Aufgeheizte
Diskussion zwischen „Pegidisten“ und „No-Pegidisten“ im Stadtmuseum Dresden
Dresden, 23. Januar 2015: Trotz aller Dialogversuche polarisiert Pegida weiter die Dresdner Bürgerschaft. Von einem „Riss“ und einem „Spalt“, der sich durch die Gesellschaft ziehe und bis in die Arbeitsstätten und Wohnzimmer reiche, war beim zweiten Dialog-Forum „Warum (nicht) zu Pegida gehen?“ heute Abend im Stadtmuseum Dresden immer wieder die Rede. Denn derzeit gebe es kaum ein Haus, kaum ein Büro, in dem nicht eher oder später über Pegida gestritten werde.
SPD-Bundeschef Gabriel als Zaungast
Auf Einladung der „Sächsischen Landeszentrale für politische Bildung“ waren Pegidisten und Nicht-Pegidisten heute Abend ins Museum an der Wilsdruffer Straße gekommen, um miteinander zu reden oder vielmehr: zu streiten. Als „privater“ Zaungast hatte sich SPD-Bundesvorsitzender Sigmar Gabriel ins Publikum gemischt – wohl um sich ein Bild davon zu machen, was „da in Dresden eigentlich los ist“.
Schauspiel-Intendant Schulz niedergeschrieen
Und die Stimmung während der Diskussion war auch ohne Polit-Stars in den Reihen aufgeladen, zeitweise sogar aggressiv – wobei dieser aggressive Ton nach unserer Beobachtung vor allem von den Pegidisten in den Disput hineingetragen wurde. So wurde Staatsschauspiel-Intendant Wilfried Schulz niedergeschrieen, als er den Dresdnern vorwarf, trotz aller Lippenbekenntnisse doch Fremdenfeindlichkeit in der Stadt zu dulden und dies mit Alltagsbeispielen zu belegen suchte – er erntete höhnisches Gelächter und Einwürfe wie „so eine antideutsche Propaganda“.
Eindruck: Islam interessiert Anti-Islamisten am wenigsten
Ein Bild, das sich in den vergangenen Wochen bereits abgezeichnet hatte, wurde während der Diskussion aber auch immer deutlicher: Obwohl sich Pegida eben „Patrioten gegen die Islamisierung des Abendlandes“ ausschreibt, ist der ursprüngliche Islam-Impetus für viele Anhänger und Mitläufer offensichtlich nur ein peripheres Thema geworden. Da erbosten sich bekennende Pegida-Anhänger im offenen Disput viel öfter über ignorante Behörden, eine so empfundene Überverrechtlichung und Überbürokratisierung des Lebens, über marode Straßen, über den Kapitalismus als solchen oder über ein „Kartell“ arroganter Politiker und Journalisten.
Lengsfeld: Verbrüderung mit Antifa höhlt antitotalitären Konsens aus
In diese Kerbe haute auch die ehemalige DDR-Bürgerrechtlerin Vera Lengsfeld (CDU), die von einer „hysterischen“ Reaktion von Politik und Medien auf diese „neue Bürgerbewegung“ Pegida sprach, von Politikern, die „mit ultralinken Antifas“ mitmarschieren und damit den „antitotalitären Grundkonsens“ aufkündigen würden.
Videoimpressionen (hw):
„Dschihadismus der politischen Korrektheit“
Auch der dezidiert Pegida-kritische TU-Kommunikationsprofessor Wolfgang Donsbach warnte vor einem „Dschihadismus der politischen Korrektheit“ in den Medien (abgeleitet von „Dschihad = heiliger Krieg bzw. heilige Aufgabe).
TU-Prof Donsbach: Demokratie ist nun mal anstrengender als spazieren
Zugleich attestierte er den Pegidisten aber auch mangelnde Dialogbereitschaft und eine selektive Wahrnehmung nach dem Motto „Alle sind gegen uns“. „Ja, Demokratie ist anstrengend“, betonte er. Sich in demokratische Prozesse einzubringen, an Problemlösungen mitzuarbeiten, sei jedenfalls „anstrengender, als montags spazieren zu gehen“, sagte er mit Blick auf die oft schweigenden nächtlichen Märsche der Pegida durch Stadtzentrum, die diese offiziell als „Spaziergänge“ deklariert. Autor: Heiko Weckbrodt
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