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Ein sechster Sinn für den Menschen

Arbeitet an extrem dünnen Magnetfolien: Dr. Denys Makarov vom Institut für Ionenstrahlphysik und Materialforschungim Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf. Foto: HZDR/Detlev Müller

Arbeitet an extrem dünnen Magnetfolien: Dr. Denys Makarov vom Institut für Ionenstrahlphysik und Materialforschung im Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf. Foto: HZDR/Detlev Müller

Der ukrainische Physiker Denys Makarov forscht in Dresden-Rossendorf an hauchdünnen Folien, die Magnefelder für den Menschen „spürbar“ machen sollen

Dresden-Rossendorf, 22. Mai 2017. Die Gesten, mit denen wir heute so schön unsere Smartphones und Tablets steuern, müssen zukünftig durch neue Lösungen erweitert werden – jedenfalls wenn es nach Dr. Denys Makarov geht. Den nächsten Schritt sieht der Physiker in einem magnetischen sechsten Sinn für die Menschen: Streckt der Mensch der Zukunft die Hand aus, kann er mit bloßen Gesten im Raum Telefone, Maschinen und Augmented-Reality-Umgebungen steuern.

„Müssen auch die kognitive Psychologie beachten“

Möglich machen sollen dies hauchdünne Folien mit Magnetsensoren und anderer flexibler Elektronik, an denen die Forschungsgruppe „Intelligente Werkstoffe und Funktionselemente“ von Denys Makarov arbeitet. Bevor wir alle aber solch eine Magnet-Haut tragen können, ist noch ein ganzes Stück Weg zu gehen – nicht nur technologisch: „Wir müssen auch die kognitive Psychologie beachten“, betont der Forscher. „Wir werden Fragen untersuchen müssen wie: Bekommen wir mentale Probleme, wenn wir plötzlich einen weiteren Sinn haben? In welche Signale übersetzen wir Magnetismus?“

Ins „High Potential“-Programm aufgenommen

Am HZDR sehen die Entscheider großes Potenzial in den Forschungsansätzen des 35-jährigen Physikers. Im Oktober 2015 haben sie ihn als Exzellenz-Fellow in das „High Potential“-Programm des Forschungszentrums aufgenommen. Der Wechsel zur Helmholtz-Gemeinschaft war für den Wissenschaftler eine gute Chance, neue Pfade einzuschlagen: „Am Institut für Ionenstrahlphysik und Materialforschung konnte ich ein neues Labor einrichten, Messgeräte, Lithografie- und Abscheidungsanlagen installieren und ein eigenes Team aufbauen.“

Auch ein eigenes Lithografie-Labor mit dem typischen Gelblicht hat das Team um Dr. Denys Makarov zur Verfügung. Foto: Heiko Weckbrodt

Auch ein eigenes Lithografie-Labor mit dem typischen Gelblicht hat das Team um Dr. Denys Makarov zur Verfügung. Foto: Heiko Weckbrodt

Interdisziplinäres Team

Spielräume, langen Atem und ein interdisziplinäres Team braucht Denys Makarov, um seine Magnetfolien zur Marktreife zu führen. Er setzt auf flexible, etwa 1,7 Mikrometer dünne Polymer-Folien, die er mit metallischen Funktionselementen in Dünnschicht-Technologie bedampft. Dadurch erzeugt er dehn- und rollbare Magnetsensoren und andere flexible Elektronik. Sein Team arbeitet eng mit dem Ionenstrahlzentrum zusammen.

Elektrokonzern will dünne Sensoren testen

„Technologisch ist unsere Gruppe recht weit: Magnetfolien, die so empfindlich sind, dass sie das Erdmagnetfeld erspüren und zur Navigation nutzen könnten, sind bereits in greifbarer Nähe.“ Ganz oben steht für das Team aber derzeit die Aufgabe, praktische Anwendungen für die elektronischen Sensor-Folien zu finden. „Erste vielversprechende Schritte sind getan: Wir haben Kontakte zur Industrie aufgebaut und einen großen Elektrokonzern gefunden, der unsere Sensoren testen will“, betont der Physiker.

Kernkomponenten wie der elektromotor und die Langzeit-Speicherkraft des Akkus bestimmen wesentlich die Leistungskraft eines Elektrofahrrades. Foto: Heiko Weckbrodt

Kernkomponenten wie der elektromotor und die Langzeit-Speicherkraft des Akkus bestimmen wesentlich die Leistungskraft eines Elektrofahrrades. Foto: Heiko Weckbrodt

Sensorfolien sollen Lebensdauer von E-Bikes verlängern

Speziell ist daran gedacht, die formbaren Magnetsensoren in Elektromotoren einzubauen – in den dünnen Luftspalt zwischen Rotor und Stator. „Da passen herkömmliche Sensoren gar nicht hinein, unsere Folien sind also eine echte Marktneuheit.“ Gelingt diese Integration, könnten die Sensordaten genutzt werden, um Elektromotoren besser auszusteuern, um Defekte zu erkennen und die Lebensdauer und Leistungskraft der Aggregate zu erhöhen, sagt der Forscher. „Das könnte die Leistungsgrenzen von Elektroautos und E-Bikes, aber auch von Kompressoren auf Offshore-Ölplattformen deutlich verbessern. Gerade letztere müssen extrem zuverlässig funktionieren. Auf hoher See ist jeder Schaden, der zu spät erkannt wird, eine ökonomische Katastrophe.“

Firmen-Ausgründungen auf der Agenda

Über kurz oder lang rechnet der Physiker mit einem Technologietransfer in die Industrie. „Ich kann mir vorstellen, dass ein oder mehrere Spin-Offs entstehen.“

Kurzbiografie Denys Makarov

Dr. Denys Makarov wurde 1981 in der Ukraine geboren, studierte an der Universität Kiew angewandte Physik und Materialwissenschaft. 2005 promovierte er an der Universität Konstanz über Magnetismus. Nach einem Intermezzo an der TU Chemnitz (2009 –10) kam er im November 2010 ans Leibniz-Institut für Festkörper- und Werkstoffforschung Dresden (IFW). Im Oktober 2015 wechselte er als Gruppenleiter ans HZDR und brachte den 2012 eingeworbenen „ERC Starting Grant“ mit. Denys Makarov ist verheiratet und hat eine zweijährige Tochter.

Autor: Heiko Weckbrodt

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt

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