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Chipfirma ZMDi in Dresden erwägt Börsengang

Der neue ZMD-Campus an der Dresdner Grenzstraße. Abb. (3): ZMD

Der ZMD-Campus an der Dresdner Grenzstraße. ZMD

Schaltkreis-Aufträge für Autos und Smartphones sorgen für Wachstum – und neue Kapitalpläne

Dresden, 1. Juni 2015. Die Nachfrage für Chips und Sensoren für Autos und für Smartphones sowie Tablett-Rechner sorgt in der ZMDi AG für Wachstum: Das Dresdner Elektronikdesign-Zentrum hat 40 neue Jobs geschaffen und beschäftigt nun weltweit über 400 Mitarbeiter – darunter etwa 230 am Hauptsitz in Dresden. Der Umsatz legte im vergangenen Jahr um eher moderate 3,6 Prozent auf 61,1 Millionen Euro zu.

Für dieses Jahr rechnet Vorstandsvorsitzender Thilo von Selchow mit etwa fünf bis zehn Prozent Umsatzplus. Der Vorstand erwägt nun einen Börsengang, um neues Kapital für weitere Wachstumsprojekte zu gewinnen. Als Alternative kämen aber auch eine Anleihe oder der Einstieg neuer Anteilseigner in Frage.

Millionenschwere Großaufträge an Land gezogen

ZMD-Chef Thilo von Selchow

ZMDi-Chef Thilo von Selchow. Abb.: ZMDi

„Die Wachstumsstrategie, die wir seit 2012 mit den Bausteinen Automotive, Digitales Powermanagement für die Industrie sowie Mobile Sensing verfolgen, nimmt mehr und mehr an Fahrt auf“, schätzte von Selchow ein. Im vergangenen Jahr hatte das Unternehmen laut eigenen Angaben Großaufträge im „dreistelligen Millionenbereich“ bekommen, die vor allem in den Jahren 2016 bis 2025 für eine gute Auslastung und weitere Schübe sorgen sollen.

Dabei handele es sich vor allem um angeforderte Sensorschaltkreise für Autos und Industrie-Anwendungen, informierte das ZMDi. Weitere Aufträge kamen in diesem Jahr hinzu und betrafen insbesondere Sensor- und Energiemanagement-Schaltkreise für Computertelefone, Tablets, Telekommunikations-Basisstationen und Rechenzentren.

ZMDi-Chips warnen Smartphone-Besitzer vor zu viel UV-Strahlung

Genaue Angaben zu den Kunden und der verkauften Elektronik im Smartphone-Sektor machte das Unternehmen nicht. Wohl auch, weil die Computertelefon-Hersteller nach außen keine Rückschlüsse auf geplante neue Funktionen ihrer nächsten Modelle erlauben wollen. Nach unseren Informationen soll es sich aber namhafte größere Anbieter handeln. Denen verkaufen die Dresdner spezielle Schaltkreise, die die Telefonbesitzer beispielsweise davor warnen, wenn die Ultraviolett-Strahlung in der Atmosphäre zu hart wird – in Europa vielleicht nicht so ein zentrales Problem, in Australien, wo die schützende Ozonschicht dünn ist, aber ein Dauerthema. Daneben wurden in Dresden auch Sensor-Schaltkreise für Sport- und Gesundheitsanwendungen in Smartphones bestellt.

Einst zentrale DDR-Entwicklungsschmiede für Chips

Das ZMDi geht letztlich auf die Arbeitsstelle für Molekularelektronik zurück, die der Dresdner Halbleiter-Pionier Werner Hartmann (1912-1988) im Jahr 1961 gegründet hatte. Aus der wurde dann die DDR-Mikroelektronikschmiede „ZFTM“ (später: ZMD), die unter anderem das ostdeutsche Megabit-Chip-Projekt leitete. Die stürzte nach dem Zusammenbruch der DDR in eine tiefe Krise, wurde aber vom Freistaat Sachsen als Nukleus für einen Mikroelektronik-Neustart in Dresden am Leben erhalten.

Das Unternehmen stieß in den Folgejahren immer mehr Betriebsteile ab, verkaufte auch seine Chipfabrik an X-Fab und fokussierte sich unter dem neuen Namen ZMDi auf das Design von digital-analogen Mischschaltkreisen und Sensoren vor allem für Autos, für die Industrie, Medizin und neuerdings auch für die Konsumgüterindustrie. Nach verlustreichen Jahren arbeitet das Unternehmen inzwischen auch wieder profititabel. Genaue Gewinnangaben veröffentlicht das ZMDi allerdings nicht. hw

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Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt