Verschwörungs-Klassiker aus dem Jahr 1978 erfährt im Fake-Zeitalter eine Neuauflage auf DVD und Bluray
Das Misstrauen gegen Regierungen und das, was manche Menschen diffus als „das System“ wahrnehmen, ist im Internet-Zeitalter groß: Heute wirft jeder jedem vor, „Fake News“ zu verbreiten und die Überzeugung, dass Politiker sowieso nur lügen, ist weitverbreitet. Doch dieses Grundmisstrauen ist nicht erst mit dem Internet entstanden: Schon in den 1960ern und 1970ern erlebte die westliche Welt eine Renaissance des Zynismus. Kaum hatten amerikanische Astronauten den Fuß auf den Mond gesetzt, kursierten gleich Gerüchte, Washington habe die Mondlandung nur gestellt. Dieses Motiv hat Regisseur Peter Hyams („2010 – Das Jahr in dem wir Kontakt aufnehmen“) im Jahr 1978 in seinem Science-Fiction „Unternehmen Capricorn“ („Capricorn One“) verarbeitet: Darin erzählt er von einer angeblichen Mars-Landung der NASA, die sich schließlich als großer Schwindel entpuppt. Passend zum zynisch-paranoiden Geist unserer Zeit hat der Multimedia-Verlag „Koch“ diesen Science-Fiction-Klassiker neu fürs Heimkino veröffentlicht.
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Die Story: Nasa bekommt für viel Geld doch nur Ramsch
24 Milliarden Dollar soll sie kosten, die Reise der drei US-Astronauten Charles Brubaker (James Brolin), Peter Willis (Sam Waterston) und John Walker (der damals noch nicht des Mordes beschuldigte O. J. Simpson) zum roten Planeten. Unter Kostendruck produziert allerdings ein Zulieferer ein unzureichendes Lebenserhaltungssystem. NASA-Projektleiter James Kelloway (Hal Holbrook) beschließt insgeheim, dieses Problem zu vertuschen, weil er einen Abbruch seines Mars-Programms fürchtet: Er schickt eine leere Rakete ins All, die Astronauten hat er in letzter Minute herausgeholt und in ein abgelegenes Filmstudio entführt, wo sie für die Kameras Marslandung spielen soll. Durch einen Informanten in der NASA kriegt allerdings der Journalist Robert Caulfield (Elliot Gould) mit, dass irgendwas von dem, was die NASA da der Öffentlichkeit auf den TV-Bildschirmen präsentiert, nicht stimmen kann…
Fazit: 40 Jahre alter Kommentar auf unsere paranoide, zynische Zeit
Das aktionsreiche „Unternehmen Capricorn“, das angesichts seiner USA-kritischen Grundhaltung sogar in den DDR-Kinos gezeigt wurde, ist inzwischen ein Klassiker des Verschwörungsfilms – und steht in einer Traditionslinie mit Thrillern wie „Die drei Tage des Condors“. Anders als viele andere zynische Hollywood-Produktionen der 1970er setzt „Capricorn“ zwar auf ein Happy-End, hat aber schon damals tiefe Skepsis gegen Regierung und Eliten gesät, wie wir sie heute wieder erleben. Insofern wirkt die Neu-Veröffentlichung auf DVD und Bluray wie ein Kommentar zum aktuellen politischen Tagesgeschehen. Daneben hat der Sci-Fi-Klassiker seine nostalgischen Noten, war er doch bereits ein Abgesang auf gesellschaftlichen Zukunfts-Optimismus und Raumfahrt-Enthusiasmus. Und er offeriert ein Wiedersehen mit vielen Schauspieler-Granden wie zum Beispiel Telly Savalas („Kojack“), der hier einen abgedrehten Agrar-Piloten spielt. Unvergessen auch die Szene mit dem Schlangen-Snack – aber wir wollen denen, die den Film noch nicht gesehen haben, nicht zuviel verraten.
Bonusmaterial spiegelt ein Land zwischen Raumfahrtoptimismus und Ernüchterung
Sehenswert ist übrigens auch das Bonus-Material, das „Koch“ der Steelbook-Edition beigegeben hat. Dazu gehören eine Super-8-Fassung, die den 2-Stunden-Film auf eine halbe Stunde komprimiert, eine Bildergalerie und Aufnahmen von den Dreharbeiten. Dazu gibt es Dokus über den Wettlauf ins All, über die zeitgenössischen Zweifler an der Mondlandung, über den Film selbst und über den Zeitgeist der 1970er.
Kurzüberblick:
- Titel: „Unternehmen Capricorn“
- Originaltitel „Capricorn One“
- Produktionsland und -jahr: USA/UK 1978
- Regie: Peter Hyams
- Schauspieler: James Brolin, Sam Waterston , O.J. Simpson, Elliot Gould, Telly Savalas
Autor der Rezension: Heiko Weckbrodt
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