektor Hans Müller-Steinhagen das Team rund um den Dresdner Organikelektronik-Papst Prof. Karl Leo während einer Feier am Dienstagabend zum 111. Jubiläum des Instituts. „Hier wird nicht nur Forschung im Elfenbeinturm betrieben, sondern auch immer gefragt: Was können wir aus unseren Erkenntnissen machen?“.
IAPP entstand vor 111 Jahren als ein Forschungs-Rückgrat der Dresdner Kameraindustrie
Das IAPP hat eine lange Tradition mit wirtschaftsnaher Forschung: Am 1. April 1908 als „Wissenschaftlich Photographisches Institut“ gegründet, gehörte es zum wissenschaftlichen Rückgrat der damals starken Dresdner Kameraindustrie. Schon in den 1980er Jahren rückte die organische Elektronik in den Fokus. Damals versuchten die Dresdner Photophysiker, DDR-Kamerachips mit organischen Farbfiltern zu bedampfen.
Nach der Neugründung 1991 als „Institut für angewandte Photophysik“ rückten diese Forschungen mehr und mehr in den Mittelpunkt. Vor allem der Experte Karl Leo, der 1993 nach Sachsen kam, führte die Dresdner Organikelektronik-Forschung in die internationale Spitzenliga, aber auch Spezialisten wie die Professoren Xinliang Feng, Stefan Mannsfeld und Sebastian Reineke sorgten für eine breite Expertise. Die Erfolge des Instituts führten 2017 schließlich auch zur Aufwertung zum Forschungszentrum und zu einem eigenen Neubau an der Nöthnitzer Straße.
Sieben Ausgründungen in zehn Jahren
Allein in den vergangenen zehn Jahren haben IAPP-Forscher sieben Firmen gegründet. Darunter sind Unternehmungen, die international für Furore gesorgt haben, wie etwa die 2006 gegründete Organik-Solarzellenfabrik Heliatek oder die 2001 gestartete Organikleuchtdioden-Firma Novaled, die der Samsung-Konzern inzwischen übernommen hat. Aber auch Creaphys (1999 gegründet, spezialisiert auf Organikmaterial-Verdampfer), Lexsolar (2003, Solar-Schulbaukästen), Senorics (2017, Biersensoren) oder jüngst „SweepMe!“ (2018, Anlagen-Steuerungsprogramm) entstanden im Leo-Dunstkreis. Nur eine Gründung ging letztlich pleite: Für die wissenschaftliche Simulationssoftware von „Sim4Tec“ (2007) fanden sich weltweit nicht genug Kunden. Dafür bereitet die Institutsspitze derzeit schon wieder drei neue Ausgründungen vor. Insofern könne man das Institut als „seriellen Entrepreneur“ bezeichnen, also als jemanden, der immer wieder mit neuen Ideen kommt und daraus ein Unternehmen macht, meint IAPP-Physiker Jan Blochwitz-Nimoth, der seinerzeit an der erfolgreichen Novaled-Gründung beteiligt war.
„Wir sind auf der Überholspur“
Zwar sind auch andere Uni-Einrichtungen wie etwa der Mobilfunk-Lehrstuhl von Prof. Gerhard Fettweis oder das Leichtbau-Institut ILK sehr gründungsaktiv. Doch eben diese Denkweise und den Pragmatismus dieser Leuchtturm-Institute sollte sich an der TU noch breiter durchsetzen, wünscht sich Müller-Steinhagen. „Wir wollen unsere Studenten schon im Grundstudium darüber informieren, welche Möglichkeiten die Selbstständigkeit schafft“, sagte er. Und ein neues „Center for Transfer and Entrepreneurship“ an der TU soll das Gründungsfieber von Professoren und Studenten weiter anheizen. „Noch stehen wir da etwas hinter den Münchner Unis hinterher“, räumte der Rektor ein. „Aber hier in Dresden entwickelt sich etwas. Wir sind auf der Überholspur.“
Autor: Heiko Weckbrodt
Quellen: Vor-Ort-Recherche, IAPP, TUD, Oiger-Archiv
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