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Robotische Götter

Die Installation "Bappa 4.0" von Emmanuel Grimault in den TSD.

Die Installation „Bappa 4.0“ von Emmanuel Grimault in den TSD.

Sonderschau „When Machines Are Dreaming“ in den Technischen Sammlungen Dresden lotet die Grenzen zum Künstlichen Bewusstsein aus

Dresden, 21. Oktober 2017. Die göttliche Parvati schuf aus Lehm einen Sohn für Shiva, den Zerstörer. Doch Shiva wusste nichts davon und schlug seinem Sohn Ganesha den Kopf ab. Als er seinen Fehler begriff, setzte der Gott seinem Sohn einen Elefantenkopf auf – und so wird Ganesha seither von den Indern verehrt. Liebevoll auch „Bappa“ genannt. Doch ein paar Tausend Jahre später taucht in einem indischen Dorf ein körperlicher Ganesha auf. Nicht aus Fleisch und Blut, sondern aus Stahl, Gummi und Elektronik. Er spricht zu den Menschen, antwortet auf ihre Fragen. Die Gläubigen zaudern: Einerseits wissen sie, dass dies nur ein technologischer Homunculus sein kann, auf der anderen Seite verkörpert „Bappa 2.0“ soviel von dem, was sie mit dem Göttlichen verknüpfen…

Grafik: Ernst Markus Stein

Grafik: Ernst Markus Stein

Birgt Technik religiöse Züge – oder können Götter auch Kunstwesen sein?

Zu sehen ist die gleichnamige Installation des Künstlers Emmanuel Grimault ab Sonnabend in den Technischen Sammlungen Dresden (TSD) – und ist Teil der neuen Sonderausstellung „When Machines are Dreaming“. „Hinter Bappa 2.0 steht auch die Frage: Was sind höhere Dinge?“, interpretiert Andreas Ullrich vom Dresdner „Netzwerk | Medien | Kunst“, der gemeinsam mit Kurator Stephan Franck die Medienkunstschau organisiert hat. Zweifellos sei den Menschen in dem indischen Dorf, die diese Installation live erlebten, klar gewesen, dass da ein Roboter zu ihnen sprach, meint er. Vollends sicher seien sie darüber aber wohl doch nicht gewesen. Insofern stehe Bappa 2.0 auch für ein Phänomen des Digitalzeitalters, in der Technologie und Religion für manchen gar verschwimmen.

Isaac Asimov 1965. Abb.: US-Kongressbibliothek/Wikipedia

Hat die Gegenwart die Zukunft überholt?

Solch technologische Metaphysik ist eines der Kernthemen der neuen Sonderausstellung, die mit dem Hackerfestival „Datenspuren“ am Wochenende eröffnet wird. Denn „When Machines are Dreaming“ referiert auf die Science-Fiction-Literatur des 20. Jahrhunderts. Auf Autoren wie Asimov, Lem oder Dick, die sich schon vor Jahrzehnten intensiv über die Schwelle zwischen kalter Elektronbikschaltung und künstlichem Bewusstsein Gedanken machten.

Automatisierte Maschinenbeladung mit schienengebundenen Robotern in einer Infineon-Fabrik. Foto: Fabmatics

Automatisierte Maschinenbeladung mit schienengebundenen Robotern in einer Infineon-Fabrik. Foto: Fabmatics

Was tun Industrieroboter, wenn keiner hinguckt?

Was, so fragt eine andere Installation, tun eigentlich die Roboter der hochautomatisierten „Industrie 4.0“-Fabriken, wenn kein Mensch hinschaut? Wieder eine andere Installation lässt Maschinen frei assoziieren: Zwei Rechner stehen sich gegenüber. Einer hat eine verschlagwortete Bilderdatenbank, der andere eine Themendatenbank. Der eine zeigt Fotos, der andere antwortet mit einer Wortassoziation. Dann dreht sich das Spiel: Nr. 2 wirft ein Wort hin und Nr. 1 sucht ein passendes Bild – und so weiter und so fort. „Sind das zwei Nachschlagewerke, die sich da gegenüber stehen?“, fragt sich Andreas Ullrich. „Oder ist das schon Bewusstsein?“

Autor: Heiko Weckbrodt

  • Sonderschau „When Machines Are Dreaming“ in den Technischen Sammlungen Dresden, Junghansstraße 1, 21. Oktober bis 14. November 2017, jeweils Dienstag bis Freitag 9-17 Uhr sowie Samstag und Sonntag 10-18 Uhr, Eröffnung am 21. Oktober, 15.30 Uhr, am Rande des Hackerfestivals „Datenspuren“, mehr Infos: whenmachinesaredreaming.net
Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt

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