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Tag der Schichtarbeit: „Ich lege mich hin und schlafe“

Klaus Schulz ist Schichtarbeiter in der Chipfabrik von Globalfoundries Dresden. Er sieht Vor- wie Nachteile in dieser Arbeitsweise. Foto: Heiko Weckbrodt

Klaus Schulz ist Schichtarbeiter in der Chipfabrik von Globalfoundries Dresden. Er sieht Vor- wie Nachteile in dieser Arbeitsweise. Foto: Heiko Weckbrodt

Klaus Schulz ist Schichtarbeiter im Chipwerk – und fährt 300 Kilometer nach Hause

Wartungstechniker Klaus Schulz ist 61, wohnt in Prenzlau und ist Schichtarbeiter im Dresdner Chipwerk von Globalfoundries. Verheiratet ist er mit einer Krankenschwester, die im Prenzlauer Kreiskrankenhaus ebenfalls im Dauerschichtbetrieb arbeitet. 2001 heuerte der gelernte Elektriker im Dresdner Werk an, das damals noch AMD gehörte. Bis 2015 arbeitete er ausschließlich in der Nachtschicht. Seither schrubbt er mal tags, mal nachts seine Zwölf-Stunden-Schichten herunter – um sich dann wieder ins Auto gen Prenzlau zu schwingen. Oiger-Reporter Heiko Weckbrodt hat ihn gefragt, wie er damit klarkommt.

Leben Sie nun eigentlich in Dresden oder in Prenzlau?

Klaus Schulz: Beides. Hier habe ich eine Wohnung, in der ich schlafe, wenn ich mehrere Tage Schicht am Stück habe. Ein- bis zweimal die Woche fahre ich die 300 Kilometer nach Prenzlau, um meine Frau zu sehen. Unsere drei Kinder sind inzwischen alle erwachsen und aus dem Haus.

Da verbringen sie viel Lebenszeit auf der Autobahn…

Ich kenne jeden Kilometer, jede Baustelle, jede Ausweichroute.

Was bleibt da fürs Familienleben?

Wir bekommen das regelmäßig hin, dass wir gleichzeitig frei haben. Dann nutzen wir aber auch unsere gemeinsame Zeit sehr intensiv und unternehmen etwas. Von Prenzlau ist es nicht weit bis zur Ostsee. Dorthin fahren wir wochentags, wenn kaum andere Gäste da sind, und legen uns an den Strand.

Es muss doch aber schwer sein, tagsüber zu schlafen, wenn draußen das Leben tobt. Kommt da nicht der ganze Biorhythmus durcheinander?

Ich habe keine Probleme mit dem Schlafen. Man muss da aber diszipliniert sein: Zum Beispiel sehe ich nach der Schicht nicht mehr stundenlang fern – ich lege mich hin und schlafe.

Globalfoundries Dresden. Foto: Heiko Weckbrodt

Globalfoundries Dresden. Foto: Heiko Weckbrodt

Warum haben sie sich damals für die Nachtschicht entschieden – oder gab es da gerade nur solche Jobs im Chipwerk?

Ich habe kein Problem mit der Nachtschicht. Man bekommt 25 Prozent Zuschlag beim Lohn dafür, ordentliches Essen in der Nacht und ein kostenloses Nachtschicht-Imbisspaket. Außerdem gibt es seit 2015 noch eine Wechselschichtzulage. Und durch die vielen Schichten hintereinander hat man dann eben auch mal in der Woche ein paar freie Tage am Stück, an denen man viel erledigen kann.

Das klingt fast so, als ob die Nachtschicht nur Vorteile hätte?!

Schichtarbeit ist anstrengend – körperlich wie seelisch.

PS: Das 12-Stunden-Schichtmodell war in den 1990ern eine der Bedingungen von US-Prozessorhersteller AMD gewesen, in Dresden eine Fabrik zu bauen. Inzwischen gehört das Werk zu Globalfoundries. Und dort sind nun Verhandlungen über ein neues, wneiger strapaziöses Schichtmodell im Gange. „Das Schichtthema ist auch bei uns ein ,Dauerbrenner'“ räumt Standort-Sprecherin Karin Raths ein. „Deshalb laufen gerade Gespräche zu einem neuen Schichtsystem mit acht Stunden. Das ist dann die dritte Anpassung in 23 Jahren…“

Autor: Heiko Weckbrodt

Quelle: Vor-Ort-Recherchen/Interview bei Globalfoundries Dresden, Oiger-Archiv

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt