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Fliegende Roboter und Produktionsfarmen aus 3D-Druckern

In den Dresdner Chipfabriken von Infineon werden viele „Industrie 4.0“-Prinzipien schon heute erprobt – auch das Miteinander von Roboter und Mensch. Hier zu sehen ist ein weitgehend autonom agierenden Rollroboter, der das Reinraum-Wetter überwacht. Foto: Heiko Weckbrodt

Infineon startet in Dresden Schlüsselprojekt für Industrie 4.0

Dresden, 19. Mai 2017. Infineon-Konzerchef Reinhard Ploss und der sächsische Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) haben heute in Dresden mit „Productive 4.0“ die bisher größte europäische Forschungs-Initiative für die vernetzten und hochautomatischen Fabriken der Zukunft gestartet. Dotiert ist das Projekt mit 106 Millionen Euro. Davon steuern EU und beteiligte Mitgliedsländer 51 Millionen Euro bei. Weitere 9,6 Millionen Euro kommen vom Freistaat Sachsen und vom Bundesforschungsministerium. Den Rest legen die Industriepartner in den Topf.

„Productive 4.0“ ist bislang größte Verbundinitiative für Entwicklung vernetzter Fabriken

Unter Leitung von Infineon haben sich dafür 109 Unternehmen und Institute aus 19 Ländern zusammengetan. Dazu gehören Autobauer wie BMW und Volvo, Technologiekonzerne wie Thales, ABB, Philips und Bosch, aber auch mehrere Fraunhofer-Institute, die TU Dresden und die das Karlsruher Institut für Technologie. Zusammen wollen sie bis zum Jahr 2020 digitale Technologien entwickeln, die Europas Wirtschaft für die vierte industrielle Revolution („Industrie 4.0“) und das übergeordnete „Internet der Dinge“ (IoT) benötigt.

Projektstart für "Productive 4.0" bei Infineon Dresden: Wolf-Dieter Lukas vom BMBF (links) übergibt an Infineon-Konzernchef Reinhard Pluss (Mitte) den Förderbescheid. Auch der Freistaat Sachsen, vertreten durch Ministerpräsidend Stanislaw Tillich, steuert 4,5 Millionen Euro bei. Foto: Heiko Weckbrodt

Projektstart für „Productive 4.0“ bei Infineon Dresden: Wolf-Dieter Lukas vom BMBF (links) übergibt an Infineon-Konzernchef Reinhard Pluss (Mitte) den Förderbescheid. Auch der Freistaat Sachsen, vertreten durch Ministerpräsidend Stanislaw Tillich, steuert 4,5 Millionen Euro bei. Foto: Heiko Weckbrodt

Industrievertreter: Hochautomatisierung soll Jobs in Europa halten

„IoT ist ein Schlüsseltrend für die digitale Transformation unserer Gesellschaft“, ist Infineon-Boss Ploss überzeugt. Europa könne und müsse da eine wichtige Rolle spielen. „Mikroelektronik ist ein zentraler Treiber für die weitere Digitalisierung der Fertigungsindustrie“, unterstrich der Manager. „Durch den hohen Automatisierungsgrad kann unsere Industrie beispielhaft aufzeigen, wie hochwertige Arbeitsplätze sowie wichtige Teile der Wertschöpfungskette in Europa gehalten werden können.“

Projektstart für "Productive 4.0" bei Infineon Dresden; Laila Gide vom Thales-Konzern ist zugleich Präsidentin der Industrie-Assoziation "Artemis" in Frankreich. Foto: Heiko Weckbrodt

Projektstart für „Productive 4.0“ bei Infineon Dresden; Laila Gide vom Thales-Konzern ist zugleich Präsidentin der Industrie-Assoziation „Artemis“ in Frankreich. Foto: Heiko Weckbrodt

Auch andere Projektpartner traten Befürchtungen entgegen, massenhaft Arbeitsplätze zu vernichten, wenn sie hochautomatische, fast menschenleere Roboter-Fabriken ausrüsten. „Wir zerstören nicht Jobs durch automatische Fabriken, sondern schaffen bessere Jobs“, argumentierte Laila Gide vom französischen Technologiekonzern Thales.

Auch schnellere Marktreife erwartet

Im Fokus von „Productive 4.0“ werden Computerchips, Sensoren, technische Geräte, Software und Komplettlösungen stehen, um die Maschinen und Roboter hochautomatischer Fabriken untereinander und mit den Zulieferfirmen zu vernetzen, so dass Materialzufuhr und Produktabsatz nie stocken. „Vernetzung in Echtzeit entlang der gesamten Wertschöpfungskette wird die Flexibilität in Entwicklung und Produktion dramatisch erhöhen und so die Zeiten bis zur Marktreife verkürzen“, erklärte Infineon-Chef Reinhard Ploss, der gemeinsam mit seinem Entwicklungsdirektor Knut Hufeld zu den Initiatoren des großangelegten Verbundprojekts gehört.

In den Dresdner Chipfabriken von Infineon werden viele "Industrie 4.0"-Prinzipien schon heute erprobt - auch das Miteinander von Roboter und Mensch. Erst kürzlich hatte der Halbleiterkonzern auch die Wafer-Transporte noch einmal nachautomatisiert. Foto: Heiko Weckbrodt

In den Dresdner Chipfabriken von Infineon werden viele „Industrie 4.0“-Prinzipien schon heute erprobt – auch das Miteinander von Roboter und Mensch. Erst kürzlich hatte der Halbleiterkonzern auch die Wafer-Transporte noch einmal nachautomatisiert. Foto: Heiko Weckbrodt

Die Losgröße 1 im Blick

In drei Jahren wollen die Partner dann 20 Pilotprodukte und -linien rund um die Industrie 4.0 präsentieren. Geplant sind zum Beispiel eine Fertigungsstraße, die auch bei Einzelanfertigungen („Losgröße 1“) noch profitabel arbeitet, außerdem fliegende autonome Roboter, eine hochflexible Fabrik, die aus 3D-Druckern gebildet wird, sowie virtuelle Instrumente für die Produktionsplanung.

Projektstart für "Productive 4.0" bei Infineon Dresden; Infineon-Entwicklungsdirektor Knut Hufeld hat das Projekt "Productive 4.0" inittiiert. Foto: Heiko Weckbrodt

Infineon-Entwicklungsdirektor Knut Hufeld hat das Projekt „Productive 4.0“ inittiiert. Foto: Heiko Weckbrodt

Verbund soll auch wirtschaftspolitische Signale senden

Neben diesen konkreten Produktivitätsschüben für Automobil- und Maschinenbau, Robotik, Konsumgüter-Industrie und Halbleiter-Fabriken verfolgt „Productive 4.0“ auch ein ideelles Ziel. Mit seinem ambitionierten Zielen, der starken internationalen Beteiligung und seinen besonderen Finanzierungs-Säulen soll das Projekt auch das Signal aussenden: Ja, Europa ist willens und fähig, sich aufzuraffen und Megatrends wie das Internet der Dinge mitzubestimmen – und nicht wieder mal den USA und Asien das Feld zu überlassen.

Vom vor vier Jahren ausgerufenen EU-Ziel, den Weltmarktanteil der europäischen Mikroelektronik bis 2020 auf 20 Prozent zu verdoppeln, ist die Gemeinschaft indes weiter meilenweit entfernt: Zuletzt hatten die Marktanalysten von IC Insights Europas Weltmarktanteil auf nur noch etwa sechs Prozent taxiert.

Autor: Heiko Weckbrodt

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt

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