FDP-Mann kommt auf 54 %, Konkurrentin Stange auf 44 %
Dresden, 5. Juli 2015. Dirk Hilbert (FDP) wird neuer Oberbürgermeister von Dresden. Das geht aus den vorläufigen Ergebnissen im heutigen zweiten Wahlgang (445 von 445 ausgezählten Wahlbezirken) hervor (vorbehaltlich der ausstehenden amtlichen Endergebnisse). Demnach setzte sich Hilbert mit 54,2 Prozent der abgegebenen Stimmen gegen seine Hauptkonkurrentin Eva-Maria Stange (SPD) durch, die auf 44 Prozent kam. Stoch Lars (Die Partei) alias „Lara Liqueur“ konnte lediglich 1,8 der Stimmen hinter sich bringen. Die Wahlbeteiligung lag mit 42,7 Prozent deutlich unter den 51,1 Prozent im ersten Wahlgang vor einem Monat – angesichts des hochsommerlichen Wetters wenig überraschend.
Vom Robotron-Lehrling zum OB-Sessel
Der 43-jährige Hilbert hatte zu DDR-Zeiten Elektronikfacharbeiter bei Robotron Dresden gelernt, studierte dann Wirtschaftsingenieurwesen und war zeitweise Manager beim später pleite gegangenen Zeppelin-Unternehmen Cargo-Lifter. Ab 2001 war Hilbert Wirtschaftsbürgermeister in Dresden. Im März 2015 übernahm er amtierend das Oberbürgermeister-Amt von Helma Orosz (CDU), die ihren Posten aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben hatte. Offiziell trat Hilbert zur OB-Wahl 2015 als Kandidat des überparteilichen Vereins „Unabhängige Bürger für Dresden“ an, steht tendenziell aber für das sogenannte „bürgerliche“ Lager (insbesondere FDP und CDU).
Auch seine Konkurrentin, die sächsische Wissenschaftsministerin Eva-Maria Stange, trat nicht für ihre Partei an, sondern für das Bündnis „Gemeinsam für Dresden“. Ihre Unterstützer war aber vor allem das Mehrheitsbündnis aus Linken, Grünen, SPD und Piraten im Stadtrat.
Kompromiss-Politik absehbar
Wäre Stange gewählt worden, hätte Rot-Grün-Rot seine Machtposition in Dresden bedeutend ausbauen können. Dann hätte das Bündnis neben der Stadtratsmehrheit auch die OB und demnächst auch die Mehrheit der Fachbürgermeister hinter sich gehabt und eigene Vorhaben leichter durchsetzen können. So aber wird Hilbert gezwungen sein, mit einer wohl meist eher opponierenden Ratsmehrheit und deren neuen Fachbürgermeistern zurecht zu kommen. Insofern wird der FDP-Mann entweder eine ausgleichende Kompromiss-Politik verfolgen müssen (was wahrscheinlich ist), oder muss sich auf wechselnde temporäre Mehrheiten für seine Projekte stützen.
Von Pegida bis Kulti: Lange Liste offener Baustellen
Bestimmt werden dürfte Hilberts Amtszeit wahrscheinlich von vielen offenen Baustellen – im wörtlichen wie im übertragenen Sinne: Da wären einerseits der Rufschaden und die Spaltung der Bürgerschaft, den Dresden durch die asyl- und islamkritischen Pegida-Demos erlebt hat. Der FDP-Mann hatte bereits angekündigt, Dresden im Falle eines Wahlsieges zu einer Vorreiter-Stadt für die berufliche Integration von Flüchtlingen zu machen. Andererseits ist kaum zu erwarten, dass der neue OB auf harten Konfrontationskurs geht, sondern eher versuchen wird, die Pegida-Anhänger wieder in der Mitte der Stadtgesellschaft zu integrieren.
Auf der Agenda stehen aber auch weiter die Großprojekte Kulturpalast-Umbau und Kulturkraftwerk Mitte, die ausstehende (und langumstrittene) Sanierung der Königsbrücker Straße, eine weitere Konsolidierung der städtischen Krankenhäuser und die Rettung des defizitären Nanoelektronik-Zentrums NanoZ, um nur einige Beispiele herauszugreifen. Auch hat Dresdens wirtschaftlich in den vergangenen Jahren an Dynamik verloren, insbesondere in der Mikroelektronik – hier ist abzuwarten, ob der bisherige Wirtschaftsbürgermeister neue Impulse zu setzen versteht. Autor: Heiko Weckbrodt
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