Wirtschaft

Globalfoundries investiert Viertelmilliarde in Dresden

Umringt von zwei Wafer-bewaffneten Reinraum-Arbeitern freuen sich die Globalfoundries-Manager Gregg Bartlett, Sanjay Jha (CEO) und Rutger Wijburg: Rund 250 Millionen $ wollen sie investieren, um die Chipfabrik in Dresden auf die neue FD-SOI-Technik umzurüsten. Foto: Heiko Weckbrodt

Umringt von zwei Wafer-bewaffneten Reinraum-Arbeitern freuen sich die Globalfoundries-Manager Gregg Bartlett, Sanjay Jha (CEO) und Rutger Wijburg: Rund 250 Millionen $ wollen sie investieren, um die Chipfabrik in Dresden auf die neue FD-SOI-Technik umzurüsten. Foto: Heiko Weckbrodt

FD-SOI-Technik soll Internet der Dinge und Industrie 4.0 mit günstigen Chips versorgen

Dresden, 13. Juli 2015. Der US-Elektronikkonzern „Globalfoundries“ (GF) wird bis 2017 etwa eine Viertelmilliarde Dollar (224 Millionen Euro) in sein Chipwerk in Dresden investieren, um dort die neue Transistor-Architekturtechnologie „FD-SOI“ (Fully Depleted Silicon on Insulator) einzuführen. Das hat GF-Konzernchef Sanjay Jha heute offiziell angekündigt und damit frühere Branchen-Spekulationen bestätigt. Von der neuen Technologie erhofft sich das Unternehmen einen Wettbewerbsvorsprung bei der Auftragsproduktion von besonders kostengünstigen und stromsparenden Halbleitern, wie sie für neue Generationen von Automobilen, Computertelefonen (Smartphones) sowie das „Internet der Dinge“ und die „Industrie 4.0“ benötigt werden. Die ersten FD-SOI-Chips sollen 2017 auf den Markt kommen. (english summary: see below)

Kaum neue Jobs – Globalfoundries erwägt aber weiteren Kapazitätsausbau in Dresden

Rutger Wijburg, Chef von Globalfoundries Dresden. Foto: GF

Rutger Wijburg, Chef von Globalfoundries Dresden. Foto: GF

Neue Jobs werden durch die neuerliche Investition des Chip-Auftragsfertigers in Sachsen zwar kurzfristig nur wenige entstehen, schätzte Rutger Wijburg, Geschäftsführer von Globalfoundries Dresden, auf Oiger-Nachfrage ein. Die Entscheidung des Mutterunternehmens, die FD-SOI-Technologie zunächst nur in Dresden einzuführen, werde den Standort aber nachhaltig stärken, hier Arbeitsplätze sichern und zweifellos auch zu neuen Jobs bei Anwendern und Geschäftspartnern führen. Zudem sei an einen Kapazitätsausbau in der Dresdner Fabrik gedacht, wenn die neuen Chips in FD-SOI-Bauweise am Markt ankommen. Derzeit ist die Dresdner Fabrik auf eine Kapazität von bis zu 650.000 Chipscheiben (Wafer) pro Jahr ausgelegt. Laut Wijburg könnte dies auf bis zu einer Million Waferstarts jährlich ausgebaut werden.

Luftbild des Globalfoundries.Werks Dresden, Die Erweiterungen (Mitte und links hinten) sind bereits erkennbar. Abb.: GF

Luftbild des Globalfoundries-Werks Dresden, Abb.: GF

Bisher 11 Milliarden Dollar in Sachsen investiert

Seit den ersten Investitionen in den 1990er Jahren – damals noch unter AMD-Regie – sind in die heutigen Dresdner Chipfabriken insgesamt rund elf Milliarden Dollar investiert worden, davon etwa fünf Milliarden, seitdem die Chipwerke Globalfoundries gehören. Die neue, rund 250 Millionen Euro teure Umrüstung auf FD-SOI-Anlagen (vor allem Epitaxie-Maschinen) wird man aus den eigenen geschäftlichen Erlösen bezahlen, betonte Konzernchef Sanjay Jha, der eigenes für die Ankündigung aus den USA nach Dresden gekommen war. Wenn es zu einem Kapazitätsausbau kommt, werde man weitersehen, welche Kapitalquellen dafür genutzt werden können.

„Werden die deutsche Industrie revitalisieren“

Wijburg nannte die Investition einen zukunftsweisenden „Meilenstein“ für die Mikroelektronik in Europa und natürlich auch für den Standort Dresden. „Was sind die Probleme in Europa?“, fragte der GF-Dresden-Chef rhetorisch. „Hohe Jugendarbeitslosigkeit und ganze Industrien, die abgewandert sind. Mit unserer Halbleitertechnik können wir die deutsche Industrie revitalisieren.“ Da die FD-SOI-Technik besonders auf so günstige, kleine und energiegenügsame Chips setze, wie sie zum Beispiel für intelligente Textilien, digitale Zusatzfunktionen in Haus- und Heimelektronik und mobilen Geräten gebraucht werden, könne die GF-Investition zahlreiche Firmengründungen in Deutschland und Europa rund um innovative Produktideen zur Folge haben.

„22FDX“-Technik soll Akkulaufzeit von Smartwatches verdreifachen

Durch die neue Chiptechnik soll sich die Batterie-Laufzeit von Smart Watches (intelligenten Uhren) auf 3 Wochen verdreifachen, so Globalfoundries. Abb.: GFDurch die neue Chiptechnik soll sich die Batterie-Laufzeit von Smart Watches (intelligenten Uhren) auf 3 Wochen verdreifachen, so Globalfoundries. Abb.: GF

Durch die neue Chiptechnik soll sich die Batterie-Laufzeit von Smart Watches (intelligenten Uhren) auf 3 Wochen verdreifachen, so Globalfoundries. Abb.: GF

Die neue FD-SOI-Technologie wird von Globalfoundries als „22FDX“ bezeichnet. Dabei steht „22“ für die Strukturbreite von 22 Nanometern (Millionstel Millimeter), „FD“ für „Fully Depleted“ und „X“ für „Extreme“. Bei gleicher Taktfrequenz soll sie nur halb soviel Strom verbrauchen wie die bisher in Dresden eingesetzte 28-nm-Technik, oder umgekehrt bei gleichem Stromverbrauch etwa 30 bis 40 % schneller sein als die „alten“ Chips. GF-Manager Gregg Bartlett nannte als Beispiel eine moderne Computeruhr (Smartwatch): Deren Batterielaufzeit könne mit der neuen Technik von einer auf dann bis zu drei Wochen hochgeschraubt werden.

Was ist eigentlich ein FD-SOI-Transistor?
Vereinfachte Ansicht vom Aufbau eines klasissischen Transistors (links) und eines FD-SOI-Transistors. Grafik: hw

Vereinfachte Ansicht vom Aufbau eines klasissischen Transistors (links) und eines FD-SOI-Transistors. Grafik: hw

Hier ein paar Infos dazu zum Weiterlesen

 

Wissenschaftliches und wissenschaftliches Umfeld gab Ausschlag für Dresden

Verwenden will Globalfoundries die neue Technologie (zunächst) nur in Dresden, nicht aber in seinen anderen Fabriken in New York oder in Asien, betonte Konzernchef Sanjay Jha auf Oiger-Anfrage erklärte. Für die Investition in Sachsen habe man sich entschieden, weil es hier eine besonders fruchtbares Ökosphäre aus Mikroelektronik-Forschung, passenden Wirtschaftsunternehmen und Anwendern gebe.

Globalfoundries-Konzernchef Sanjay Jha. Foto: hw

Globalfoundries-Konzernchef Sanjay Jha. Foto: hw

„22FDX“-Technik auf Tempo oder Sparsamkeit trimmbar

Dabei ist die 22FDX-Technik laut GF-Experten je nach Anwendungszweck in verschiedene Richtungen einstellbar: Seien besonders schnelle Chips gefragt, könne man durch kleine Variationen im Fertigungsprozess fast ebenso hohe Geschwindigkeiten wie mit der sogenannten „FIN-FET“-Technologie erreichen, wie sie beispielsweise Intel, TSMC, Samsung und – in anderen Produktionenlinien – auch GF selbst teilweise einsetzt, allerdings zu deutlich geringeren Produktionskosten als FIN-FET. Man werde FD-SOI-Chips vor allem auch in Varianten anbieten, die besonders preisgünstig sind (unter ein Dollar pro Bauteil) und wenig Strom verbrauchen. Möglich sei der günstige Preis vor allem durch einen drastisch vereinfachten Aufbau der Basis-Minischalter (Transistoren) in den Chips. Dadurch würden viele Prozessschritte und Belichtungsmasken in der Produktion gespart.

Haben jetzt Anlagen und Material-Know-How verfügbar

Gerd Teepe. Abb.: GF

Gerd Teepe. Abb.: GF

Experimentiert habe die Branche zwar schon lange an der FD-SOI-Technologie, räumte der Dresdner GF-Manager Gerd Teepe ein. Aber erst jetzt seien die Anlagen verfügbar und erst jetzt habe man die nötige Materialkenntnis erlangt, um eine Massenproduktion auf die Beine zu stellen.

Politiker freuen sich

Derweil begrüßte der frischgewählte Dresdner Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) die Investitions-Entscheidung von Globalfoundries. „Ich freue mich sehr über dieses Bekenntnis in den Standort Dresden… Die Welt wird immer kleiner und schneller. Ich drücke allen die Daumen, dass diese Technologie aus Dresden seinen Siegeszug um die Welt antritt.“ Derweil nannte Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich die GF-Entscheidung „einen wichtigen Technologiesprung – ,Made in Saxony‘.“

Martin Dulig. Foto: Götz Schleser, SMWA

Martin Dulig. Foto: Götz Schleser, SMWA

Ähnlich äußerte sich der sächsische Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD): „Die Investition ist ein klares Bekenntnis von Globalfoundries zum Standort Dresden“, kommentierte er. „Die neuen Prozessoren aus Dresden werden für das Internet der Dinge unverzichtbar und schon in wenigen Jahren in vielen Geräten zu finden sein, die unser Leben einfacher machen.“

Er untermauerte auch den von GF-Konzernchef Sanjay Jha erwähnten Ökosystem-Effekt in Sachsen: Gefördert vom Land, entwickelte das Unternehmen die FD-SOI-Technik beispielsweise gemeinsam mit der TU Dresden, dem Fraunhofer-Institut für Elektronische Nanosysteme (ENAS) in Chemnitz und dem Fraunhofer-Institutsteil für Nanoelektronische Technologien (CNT) in Dresden. Autor: Heiko Weckbrodt

Zum Weiterlesen:

Was ist eigentlich ein FD-SOI-Transistor?

English Summary

Globalfoundries indroduces FD SOI technology and will invest 250 Mio. $ in Dresden

Dresden, 13. July 2015. U.S. semiconductor company Globalfoundries will invest 250 million $ in it’s Dresden fab in East Germany to establish FD SOI technology (fully depleted silicon on insulator) there. Globalfoundries’ CEO Sanjay Jha announced this in Dresden today. The FD SOI technology will allow low cost, fast and very efficient computer chips for the big new markets of the Internet of Things, says Jha.

In case of a success Globalfoundries will expand the capacity of its Dresden Fab in the next future possibly (today: 650.000 wafer starts per year, later: one million wafer starts per year). Rutger Wijburg, the leader of the Dresden Fabs, believes, that the new technology will revitalize the whole german industry. The local and state politicians are very excited about the announcement.

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt