Software-Firma „Itelligence“ bezieht nach 20 Millionen Euro teurem Umbau ein saniertes Zeugnis der DDR-Industriearchitektur
Dresden, 26. Juni 2019. Wo einst DDR-Ingenieure Verpackungsmaschinen für Süßigkeiten entwarfen, digitalisieren heute Systemarchitekten die Müsliproduktion und designen Rechnerwolken („Clouds“) für Stahlwerke: Binnen zwei Jahren hat das Software-Unternehmen „Itelligence“ das ruinöse Schokopack-Hochhaus an der Breitscheidstraße saniert und zu seiner neuen Dresdner Niederlassung umgebaut.
NTT-Tochter hofft auf Talentesog in Dresden
Die Tochter des japanischen Konzerns „Nippon Telegraph and Telephone“ (NTT) hat rund 20 Millionen Euro in die Rekonstruktion des denkmalgeschützten Elfgeschossers gesteckt. „Diese Investition ist für Itelligence ein klares Bekenntnis zum Standort“, betonte der Vorstandsvorsitzende Norbert Rotter. „Dresden entwickelt sich für Itelligence zu einem wichtigen Standort im globalen Unternehmensnetzwerk.“
300 Berater und Programmierer kümmern sich um SAP-Lösungen
Rund 300 Spezialisten entwickeln hier nun für Kundenunternehmen digitale Geschäftsprozesse, beraten sie beim Einsatz von Betriebswirtschafts-Programmen der deutschen Softwareschmiede SAP und helfen ihnen dabei, ihre Firmengeheimnisse in der Cloud zu sichern. Dafür nutzt die Dresdner auch ein Itelligence-Rechenzentrum in Bautzen.
„Wollten Schandfleck im Stadtbild beseitigen.“
„Dresden bietet mit seiner Hochschullandschaft inklusive der Exzellenzuniversität, seinen Forschungseinrichtungen, dem informationstechnologischen Fokus der Landesregierung und der Branchenvielfalt gute Voraussetzungen für unser geplantes Wachstum“, erklärte Itelligence-Sachsenchef Lars Janitz die Standortentscheidung. „Und wir wollten auch für die Stadt tun“, ergänzte Einkaufschef Frank Schwabe. „Wir hätten auch auf der grünen Wiese etwas bauen können, konnten aber dann doch den Vorstand überzeugen, lieber diesen Schandfleck im Stadtbild zu beseitigen.“
Skelette und Vandalen: Aus der Geschichte des Schokopack-Hauses
Hintergrund: Ab 1957 erhielt der VEB Schokopack einen neuen Firmensitz. Dafür bekam der staatliche Maschinenbaubetrieb das erste DDR-Hochhaus in Stahlbeton-Skelettbauweise. Später übernahm das Nagema-Kombinat den Komplex. Seit der Wende vergammelte das Hochhaus aber zusehends. Vandalen schlugen im Innern fast alles kurz und klein. Auch äußerlich verfiel das braune Hochhaus immer mehr, steht aber seit 2008 unter Denkmalschutz. 2017 kaufte dann die NTT-Tochter das Objekt und ließ das Haus zum „IT-Campus“ umbauen. Dabei retteten die Handwerker eine noch unzerstörte Weltkarte aus Meißner Porzellan, die nun einen Besprechungsraum ziert. Außerdem legten Gärtner als Referenz an die Mutter in Fernost einen japanischen Garten am Entree an.
Benachbarter Viergeschosser als Expansionsreserve
Im Hochhaus haben neben den 300 Itelligencern noch ein paar hochspezialisierte kleinere Partnerfirmen ein paar der 77 Büros und rund 9000 Quadratmetern Nutzfläche bezogen. Ganz ausgelastet sind die Etagen noch nicht. Allerdings könnte es in ein paar Jahren schon wieder eng werden: „Wir wollen hier jedes Jahr um zehn Prozent wachsen“, kündigte Norbert Rotter zur Eröffnung an. Für bis zu 500 Mitarbeiter sei der Standort an der Breitscheidstraße ausgelegt – wenn das Unternehmen auch noch den benachbarten Schokopack-Viergeschosser auslastet.
Autor: Heiko Weckbrodt
Quellen: Vor-Ort-Recherche, Itelligence, Theegarten-Patec, Oiger-Archiv, Wikipedia
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