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Stammzell-Medikament gegen Lungenschäden von Frühchen

Prof. Dr. Mario Rüdiger. Foto: Thomas Abrecht, UKD

Prof. Dr. Mario Rüdiger. Foto: Thomas Abrecht, UKD

Dresdner Neonatalogen entwickeln aus Nabelschnur-Stammzellen neues Therapeutikum für Frühgeborene – erste Sicherheitsstudie in Kanada gestartet

Dresden, 30. Juli 2019. Um lungenkranken Frühchen beim Überleben zu helfen, haben Dresdner Wissenschaftler innovative Stammzell-Medikamente entwickelt. Dabei handelt es sich um Präparate aus noch unspezialisierte Basiszellen, die sie aus Nabelschnüren gewonnen haben. Kanadische Kollegen analyisieren das neue Mittel nun in einer ersten Kontrollstudie.

Entwickler sehen „hohes therapeutisches Potential“

Die Medizin aus Dresden soll die Bindegewebs-Zellen von frühgeborenen Babys dabei unterstützen, Lungen-Entwicklungsstörungen zu reparieren, erklärten die Neonatalogen vom Universitätsklinikum Dresden. Die Stammzellen für das Therapeutikum gewinnen die Dresdner Neugeborenen-Mediziner durch ein neuartiges Verfahren, bei dem sie Nabelschnüre von Neugeborenen verwerten. „Im Nabelschnur-Gewebe gibt es sehr viele und sehr junge Zellen mit einem hohen therapeutischen Potential“, betonte Prof. Mario Rüdiger, der am Dresdner Uniklinikum die Neonatologie leitet, also die Abteilung für Frühgeborene.

Pro Nabelschnur genug Zellen für 20 Babys

Pro Nabelschnur bekommen die Dresdner Mediziner mit ihrer neuen Methode genug Stammzellen, um 20 bis 30 Frühgeborene zu behandeln. Die Spendenbereitschaft der Familien sei zudem groß: Bisher erhielten die Forscher 20 Spenden in Dresden.

Regeneration möglich

Stammzellen sind noch unspezialisierte Basiszellen, die sich später zu Lungenzellen. Nervenzellen oder anderen Organzellen weiterentwickeln können. Sie werden zudem vom Empfänger-Körper normalerweise nicht abgestoßen. Stammzell-Therapien haben daher das Potenzial, bisher als unheilbar geltende Krankheiten und Gewebeschäden doch noch zu „reparieren“.

MSC-Medikament soll Reparatursystem der Frühchen unterstützen

Im konkreten Fall setzen die Dresdner Mediziner auf sogenannte „Mesenchymale Stamm- beziehungsweise Stromazellen“ (MSC). Die daraus entwickelten Präparate könnten das körpereigene Reparatur-System unterstützen und so frühgeburtsbedingte Schäden vermeiden helfen.

Um die Stammzellen zu einem Medikament weiterzuentwickeln, hat das Team um Prof. Mario Rüdiger und Dr. Marius Möbius inzwischen 1,5 Millionen Euro Existenzgründerförderung vom Bundesforschungsministerium bekommen. Denn die Zulassung eines neuartigen Medikaments ist langwierig und teuer. Nach der Analyse in Kanada sollen weitere Studien folgen. Noch ungeklärt ist beispielsweise, ob und welche Langzeit-Nebenwirkungen solche MSC Stammzell-Therapien haben könnten.

Ein Zehntel der Babys kommt zu früh

Das Potenzial für das Medikament sei im Erfolgsfall indes groß, hieß es vom Uniklinikum: Jedes zehnte Kind komme in Deutschland zu früh, also vor der 37. Schwangerschaftswoche, auf die Welt. Ein Prozent der Schwangerschaften endet sogar bereits vor der 32. Woche – Mediziner sprechen dann von extrem unreifen Frühgeborenen. Jedes dritte dieser Frühgeborenen ist von einer sogenannten Bronchopulmonalen Dysplasie, einer Lungenentwicklungsstörung, betroffen.

Lungenprobleme der Frühchen stellen Mediziner immer noch vor Rätsel

„Diese Lungenentwicklungs-Störung ist eine der größten Herausforderungen, mit denen wir auf den Frühgeborenenstationen konfrontiert sind“, betonte Prof. Mario Rüdiger. „Bislang gibt es noch keine richtige Erklärung, weshalb sich die Lungen der Frühgeborenen außerhalb des Mutterleibes nicht richtig entwickeln“, ergänzte Dr. Marius Möbius von der Kinderklinik des Universitätsklinikums Dresden.

Auch Hilfe gegen Hirnschäden denkbar

Die Mediziner hoffen nun, dass sich ihre Stammzell-Therapie in der Praxis bewährt. Auch wollen sie noch ausloten, ob ihre Medikamente auch helfen können, Hirnschäden von Neu- und Frühgeborenen nach einem Schlaganfall oder einer Hirnblutung zu reparieren.

Autor: hw

Quelle: Uniklinikum Dresden

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt