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Unser kurzes Leben: Junge Architektin rennt im DDR-Alltag gegen Mauern an

Franziska Linkerhand (Simone Frost) ist frustriert: Ihr geliebter Kipperfahrer führt sie hinters Licht und das Wohnungsbau-Kombinat verwirft ihren Entwurf für eine lebenswerte Innenstadt. Foto: Absolut Medien

Franziska Linkerhand (Simone Frost) ist frustriert: Ihr geliebter Kipperfahrer führt sie hinters Licht und das Wohnungsbau-Kombinat verwirft ihren Entwurf für eine lebenswerte Innenstadt. Foto: Absolut Medien

Die DEFA-Filmadaption von Brigitte Reimanns „Franziska Linkerhand“ ist nun auf DVD erschienen

Wenn Franziska Linkerhand (Simone Frost) etwas hasst, dann Engstirnigkeit, Monotonie und kleinkarierte Entwürfe. Und die findet die junge Architektin in der DDR der späten Ulbricht-Ära zur Genüge. Innerlich hat sie die hellen Lichter wie Chopin vor Augen: jung gestorben, heute eine Legende. „Wenn ich wählen kann“, sagt sie, „dann nehme ich 30 wilde Jahre statt 70 geruhsame“. Aus Unrast und Trotz lässt sich die Lieblings-Elevin des Stararchitekten Prof. Reger (Dietrich Körner, „Die Stille nach dem Schuss“) von Dresden in die Provinz versetzen: an die Basis, zum schnöden DDR-Wohnungsbau in Hoyerswerda. Dort lacht sich die Idealistin aus der Großstadt einen intellektuellen Kipper-Fahrer an – und humpeln dann doch von Ernüchterung zu Ernüchterung in den planwirtschaftlichen Niederungen…

Begabte Autorin starb zu früh: Roman blieb Fragment

Mit viel Verve aufgeschrieben und leider nie vollendet hat diese Geschichte die ostdeutsche Autorin Brigitte Reimann (1933-73), die viel zu früh starb. 1980/81 wagte sich DEFA-Regisseur Lothar Warneke („Einer trage des anderen Last“) an das posthum veröffentlichte Romanfragment von „Franziska Linkerhand“. Seine Adaption „Unser kurzes Leben“ mit Simone Frost in der Hauptrolle ist nun – digital neu ausgetastet – auf DVD erschienen.

Zurückkatapultiert in den erdigen Alltag im SED-Staat

Und die – obwohl meines Erachtens nicht rundum gelungen – lohnt es gerade jetzt noch einmal anzuschauen, hebt sie sich in ihrer kantigen Bildsprache und mit ihrem authentischen Blick für den DDR-Alltag doch deutlich von heutigen hochglanzgebürsteten Produktionen deutlich ab: Man fühlt sich wie aus einer Hollywood-Glimmerwelt aus zurückkatapultiert in ein geerdetes Leben, in dem man arbeitete, rackerte, soff und fluchte, sich über Banalitäten ärgerte und gegen doktrinäre Mauern in den Köpfen anrannte – und allzu oft scheiterte. Dabei zeigt Lothar Warneke gerade auch die dreckigen, verkommenen Seiten des Lebens im SED-Staat. Man wundert sich fast, dass das damals die Zensur passiert hat.

Franziska trommelt auf den Kraftmeier vom Neubau-Block ein.Foto: Absolut Medien

Franziska trommelt auf den Kraftmeier vom Neubau-Block ein. Foto: Absolut Medien

Streckenweise wie verfilmtes Theater

Freilich ist Warnekes Interpretation von Reimanns fesselndem Romanfragment kein Meisterwerk geworden: Zum Einen wirkt „Unser kurzes Leben“ in Optik und Inszenierung über weite Strecken weniger wie Kino, sondern wie ein verfilmtes Theaterstück. Zum anderen agiert Simone Frost als junge, aufbegehrende Architektin zwar nuanciert und vielschichtig. Doch die Franziska Linkerhand, die ich aus dem Buch in Erinnerung habe, war wilder, unerschrockener, kompromissloser. Seine Glättungen waren Warneke wohl auch durchaus bewusst, wie man der Bonussektion der DVD entnehmen kann: Neben zwei PDF-Dokumenten mit einer Filmanalyse und einem schriftlichen Interview enthält die ein kurzes Gespräch mit dem – inzwischen gestorbenen – Regisseur, in dem der einräumt: Ja, vielleicht sei es eine etwas freundliche Interpretation des Stoffes gewesen. „Das war das moralistische Element in mir, dass sich da wieder durchgesetzt hat.“

Fazit:

Eine etwas geglättete, aber dennoch faszinierende filmische Adaption eines DDR-Schlüsselromans. Sollte man gesehen haben. Autor: Heiko Weckbrodt

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Unser kurzes Leben“ (DEFA/Absolut Medien), Drama / Literatur-Verfilmung, Original: DDR 1981, DVD-Neuauflage: 2015, 113 Minuten, FSK 12, DVD 18 Euro

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt