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Elaskon produziert künftig auch in China – weil dort Schutzzölle drohen

Das entwicklungslabor von Elaskon in Dresden. Hier experimentiert Laborleiter Dr. Michael Taubert gerade mit neuartigen Beschichtungsmitteln für Kunststoff-Seile. Wenn es nach der Geschäftsführung geht, werden solche Forschungen in Dresden künftig eine viel stärkere Rolle spielen. Foto: Heiko Weckbrodt

Das Entwicklungslabor von Elaskon in Dresden. Hier experimentiert Laborleiter Dr. Michael Taubert gerade mit neuartigen Beschichtungsmitteln für Kunststoff-Seile. Wenn es nach der Geschäftsführung geht, werden solche Forschungen in Dresden künftig eine viel stärkere Rolle spielen. Foto: Heiko Weckbrodt

Schmierstoff-Hersteller will dafür Entwicklung in Sachsen stärken und plant Seil-Forschungszentrum in Dresden

Dresden, 23. Mai 2018. Der Schmierstoff-Hersteller Elaskon will in Dresden ein Seil-Forschungszentrum aufbauen. Das hat Elaskon-Chef Karl Schwald angekündigt. „Wir haben für den September rund 150 internationale Fachleute aus der Branche zu einer Fachtagung zu unserem 90. Firmenjubiläum nach Dresden eingeladen“, teilte er mit. „Wir wollen sie überzeugen, hier ein Kompetenzzentrum für Seile zu unterstützen.“

Elaskon-Exportvertriebschef Michael Kronschnabl zeigt die schwarze Probe des Schmierstoffes "Elaskon 30", der weltweit Stahlseile vor Rost und Brüchen schützt. Auch hier an der Bergstation der Schwebebahn Dresden wird er eingesetzt. Foto. Heiko Weckbrodt

Elaskon-Exportvertriebschef Michael Kronschnabl zeigt die schwarze Probe des Schmierstoffes „Elaskon 30“, der weltweit Stahlseile vor Rost und Brüchen schützt. Auch hier an der Bergstation der Schwebebahn Dresden wird er eingesetzt. Foto. Heiko Weckbrodt

Umstellung auf Kunstfaser-Seile: Forschungsbedarf steigt

Wann und wo genau das Forschungszentrum entstehen solle, stehe noch nicht fest, räumte der Senior-Geschäftsführer ein. Aber als eine Art Keimzelle dafür sei an der TU Dresden der Weltweit modernste Prüfstand installiert worden, an dem Ingenieure die Reibwerte von Seilen testen. Weitere Spezialtechnik für die Seil-Entwicklung und -Tests seien auf andere Standorte verteilt. Einen hohen Bedarf für solche Seil-Forschungen sieht Schwald auf jeden Fall: Anbieter weltweit stellen gerade einen Teil ihrer Stahlseil-Produktion auf leichtere und rostfreie Kunststoffseile um. Dafür müssen neue Verarbeitungs- und Fehleranalyse-Verfahren entwickelt werden. Und die Kunstfaser-Seile brauchen auch neuartige Schmierstoffe, an denen Elaskon in einem neuen Geschäftsfeld gerade tüftelt. Wobei Schwald überzeugt ist: „Stahlseile wird es für Bergbahnen, Ölplattformen und andere Anlagen weiter geben. Kunstfaserseile sind dort sinnvoll,  wo es auf eine leichte Bauweise ankommt.“

Eine Laborantin bringt im Elaskon-Entwicklungslabor eine mineralölhaltige Probe auf etwa 100 Grad, um dann ihre Viskosität messen zu können. Foto: Heiko Weckbrodt

Eine Laborantin bringt im Elaskon-Entwicklungslabor eine mineralölhaltige Probe auf etwa 100 Grad, um dann ihre Viskosität messen zu können. Foto: Heiko Weckbrodt

Dresdner wollen Knowhow-Lücke besetzen

Ein Zugewinn wäre ein Seiltechnologie-Zentrum für Elaskon und den Standort gleichermaßen: Laut dem Elaskon-Chef haben die ETH Zürich und die Uni Stuttgart ihre Seil-Forschungen reduziert, daher habe Dresden nun eine gute Chance, eine international führende Rolle in diesem Sektor einzunehmen. Und das traditionsreiche Unternehmen aus Dresden-Reich selbst gilt als einer der Nischen-Weltmarktführer für die Stahlseil-Konservierung. Die Schmier- und Versiegelungsstoffe aus Sachsen sorgen in China ebenso wie auf dem südafrikanischen Tafelberg, in Australien und auf hoher See dafür, dass Drahtseile jahrzehntelang halten, statt nach wenigen Jahren den Halt zu verlieren.

Basisrezepte zu DDR-Zeiten entwickelt

Die Basisrezepte für diese maschinenleben-verlängernden Stoffe hatte der Spezialist Günther Gedecke bereits zu DDR-Zeiten ersonnen. Nach der Wende übernahm der süddeutsche Chemiehandels-Manager Karl Schwald den Chemiebetrieb, sanierte den Standort gemeinsam mit dem Land. ließ die Grundrezepte weiterentwickeln und führte das zuletzt hochdefizitäre Unternehmen zu internationalen Erfolgen und Gewinnen zurück. Mittlerweile beschäftigt er 86 Mitarbeiter.

5 % Umsatzwachstum für 2018 erwartet

Rund 60 Prozent der Seil-Schmierstoffe, Bau-Trennstoffe, Fahrzeug-Konservierungsmittel und anderen Produkte aus der Fabrik an der Lohrmannstraße gehen in den Export. In 60 Ländern sitzen die Kunden, darunter viele große Seil-Produzenten. Allein in den vergangenen acht Jahren haben die Verkäufe um etwa die Hälfte zugelegt: 2010 setzte das Unternehmen 19,5 Millionen Euro um, 2017 waren es 28,5 Millionen Euro und für 2018 rechnet Schwald mit etwa 30 Millionen Euro Umsatz.

Chemiefabrik in China geplant, weil neue Einfuhrzölle drohen

Einen Teil seiner Produktion wird Elaskon allerdings künftig in China erledigen. Denn auch der Mittelständler aus Reick bekommt die Vorwehen eines möglichen Handelskrieges zu spüren: Das Reich der Mitte erhebt künftig auf jegliche Mineralöl-Produkte Einführzölle. Dies würde die Elaskon-Schmierstoffe auf dem chinesischen Markt um 15 Prozent verteuern, erklärte Schwald. Daher die Entscheidung: Hatte das Unternehmen bisher die Dresdner Chemikalien nur in einer vierköpfigen Dependance in Schanghai konfektioniert und verkauft, wird die China-Tochter voraussichtlich 2019 in eine eigene Fabrik umziehen und dort auch produzieren. Jobverluste im Stammwerk durch die Expansion in China schloss der Senior-Geschäftsführer auf Anfrage aus. Denn die entscheidenden Zusätze, die geheimen Additive, stellt Elaskon weiter in Dresden her, um Produktpiraterie zu erschweren. „Das hatten wir alles schon“, erzählt der Chef. „Kaum waren wir in China, da gab es dort plötzlich ein Produkt ähnlich unserem – das hieß dann ,Eskalon’.“

Seniorchef Karl Schwald und sein Sohn und Juniorchef Tobias Schwald (rechts). Foto. Sabine Mutschke

Seniorchef Karl Schwald und sein Sohn und Juniorchef Tobias Schwald (rechts) vor einer wand aus Elaskon-Fässern. Foto. Sabine Mutschke

Chefwechsel geplant

Bald wird Karl Schwald ohnehin viel mehr Zeit fürs China-Geschäft haben: „Ich bin jetzt 60. Mit 63 will ich mich aus dem operativen Geschäft zurückziehen und eine Mehrheit der Gesellschafteranteile an meinen Sohn Tobias übergeben.“ Der ist 34, arbeitete lange in der Versicherungsbranche, wechselte aber 2012 ins väterliche Unternehmen – seit 2014 ist er auch Junior-Geschäftsführer. Und der Senior? Anders als hierzulande oder in Amerika genieße ein betagter Geschäftsmann im Reich der Mitte noch besonderen Respekt, schätzte Karl Schwald ein. „Da bekommt man als Älterer manchen Gesprächspartner an den Verhandlungstisch, der sonst nicht kommen würde.“ Da wird wohl jemand demnächst seine Chinesisch-Kenntnisse aufpolieren…

Autor: Heiko Weckbrodt

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt