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CERN arbeitet an Supraleit-Schutzschild für Marsreise

Um eine Marsreise zu überleben, brauchen künftige Astronauten starke Schutzschilde gegen die tödliche kosmische Strahlung im All. Das CERN will dafür Supraleit-Spulen einsetzen. Abb.: A Syed, freeimages.com, CERN

Um eine Marsreise zu überleben, brauchen künftige Astronauten starke Schutzschilde gegen die tödliche kosmische Strahlung im All. Das CERN will dafür Supraleit-Spulen einsetzen. Abb.: A Syed, freeimages.com, CERN

Technologien der Antwortmaschine LHC sollen Astronauten gegen kosmische Strahlung abschirmen

CERN/Mars, 7. August 2015. Im TV-Raumschiff „Enterprise“ war das ganz einfach: Da befahl Captain Picard nur kurz: „Schutzschilde hoch!“ – und schon konnten weder klingonische Faserkanonen noch kosmische Strahlung der Überlicht-Festung etwas anhaben. Wissenschaftler des europäischen Teilchenphysikzentrums CERN bei Genf möchten diesen Science-Fiction-Szenario nun etwas näher rücken: Sie wollen Supraleit-Technologien, die sie für die unterirdische Weltantwortmaschine LHC entwickelt hatten, für den Schutz von Astronauten während künftiger Mars-Missionen einsetzen. Dafür arbeiten sie derzeit zusammen mit der „European Space Radiation Superconducting Shield“-Initiative (SR2S) an extrem starken Magnetspulen, die einen Schutzschild gegen die kosmische Strahlung an Bord eines interplanetaren Raumschiffs aufbauen können, wie das CERN mitteilte.

Erklärvideo von SR2s:

Kosmische Kälte soll für Supraleit-Sprungtemperatur sorgen

Ganz konkret bauen sie an Spulen aus einer Magnesium-Bor-Verbindung, die bei sehr tiefen Temperaturen Strom widerstandslos leiten und dadurch extrem starke Magnetfelder erzeugen können – Felder wie sie auch im „Large Hardron Collider“ (LHC) bei der Suche nach dem Higgs-Boson gebraucht wurden. In den nächsten Monaten werde man solch eine Spule darauf testen, ob ihre Magnetfelder ausreichen, um die tödliche Strahlung, die den Raum zwischen den Planeten flutet, von einem Raumschiff und deren Besatzung abzuhalten, kündigte CERN-Projektleiter Bernardo Bordini an. Der Einsatz von Supraleittechnik in Raumschiffen hat einen besonderen Vorteil: Während solche Materialien auf der Erde erst mit flüssigem Stickstoff oder Helium heruntergekühlt werden müssen, um die Sprungtemperatur zum Supraleit-Effekt zu erreichen, herrscht im Kosmos ständig solche Eiseskälte.

Ein Abschnitt des LHC-Tunnels mit supraleitenden Magnetrohren, die bis zu 8 Tesla erreichen. Diese hohen Feldstärken sind nötig, um künftig zwei Protonenstrahlen bei knapp 300 000 Kilometer je Sekunde in eine Kreisbahn zu zwingen. Abb.: CERN

Ein Abschnitt des LHC-Tunnels unter dem CERN mit supraleitenden Magnetrohren, die bis zu 8 Tesla erreichen. Diese hohen Feldstärken sind nötig, um künftig zwei Protonenstrahlen bei knapp 300 000 Kilometer je Sekunde in eine Kreisbahn zu zwingen. Abb.: CERN

Schutzschilde für bemannte Marsmission fehlen bisher

Der Mangel an effektiven Schutzschilden hat sich bisher als ernstes Hindernis für Reisen zum Mars erwiesen: Wegen Budget-Kürzungen hatte die US-Raumfahrtbehörde NASA vor etwa zwei Jahren beschlossen, die erdnahe Raumfahrt privaten Unternehmen, Russen und Europäern zu überlassen, sich dagegen selbst auf „Deep Space“-Missionen wie etwa bemannte Reisen zum Mars zu konzentrieren. Eine NASA-Studie kam dann allerdings zum Schluss, dass mit den bisherigen Technologien die Astronauten diese lange Reise nicht überleben würden, da ausreichend starke Schutzschilde gegen die kosmische Strahlung fehlen. hw

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Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt