Die Spezialisten für technische Textilien investieren über zehn Millionen Euro, um Leichtbauteile für den neuen BMW-Stromer i20 zu steppen.
Klipphausen. Der Elektro-Trend in der deutschen Autoindustrie sorgt für Investitionen im Raum Meißen: Um einen Großauftrag vom BMW-Partner SGL Composite abzuarbeiten, erweitert „Hightex“ derzeit seine Fabrik im Gewerbegebiet Klipphausen. Das auf Karbonfaser-Teile spezialisierte Unternehmen baut nun für sechs Millionen Euro eine rund 4000 Quadratmeter große Produktionshalle mit Büro- und Sozialtrakt. Weitere vier bis fünf Millionen Euro werden die Ausrüstungen kosten, schätzen die Hightex-Geschäftsführer Jeanette Scherf und Dirk Feltin.
Hightex-Technologie sparte schon bei i3-Produktion in Leipzig Millionen
Die insgesamt also über zehn Millionen Euro teure Erweiterung soll 2020 abgeschlossen sein. Ab 2021 wollen die Hightexer in dem neuen Werk Zulieferteile aus Karbon- und Glasfasern für den geplanten Elektro-Geländewagen i20 von BMW steppen. Mit Harz durchtränkt sind die Faserverbundbauteile bis zu fünfmal leichter als Stahlteile. Dadurch sparen die Ingenieure Gewicht und erhöhen letztlich die Reichweite der Elektroauto-Batterie. Zum Zuge kamen die Spezialisten aus Klipphausen, weil sie mit ihren Hightech-Steppkünsten bereits bei der „i3“-Produktion für erhebliche Karbon- und damit Kostenersparnisse im BMW-Werk Leipzig gesorgt hatten. Dafür hatten sie Kohlenstoffteile und Glasfasermatten vor dem Zuschnitt auf besondere Weise verbunden, um den Karbonabfall zu mindern.
Unternehmen ist bis 2028 ausgelastet
„Der i20-Auftrag wird den Neubau zu großen Teilen auslasten“, informierte Dirk Feltin. „Auf der restlichen Fläche wollen wir neue Aufträge für die Luftfahrt erledigen und die Entwicklung konzentrieren.“ Die Orderbücher seien derart gefüllt, dass die Automobilsparte im Unternehmen bis zum Jahr 2028 ausgelastet sei – den Anbau schon eingerechnet, betonte Scherf.
Besondere Expertise für das Auslegen von Kohlenstoff-Strängen
Die starke Nachfrage für die Faser-Komponenten aus Klipphausen hat mit der besonderen Expertise des 66-köpfigen Teams zu tun: Kaum eine andere Firma weit und breit versteht es so wie „Hightex“, Kohlenstofffaser-Stränge hochautomatisiert für superleichte Bauteilen zu legen, die einen Raketenstart ebenso wegstecken wie ein langes Flugzeugleben in kühler Höhe oder die sengende Hitze von Keramiköfen. Und das wiederum hängt auch mit der tiefen Verwurzelung des Unternehmens in der hiesigen Forschungs- und Hightech-Landschaft zusammen: Wissenschaftler vom Leibniz-Institut für Polymerforschung Dresden hatten 1998 die Firma „Hightex“ gegründet, die 2006 nach Klipphausen umzog. Deren Kern-Know-how ist eine „Tailored Fibre Placement“ (TFP) genannte computergestützte Technologie. Damit lassen sich Kohlenstofffasern so präzise legen und sticken, dass die Kunden daraus maßgeschneiderte und besonders stark beanspruchbare Leichtbauteile machen können.
Mit Automatierern in der Region vernetzt
Die passenden Maschinen dafür haben die „Hightex“-Ingenieure selbst entworfen. Die Fertigung der Anlagen übernehmen teils japanische Maschinenbauer, teils regionale Automatisierungspartner wie die Aumo Radebeul. Zudem kooperieren die Hightexer eng mit Kollegen von der TU Dresden und anderen Forschungseinrichtungen.
Hightex-Technologie steckt im A350, im i3-Auto – und bald auch in der Ariane-Rakete
Auch dank dieser Netzwerke machte sich Hightex bald nach der Gründung einen guten Ruf in der Industrie. Was vor 20 Jahren mit vier Mitarbeitern auf einem alten Sachsenwerkgelände in Dresden-Niedersedlitz begann, ist heute ein Unternehmen mit 66 Mitarbeitern und 6,7 Millionen Euro Jahresumsatz in Klipphausen. Zum Kundenkreis gehören Airbus, BMW und die Elbe-Flugzeugwerke, aber auch kleinere Technologiespezialisten. Die Textilkünste sind beispielsweise in den Airbus A 350 XWB eingeflossen und in die Seitenwand des BMW-Stromers i3.
Bald sind sie auch im All zu finden: In einer besonderen Halle arbeiten die Hightex-Spezialisten an speziellen Triebwerk-Komponenten. Gedacht sind sie für die künftige „Ariane 6“ der europäischen Raumfahrtagentur Esa – die erste dieser neuen Raketen soll 2020 starten. Ein noch kleines, aber wachsendes Geschäftsfeld sind Bauteile für schnelldrehende Scheiben im Maschinenbau oder auch Werkstück-Träger, die in Öfen bis zu 2500 Grad Celsius aushalten.
„Aushängeschild der sächsischen Wirtschaft“
„Hightex ist mit seinen innovativen Produkten ein echtes Aushängeschild der sächsischen Wirtschaft“, belobigte der sächsische Wirtschafts-Staatssekretär Stefan Brangs die Klipphausener. Sehr erfreulich seien auch die jüngeren Strom- und Abfallsparprogramme der Firma, die dafür sorgen würden, „dass das Unternehmen sehr effizient mit Energie und anderen Ressourcen umgeht.“
Autor: Heiko Weckbrodt
Quellen: Vor-Ort-Recherche Hightex, SMWA, Wikipedia
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