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Kein Umstieg auf 7-nm-Chips – US-Rüstungsindustrie fürchtet Rückstand

In Dresden gefertigter Wafer mit AMD-Vierkernprozessoren. Abb.: GF

Abb.: GF

Kommentar: Militärwirtschaft sieht die Schlüsselrolle der Höchstintegration – Europas Politiker betrachten das eher ein Nebenthema

Washington/Dresden, 26. Oktober 2018. Die US-Militärindustrie sorgt sich, weil der Auftragsfertiger Globalfoundries (GF) seine Chipproduktion in den USA nun vorerst doch nicht auf die nächste, leistungsfähigere Generation umstellen will, deren Strukturen nur noch sieben Nanometer (Millionstel Millimeter) messen. Das geht aus Berichten von „Semiconductor Engineering“ und „Heise“ hervor.

Kreis der Highend-Produzenten hat sich verkleinert

Mikroelektronikschaltkreise für höchste Rechenleistung, wie sie für das autonome Fahren, für künftige 5G-Telekommunikation, für Flugzeuge und Waffensysteme erforderlich sind, können zum Beispiel nicht in Europa hergestellt werden, weil es keine europäische Halbleiterfabrik mehr gibt, die aktuelle Spitzentechnologien mit Strukturbreiten von 7 nm und weniger beherrscht. Derzeit haben nur noch die taiwanesische Firma TSMC, die südkoreanische Firma Samsung und Intel in den USA Halbleiterfabriken, die diese Technologien der Höchstintegration von bis zu einigen Milliarden Transistoren pro Chip in der Produktion beherrschen.

Militär will nur Elektronik von speziell zertifizierten Lieferanten

GF hatte ursprünglich den Plan, in den USA – allerdings nicht in Dresden – ebenfalls in den Strukturbereich von 7 nm vorzustoßen. Inzwischen hat sich das Unternehmen angekündigt, sich vorerst auf seine bereits etablierten Technologien konzentrieren zu wollen. Seit jeher bestehen die allerdings die US-Militärs darauf, dass in ihre Waffensysteme an kritischen Stellen nur Bauelemente von „trusted vendors“ (vertrauenswürdigen Lieferanten) eingebaut werden. Die dafür nötige Zertifizierung erringen nur US-Unternehmen. Damit schützen sich die Amerikaner in diesem sensiblen Bereich vor Spionage, Sabotage und Erpressbarkeit. Globalfoundries war vom US-Verteidigungsministerium als „trusted foundry“ zertifiziert. Nun gerät die Entwicklung neuer anspruchsvoller Schaltkreise, die das 7-nm-Niveau erfordern, für die Militärs ins Stocken, da Globalfoundries aufgegeben hat.

Europa hat keine Kontrolle über Elektronikkomponenten

Man fragt sich natürlich, wie die Europäer das Problem lösen. Die Antwort ist einfach: gar nicht. Und das interessiert offenkundig auch niemanden – weder die EU noch die nationalen Regierungen. Dabei sollten sich die Verantwortlichen in Europa durchaus Gedanken machen, wie ähnliche Fälle wie das kürzlich entdeckte Einschleusen von Spionagechips in amerikanische Rechner durch chinesische Lieferanten in Europa verhindert werden können. Danach sind über 30 große amerikanische Unternehmen für ihre Rechenzentren mit dieser Spionagehardware beliefert worden, darunter Banken und selbst die großen Cloud-Rechenzentren von Apple und Amazon. Leider hat aber Europa die Kontrolle über die in sensiblen Systemen eingesetzten elektronischen Komponenten völlig aufgegeben.

Autor: Bernd Junghans

Bernd Junghans. Foto: privat

Bernd Junghans. Foto: privat

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt