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Bund steckt 400 Millionen in Mikroelektronik-Forschung

Die Forschungsfabrik Mikroelektronik wird Elektronikforschung auf internationalem Spitzenniveau ermöglichen - hier ein Blick in den Reinraum des Dresdner Fraunhofer-Institut für Photonik (IPMS). Foto. Fraunhofer-IPMS

Die Forschungsfabrik Mikroelektronik wird Elektronikforschung auf internationalem Spitzenniveau ermöglichen – hier ein Blick in den Reinraum des Dresdner Fraunhofer-Institut für Photonik (IPMS). Foto. Fraunhofer-IPMS

Forschungsfabrik Mikroelektronik Deutschland: Ein Viertel fließt nach Sachsen – vor allem an Fraunhofer

Berlin/Dresden, 6. April 2017. Das Bundesforschungsministerium investiert bis 2020 rund 400 Millionen Euro in die deutsche Mikroelektronik-Forschung. Anteilig am meisten profitieren die Fraunhofer-Institute in Dresden von der Förderung: Ein Viertel der Gelder aus dem Programm „Forschungsfabrik Mikroelektronik Deutschland“ fließt nach Sachsen und da wiederum vor allem in die Fraunhofer-Institute für Photonik (IPMS), Chipdesign (EAS) und 3D-Chips (ASSID – IZM) in Dresden sowie in das ENAS in Chemnitz.

Wanka will Schlüsselindustrien stärken

„Wir brauchen im Zeitalter der Digitalisierung mehr Hightech-Wachstum in Europa“, betonte Bundesforschungs-Ministerin Johanna Wanka (CDU). „In der ,Forschungsfabrik Mikroelektronik Deutschland‘ bündeln wir unsere exzellente Forschung. Damit werden wir auch international als Schwergewicht der Forschung sichtbar und haben die große Chance, selber entscheidende IT-Entwicklungen anzustoßen. Das ist ein Beitrag zur Stärkung einer wichtigen Schlüsselindustrie, auch mit Blick auf Europa, Wirtschaftswachstum und Arbeitsplätze.“

Die meiste Mikroelektronik-.Forschungsförderung fließt nach Sachsen und Bayern. Grafik: BMBF

Die meiste Mikroelektronik-.Forschungsförderung fließt nach Sachsen und Bayern. Grafik: BMBF

Auch Hochschulen bekommen etwas ab

Rund 50 Millionen Euro aus dem Topf „Forschungsfabrik Mikroelektronik Deutschland“ sollen ab 2018 an Hochschulen ausgereicht werden, „die die Forschungsschwerpunkte in der Forschungsfabrik inhaltlich ergänzen“, teilte das Ministerium mit. Rechnet man das Rahmenprogramm „Mikroelektronik aus Deutschland – Innovationstreiber der Digitalisierung“ ein, fördert das Bundesforschungsministerium die Mikroelektronik-Innovationen bis 2020 mit insgesamt rund 800 Millionen Euro.

Dresdens OB Hilbert: Wichtige Weichenstellung

Auch der Dresdner Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) begrüßte die Zusagen des Bundes: „Das Programm des BMBF ist eine wichtige Weichenstellung“, betonte er. „Dass ein großer Teil der Investition in die Region Dresden fließt, ist eine sehr gute Nachricht. Das stärkt Europas führenden Mikro- und Nanoelektronik-Cluster und macht den Wirtschafts- und Wissenschaftsstandort zukunftssicher. Silicon Saxony verfügt über die entscheidenden Technologien und Kompetenzen, um die digitale Zukunft mitgestalten zu können.“

500 neue Jobs deutschlandweit erwartet

Dabei ist die „Forschungsfabrik Mikroelektronik“ (FMD) nicht als physische Fabrik, sondern als ideeller Zusammenschluss von Instituten zu verstehen, die an Mikroelektronik-Themen forschen. Die Gelder sollen insbesondere Lücken in der technischen Ausstattung der Institute schließen. Das Dresdner Photonik-Institut IPMS geht davon aus, dass in der FMD anfänglich deutschlandweit rund 2000 Wissenschaftler zusammenarbeiten werden – und weitere 500 Akademiker-Jobs durch das Förderprogramm entstehen werden.

Sinneswandel beim Bund

Nach der Jahrtausendwende hatte sich der Bund mit Investitionen in die Halbleiter-Branche zunächst eher zurückgehalten. Nach der Chipkrise 2008-2010, der auch die Infineon-Speicherchiptochter Qimonda zum Opfer fiel, und auch unter dem Druck der Mikroelektronik-Standorte Sachsen und Bayern setzte dann in Berlin ein Sinneswandel ein. Auch die hohen Erwartungen, die der Bund mit den hochautomatisierten und vernetzten Fabriken der „Industrie 4.0“ verknüpft, hatten zu einer größeren Förderbereitschaft des Bundes für die deutsche Halbleiter-Branche geführt. Denn bereits absehbar ist, dass die Evolution hin zur Industrie 4.0 nicht allein an Roboter- und Maschinen-Herstellern hängen wird, sondern auch an einer starken Software-Industrie und Mikroelektronik.

Forschungsfabrik soll in Brüssel weitere Gelder locker machen

Die „Forschungsfabrik“ soll einen anderen Vorstoß deutscher Wirtschaftspolitiker in Brüssel unterstützen: Das Bundeswirtschaftsministerium hat eine außerordentliche Förderung für die Mikroelektronik, ein sogenanntes „Important Project of Common European Interest“ (IPCEI) bei der EU beantragt. Dieses vroaussichtlich milliardenschwere Programm soll dann auch die deutsche Halbleiterindustrie für die nächsten Produktgenerationen ertüchtigen.

Physiker Michael Kuntzsch arbeitet an der TELBE-Anlage, die in Dresden-Rossendorf besonders brillante Terahertz-Strahlung erzeugt. Die Forscher versprechen sich noch Großes von den Analyse-Fähigkeiten dieser Durchlechtungstechnik. Foto: HZDR/Frank Bierstedt

Physiker Michael Kuntzsch arbeitet an der TELBE-Anlage, die in Dresden-Rossendorf besonders brillante Terahertz-Strahlung erzeugt. Die Forscher versprechen sich noch Großes von den Analyse-Fähigkeiten dieser Durchlechtungstechnik. Foto: HZDR/Frank Bierstedt

Terahertz-WLAN und Quantencomputer auf der Agenda

„Während das IPCEI auf den Aufbau von industriellen Produktionskapazitäten fokussiert ist, wird die Fraunhofer-Gesellschaft in Kooperation mit den Leibniz-Instituten IHP und FBH mithilfe der Forschungsfabrik Mikroelektronik Deutschland die begleitende Forschung und Entwicklung zur Verfügung stellen“, hieß es vom federführenden IPMS. Daher sollen in der Forschungsfabrik Mikroelektronik besonders solche Technologien vorangetrieben werden, in denen Unternehmen in Deutschland ohnehin schon Wettbewerbsvorteile aufgebaut haben oder dafür Chancen sehen. Zu diesen Forschungsthemen gehören zum Beispiel die Quantencomputer-Technik, Terahertz-Hochfrequenzchips, die FDSOI-Technologie (Fully Depleted Silicon on Insulator), die Leistungselektronik und die Integration von Funktionsblöcken auf atomarer Ebene.

Photonik-Institut will Holografie-Projektor für mobile Geräte entwickeln

Den mit 63 Millionen Euro größten Einzelposten hat das Bundesforschungsministerium dem Dresdner Photonik-Institut IPMS zugesprochen. Die dortigen Fraunhofer-Ingenieure wollen mit dem Geld unter anderem die Entwicklung von winzigen Holgrafie-Projektoren vorantreiben, die so klein sind, dass damit Notebooks und Smartphones 3D-Bilder in den Raum werfen können. Die Technik dahinter basiert letztlich auf mikroelekttromechanischen Systemens (MEMS) mit eingebauten winzig kleinen Spiegeln. Ein anderer Teil des IPMS-Geldes fließt in neue Anlagen für das Nanoelektronikzentrum CNT, das gemeinsam mit Globalfoundries die FD-SOI-Chiptechnologie weiterentwickeln will.

Mikrospiegel für Laserprojektoren vom Fraunhofer-IPMS Dresden. Foto: hw

Mikrospiegel für Laserprojektoren vom Fraunhofer-IPMS Dresden. Foto: hw

Programm sol deutsche Institute auf Augenhöhe mit internationalen Großforschungszentren bringen

Solche Technologie-Lückenschlüsse im IPMS, im CNT, aber auch in den anderen beteiligten Instituten der neuen FMD sollen letztlich helfen, die deutsche Mikroelektronik-Entwicklung auf Augenhöhe mit Großforschungszentren in Frankreich und den USA zu bringen, erklärte der kommissarische FMD-Leiter Dr. Jörg Amelung vom IPMS. „Wir wollen damit eine ganz neue Stufe der Zusammenarbeit der Institute erreichen“, betonte Amelung. „Dadurch entsteht gewissermaßen ein mit aller denkbaren Technik ausgestatteter großer Reinraum, der aber über mehrere Standorte verteilt ist.“

Autor: Heiko Weckbrodt

Die Verteilung in Sachsen (Quelle: BMBF):

Wer vom Programm "Forschungsfabrik Mikroelektronik Deutschland" (FMD) wieviel in Sachsen bekommt. Quelle: BMBF

Wer vom Programm „Forschungsfabrik Mikroelektronik Deutschland“ (FMD) wieviel in Sachsen bekommt. Quelle: BMBF

 

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt

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