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Vom DDR-Atomtraum zum planetaren Schutzschild

Mit Super-Lasern wie dem Draco und Penelope wollen die Rossendorfer Forscher sehr kompakte Protonenbeschleuniger konstruieren, die zum Beispiel Hirnkrebs-Therapien auch in kleineren Krankenhäusern möglich machen sollen. Foto: HZDR/Jürgen Lösel

Mit Super-Lasern wie dem Draco und Penelope wollen die Rossendorfer Forscher sehr kompakte Protonenbeschleuniger konstruieren, die zum Beispiel Hirnkrebs-Therapien auch in kleineren Krankenhäusern möglich machen sollen. Foto: HZDR/Jürgen Lösel

25 nach dem Neustart: Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf feiert neue Weichenstellung nach der Wende

Dresden, 12. Oktober 2017. Was einst als Wiege eines DDR-Atomprogramms gedacht war, ist heute ein deutschlandweit führendes Zentrum für Materialforschung, modernste Krebstherapien, Ressourcen-Wiedergewinnung, Supercomputer-Simulationen und andere Disziplinen: Mit einem Symposium, Vorträgen und Filmvorführungen am 12. und 13. Oktober feiert das heutige Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR) seinen Neustart vor 25 Jahren. Damals entstand aus dem Zentralinstitut für Kernforschung (ZfK) der DDR das „Forschungszentrum Rossendorf“ (FZD), das 2011 schließlich in die Helmholtz-Gemeinschaft wechselte. Die Belegschaft hat sich seither auf rund 1000 Mitarbeiter verdoppelt – darunter 30 Professoren. Das Gesamtbudget betrug im Jahr 2016 rund 130 Millionen Euro – inklusive 20 Millionen Euro aus Projekt- und Drittmitteln.

Am Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf beschäftigen sich Biologen, Chemiker, Physiker und Mediziner mit der Erforschung und Behandlung von Krebskrankheiten. Sie forschen an radioaktiven Substanzen und Medikamenten, entwickeln bildgebende Verfahren weiter und untersuchen neue Möglichkeiten hochpräziser Bestrahlungstechniken sowie neuartige Strahlungsarten wie laserbeschleunigte Protonenstrahlen. Foto: HZDR/Oliver Killig

Am Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf beschäftigen sich Biologen, Chemiker, Physiker und Mediziner mit der Erforschung und Behandlung von Krebskrankheiten. Sie forschen an radioaktiven Substanzen und Medikamenten, entwickeln bildgebende Verfahren weiter und untersuchen neue Möglichkeiten hochpräziser Bestrahlungstechniken sowie neuartige Strahlungsarten wie laserbeschleunigte Protonenstrahlen. Foto: HZDR/Oliver Killig

Spionage-Fuchs wurde Vize-Direktor

Das Forschungszentrum am Rande der Stadt hatte in Ostdeutschland von Anfang an einen besonderen Stellenwert und Glamour: Nachdem die sowjetischen „Freunde“ die Zügel etwas lockerer für die DDR gelassen hatten, legte auch die DDR ein eigenes, wenn auch eher bescheidenes Atomprogramm auf. Im Fokus standen dabei vor allem die zivile Energiegewinnung und die Isotopen-Medizin. In diesem Kontext entstand am 1. Januar 1956 das Zentralinstitut für Kernphysik auf einer riesigen Lichtung, die Bagger eigens dafür in den Rossendorfer Forst gefräst hatten. Zentrale Aggregate waren ein sowjetischer Kernforschungsreaktor und ein Zyklotron. Gründungsdirektor war Prof. Heinz Barwich, bekannter war aber einer der späteren Vizedirektoren: der deutsch-britische Kernphysiker und Atombomben-Spion Klaus Fuchs.

Akademiker-Alltagsfreuden in der DDR: Das Kollektiv hat ein eigenes Elektronen-Mikroskop! Autor Gerhard Barkleit ist auf dieser Aufnahme in der Mitte im Pullover zu sehen. Foto (bearbeitet): Dr. Gabriele Barkleit

Akademiker-Alltagsfreuden in der DDR: Das Kollektiv hat ein eigenes Elektronen-Mikroskop! Schon zu DDR-Zeiten war das Rossendorfer Institut besonders gut ausgestattet. Foto (bearbeitet): Dr. Gabriele Barkleit

Neustart nach der Wende: Verein übernimmt Reaktor, der große Rest wird Leibniz-Zentrum

Ende der 1980er hatte das Zentralinstitut, das zur Akademie der Wissenschaften der DDR gehörte, bis zu 1560 Mitarbeiter. Nach der Wende wurde das ZfK Ende 1991 aufgelöst. Als indirekte Nachfolger entstanden per Neugründung zwei indirekte Nachfolger: Der Verein für Kernverfahrenstechnik und Analytik Rossendorf (VKTA) kümmerte sich fortan um den Abbruch und die Entsorgung der alten Kernreaktoren. Befreit von dieser Altlast gründete sich außerdem Anfang 1992 das Forschungszentrum Rossendorf, das zunächst in die Regie der Leibniz-Gemeinschaft kam. Nach und nach entstanden dort eine Reihe von Großforschungsgeräten, die das Profil der Einrichtung immer mehr veränderten: die Strahlungsquelle, ein Hochfeld-Magnetlabor, ein Ionenstrahlzentrum, Großlaser und andere Aggregate.

Roland Sauerbrey. Foto: HZDR, Oliver Killig

Roland Sauerbrey. Foto: HZDR, Oliver Killig

Wechsel in die nächste Liga: Von Leibniz zu Helmholtz

Damit entwuchs das FZD auch immer mehr der kleinteiligeren Leibniz-Gemeinschaft, agierte zudem auch international immer erfolgreicher. Unter Direktor Prof. Roland Sauerbrey wechselte das Zentrum in der Konsequenz in die Helmholtz-Gemeinschaft, die stärker auf Forschung mit Großgeräten spezialisiert ist.  „Die Forschung zu den Schwerpunkten Energie, Gesundheit und Materie ist in der praktischen Arbeit unserer acht Institute eng miteinander verwoben“, betonte der Wissenschaftliche Direktor des HZDR, Prof. Roland Sauerbrey.

Skizze des Dresdyn mit dem Flüssigmetallkern (Zylinder in der Mitte) und den Dreh- und Taimel-Vorrichtungen (farbig). Abb.: HZDR

Skizze des Dresdyn mit dem Flüssigmetallkern (Zylinder in der Mitte) und den Dreh- und Taimel-Vorrichtungen (farbig). Abb.: HZDR

DRESDYN zündet Planetenkern

Weitere ehrgeizige Projekte stehen inzwischen vor der Fertigstellung. Das wohl spektakulärste Aggregat darunter ist der DRESDYN: Ein frei rotierbarer Zylinder aus flüssigem Metall. Damit wollen die Rossendorfer Forscher unter anderem jenen magischen Moment nachstellen, der das Leben auf der Erde erst möglich machte: Als im flüssige Planetenkern plötzlich ein starkes Magnetfeld entstand, das seitdem die Erde vor der tödlichen Strahlung aus dem All schützt.

Autor: Heiko Weckbrodt

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt

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