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Rechnerwolke statt Schoko: Itelligence zieht ins Schokopack-Hochhaus Dresden

Die Assistentinnen Julia Fries (l.) und Maria Steusloff schreiten die sanierten Gänge im neuen Dresdner Sitz voon Intelligence ab. Foto: Heiko Weckbrodt

Nächster Abzweig „Hyderabad“: Die Besprechungsräume sind im umgebauten Schokopack-Haus nach Städten benannt, die für die zehn Nationalitäten im Team stehen. Hier schreiten gerade die Assistentinnen Julia Fries (l.) und Maria Steusloff die sanierten Gänge im neuen Dresdner Sitz von Intelligence ab. Foto: Heiko Weckbrodt

Software-Firma „Itelligence“ bezieht nach 20 Millionen Euro teurem Umbau ein saniertes Zeugnis der DDR-Industriearchitektur

Dresden, 26. Juni 2019. Wo einst DDR-Ingenieure Verpackungsmaschinen für Süßigkeiten entwarfen, digitalisieren heute Systemarchitekten die Müsliproduktion und designen Rechnerwolken („Clouds“) für Stahlwerke: Binnen zwei Jahren hat das Software-Unternehmen „Itelligence“ das ruinöse Schokopack-Hochhaus an der Breitscheidstraße saniert und zu seiner neuen Dresdner Niederlassung umgebaut.

Itelligence hat das Schokopack-Hochhaus in Dresden-Reick saniert - inklusive des denkmalgeschützten Treppenhauses mit dem typischen DDR-"Blutwurst-Marmor". Foto: Heiko Weckbrodt

Itelligence hat das Schokopack-Hochhaus in Dresden-Reick saniert – inklusive des denkmalgeschützten Treppenhauses mit dem typischen DDR-„Blutwurst-Marmor“. Foto: Heiko Weckbrodt

NTT-Tochter hofft auf Talentesog in Dresden

Die Tochter des japanischen Konzerns „Nippon Telegraph and Telephone“ (NTT) hat rund 20 Millionen Euro in die Rekonstruktion des denkmalgeschützten Elfgeschossers gesteckt. „Diese Investition ist für Itelligence ein klares Bekenntnis zum Standort“, betonte der Vorstandsvorsitzende Norbert Rotter. „Dresden entwickelt sich für Itelligence zu einem wichtigen Standort im globalen Unternehmensnetzwerk.“

20 Millionen Euro hat die NTT-Tochter Itelligence in die Sanierung des denkmalgeschützten Schokopack-Hochhaues in Dresden gesteckt. Foto: Heiko Weckbrodt

20 Millionen Euro hat die NTT-Tochter Itelligence in die Sanierung des denkmalgeschützten Schokopack-Hochhaues in Dresden gesteckt. Foto: Heiko Weckbrodt

300 Berater und Programmierer kümmern sich um SAP-Lösungen

Rund 300 Spezialisten entwickeln hier nun für Kundenunternehmen digitale Geschäftsprozesse, beraten sie beim Einsatz von Betriebswirtschafts-Programmen der deutschen Softwareschmiede SAP und helfen ihnen dabei, ihre Firmengeheimnisse in der Cloud zu sichern. Dafür nutzt die Dresdner auch ein Itelligence-Rechenzentrum in Bautzen.

Lars Janitz ist bei Itelligence für Sachsen zuständig. Hier begutachtet er gerade die Aussicht vom sanierten Schokopack-Hochhaus. Foto: Heiko Weckbrodt

Lars Janitz ist bei Itelligence für Sachsen zuständig. Hier begutachtet er gerade die Aussicht vom sanierten Schokopack-Hochhaus. Foto: Heiko Weckbrodt

„Wollten Schandfleck im Stadtbild beseitigen.“

„Dresden bietet mit seiner Hochschullandschaft inklusive der Exzellenzuniversität, seinen Forschungseinrichtungen, dem informationstechnologischen Fokus der Landesregierung und der Branchenvielfalt gute Voraussetzungen für unser geplantes Wachstum“, erklärte Itelligence-Sachsenchef Lars Janitz die Standortentscheidung. „Und wir wollten auch für die Stadt tun“, ergänzte Einkaufschef Frank Schwabe. „Wir hätten auch auf der grünen Wiese etwas bauen können, konnten aber dann doch den Vorstand überzeugen, lieber diesen Schandfleck im Stadtbild zu beseitigen.“

Das frühere Nagema-Hauptquartier, in dem einst die geschicke des DDR-Verpackungsmaschinenbaus dirigiert wurden, steht seit Jahrzehnten leer und verwildet. Als es errichtet wurde, galt die Bauweise des SchokopackHochhauses als innovativ. Foto: Heiko Weckbrodt

Unser Archivbild zeigt das frühere Nagema-Hauptquartier, in dem einst die Geschicke des DDR-Verpackungsmaschinenbaus dirigiert wurden, im verwüsteten Zustand von 2015. Als das Hochhaus errichtet wurde, galt die Bauweise des Schokopack-Hochhauses als innovativ. Foto: Heiko Weckbrodt

Skelette und Vandalen: Aus der Geschichte des Schokopack-Hauses

Hintergrund: Ab 1957 erhielt der VEB Schokopack einen neuen Firmensitz. Dafür bekam der staatliche Maschinenbaubetrieb das erste DDR-Hochhaus in Stahlbeton-Skelettbauweise. Später übernahm das Nagema-Kombinat den Komplex. Seit der Wende vergammelte das Hochhaus aber zusehends. Vandalen schlugen im Innern fast alles kurz und klein. Auch äußerlich verfiel das braune Hochhaus immer mehr, steht aber seit 2008 unter Denkmalschutz. 2017 kaufte dann die NTT-Tochter das Objekt und ließ das Haus zum „IT-Campus“ umbauen. Dabei retteten die Handwerker eine noch unzerstörte Weltkarte aus Meißner Porzellan, die nun einen Besprechungsraum ziert. Außerdem legten Gärtner als Referenz an die Mutter in Fernost einen japanischen Garten am Entree an.

Benachbarter Viergeschosser als Expansionsreserve

Im Hochhaus haben neben den 300 Itelligencern noch ein paar hochspezialisierte kleinere Partnerfirmen ein paar der 77 Büros und rund 9000 Quadratmetern Nutzfläche bezogen. Ganz ausgelastet sind die Etagen noch nicht. Allerdings könnte es in ein paar Jahren schon wieder eng werden: „Wir wollen hier jedes Jahr um zehn Prozent wachsen“, kündigte Norbert Rotter zur Eröffnung an. Für bis zu 500 Mitarbeiter sei der Standort an der Breitscheidstraße ausgelegt – wenn das Unternehmen auch noch den benachbarten Schokopack-Viergeschosser auslastet.

Autor: Heiko Weckbrodt

Quellen: Vor-Ort-Recherche, Itelligence, Theegarten-Patec, Oiger-Archiv, Wikipedia

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt