Einst beliebtes Lokal nahe Dresden verfällt seit Jahren
Freital/Dresden, 17. August 2016. Die Fenster sind erblindet, viele Scheiben eingeschlagen. Brennnesseln und anderes Unkraut wuchert die Holzveranda zu, die wegen ihres Ausblicks zweifellos einst als spektakulärer Ort für Imbiss und Umtrünke galt: Ein kläglicher Anblick bietet sich nun schon seit vielen Jahren den Passanten und Autofahrern auf ihrem Weg von Pesterwitz hinunter nach Freital bei Dresden. In exponierter wie auch malerischer Lage zwischen den Weinbergen liegt der ehemalige Gasthof Kohlsdorf in einem scheinbar niemals endenwollenden Dornröschenschlaf.
Investor will Ex-Gaststätte zu Wohnkomplex umbauen
Doch der erlösende Prinz rückt schon an in Gestalt der Ventar Immobilien AG. Das süddeutsche Unternehmen hat das denkmalgeschützte, durchaus geschichtsträchtige Objekt erworben und will es sanieren. Der Investor plant, insgesamt 18 Zwei-, Drei- und Vier-Raum-Wohnungen mit Größen zwischen 50 und 100 Quadratmetern entstehen zu lassen. Das wird nach allen ihren bisherigen Erfahrungen mit Sanierungsobjekten in und um Dresden auch gelingen. Jüngstes Beispiel dafür ist das Weistroppper Schloss.
Spezialisiert auf denkmalgeschützte Altbauten
Das Geschäftsmodell ist gut durchdacht: Ventar kauft denkmalgeschützte Gebäude auf, die in einer Liste im Internet öffentlich aufgeführt sind. Die Palette ist breit gefächert, sie reicht vom großen Wohnhaus über ehemalige Gasthäuser, auch Mühlen über Gutshöfe bis zu Schlössern. Architekten und Vorplaner erstellen dann Dossiers, in denen das fertig sanierte Objekt faszinierend schön mit seiner Baubeschreibung und dem Energieausweis sowie den Grundrissen und Kaufpreisen jeder einzelnen Wohnung ausgewiesen werden. Die Vorplanungen werden mit den zuständigen Bauämtern und Denkmalschützern abgestimmt. Der Verkauf der Wohnungen muss abgeschlossen sein, bevor Ventar seine Anträge auf Förderung der denkmalgerechten Sanierung stellen kann. Bisher hat der Investor seine Wohnungen problemlos verkaufen können. Schließlich drückt sich die steuerliche Erleichterung im Preis aus. Auch hat er in der Region einen guten Ruf wegen seiner hochwertigen, pünktlichen Bauausführung.
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Noch vor dem Winter soll der Baustart sei, und schon Ende 2017 könnte zwischen den Pesterwitzer Weinbergen ein richtiges Schmuckstück Autofahrer wie Passanten mit seinem Anblick erfreuen.
Vergessene Orte: Wurzeln reichen 500 Jahre bis ins Spätmittelalter
Der Gasthof Kohlsdorf blickt auf eine recht lange Geschichte zurück. Bereits im 15. Jahrhundert wird eine Gaststätte an dieser Stelle in Kohlsdorf erwähnt. Die dokumentierte Geschichte beginnt am 27. März 1883, als ein Friedrich Wilhelm Lommatzsch den Gasthof „Zum grünen Thälchen“ übernahm. Um 1900 begann Lommatzsch mit umfangreichen Erweiterungen. So erhielt der „Gasthof Kohlsdorf“, wie er fortan hieß, gleich mehrere prächtig ausgestattete Säle.
Gastwirt betrieb zeitweise sogar Mini-Schwimmbad
Der Gasthof war sowohl bei den Dresdnern wie auch bei den Freitalern beliebt. Hier wurde fleißig getanzt. Eine Kegelbahn fehlte auch nicht, und ein großzügig gestalteter Garten kam hinzu. Ein kleines Schwimmbad im Hammerteich, den der Gastwirt anlegen ließ, wurde wegen fehlender Besucherresonanz wieder geschlossen. Der Name „Hammerteich“ geht wohl auf ein Hammerwerk für die Erzverarbeitung zurück, das hier in frühindustrieller Zeit hämmerte. In DDR-Zeiten führten Schwierigkeiten in der Versorgungslage zur Schließung des Gasthofes.
Autor: Peter Weckbrodt
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