Innovationen und Partnerschaft mit Elektronikkonzern HP sorgen für Wachstum
Dresden, 13. November 2014: Durch einen unternehmerischen Schritt hinein in die digitale Welt hat sich die „Kama Dresden“ aus einer schweren Krise herausgearbeitet und wächst jetzt wieder, erwägt gar einen Fabrikausbau. Der Falzmaschinen-Produzent hat sich dafür mit der HP-Tochter „Indigo“ aus Israel zusammengetan und stellt nun Falz- und Klebeanlagen für Digitaldruckereien her. Die Verbundlinien aus Dresdner, israelischer und US-Technologie drucken, falten und kleben künftig Pappschachteln für Medikamente, Kosmetika und andere Produkte in Millionen-Auflagen – oder flexibel auch nur ein paar Hundert Stück, wenn der Kunde das so will.
Video (hw): Der Erfinder erzählt über seine neue Maschine:
Führung erwägt Fabrikausbau in Dresden-Reick
Nach dem tiefen Umsatztal ab 2008 erzielt das Dresdner Unternehmen dank dieser neuen Produktlinien jetzt wieder zehnprozentige Zuwachsraten, hat die Belegschaft von zeitweise nur noch 85 Mitarbeiter auf nun wieder 115 Festangestellte und zehn Azubis aufgestockt. Und wenn die neue Technik am Markt ankomme, werde man auch den 3,5 Millionen Euro teuren Hallenanbau in Dresden-Reick, der schon einmal 2008 geplant war, wegen der Krise aber abgeblasen wurde, demnächst doch noch angehen, kündigten die Kama-Geschäftsführer Marcus Tralau und Steffen Pieper an.
Schachtel-Klebemaschine für Digitaldruckereien
Um die Kehre zu schaffen, reanimierte die Kama eine alte Technologie-Linie, die das Vorgängerunternehmen „Scamag“ zu Kaisers Zeiten groß gemacht hatte, aber nach der Wende eingeschlafen war: Ein Team um den Dresdner Ingenieur Bernd Herfurth entwickelte binnen anderthalb Jahren eine neuartige „Faltschachtel-Klebemaschine“ für das Digitaldruck-Zeitalter. Die Bezeichnung mag sperrig und sehr speziell klingen, das bald patentierte Aggregat ist aber eine echte Innovation in der Branche, wie Tralau und Pieper betonen. Die Maschine ist nämlich mit computergesteuerten Servo-Motoren ausgestattet, die die Umrüst-Zeiten für neue Druckserien drastisch verkürzen.
Umstellzeiten heute entscheidend
„Die Umrüstzeiten sind in den modernen Digitaldruckereien heute entscheidend“, sagte Tralau. Wenn nämlich die noch ungefalteten Verpackungsbögen die Hochgeschwindigkeits-Druckmaschinen verlassen, dauerte es mit klassisch-analoger Anlagentechnik oft Stunden, die Falz- und Klebemaschinen, die aus den Pappbögen erst Schachteln machen, für eine neue Reihe umzustellen. Zwar geben Pharma- und Kosmetikhersteller auch heute noch Millionen-Auflagen in Auftrag – aber unterteilt in viele kleine Serien, beispielsweise in Haarfärber-Schachteln für Blondinen, Rothaarige, Brünette, Schwarzhaarige…
Umrüstung dauert nur noch Minuten statt Stunden
„Wenn man aber für Serien, die binnen Minuten durchlaufen, erst eine ganze Schicht lang die Falz- und Klebeanlagen umrüsten muss, wird das unwirtschaftlich“, erklärt Tralau. Dank neuartiger Rechnersteuerungen und Motorenautomatik braucht die Kama-Maschine dafür hingegen nur noch wenige Minuten – daher erwarten sich Tralau und Pieper von der Innovation auch eine große Marktnachfrage.
Digitaler Wandel und Weltwirtschaftskrise hatten Kama schwer angeschlagen
So optimistisch waren sie aber nicht immer: 2008/09 brachte nämlich nicht nur die Weltwirtschaftskrise das Dresdner Traditionsunternehmen ins Schleudern, sondern auch der Wandel von der Analog- zur Digitaltechnik in der Druckindustrie, von der die Kama mit ihren Stanz- und Prägemaschinen hochgradig abhängig ist. Dieser Wandel ging an kaum einem Großen der Branche spurlos vorbei – man denke nur an KBA, Heidelberger Druck oder CEWE Color. „Wären wir nicht auf Digitaltechnik umgestiegen, gäbe es und vielleicht schon nicht mehr“, sagt Tralau im Rückblick. Hinzu kam, dass sich ein Mehrheitsgesellschafter aus dem Unternehmen zurückziehen wollte: Der von der damaligen sächsischen Landesbank und von der Sparkasse gespeiste „Wachstumsfonds Mittelstand Sachsen“ (WMS) hielt lange Zeit zwei Drittel der Firmenanteile, wollte sie aber plötzlich abstoßen. Im September dieses Jahres übernahm aber schließlich die Münchner Beteiligungsgesellschaft „ARCUS Capital AG“ rückwirkend zum März 2014 die WMS-Anteile (den Rest halten Tralau und Pieper), sorge auch für bessere Kredit-Konditionen bei den Banken. 120.000 Euro Zinsen sparen man allein durch den Bankenwechsel pro Jahr, sagte Tralau. „Das ist für ein Unternehmen unserer Größe eine Menge Geld.“
Hand in Hand mit Israelis
Parallel dazu wurde ein Partnerschafts-Deal mit dem US-Elektronikkonzern „Hewlett-Packard“ (HP), den viele vielleicht als Hersteller von Heim-Druckern kennen mögen. HP wiederum vermittelte den Kontakt zu seiner Tochter „Indigo“ bei Tel Aviv, die als einer führenden Hersteller digitaler Industrie-Druckmaschinen für Online-Druckereien weltweit gilt. Die Israelis bieten ihren Kunden die Schneide- Falz- und Klebemaschinen aus Dresden generell mit an – was der Kama einen Riesensprung nach vorne bedeuten dürfte.
Autor: Heiko Weckbrodt
Kama-Chronik
1894 als Scamag in Dresden als Kartonagen-Fabrik gegründet, die bald zu einem Weltmarktführer für Pappstanz- und -Biegemaschinen wurde
1947-51: Verstaatlichung als VEB und Umbenennung in „Kama“ 1985: Kama wird Planeta Radebeul zugeschlagen 1994: Neugründung als Kama GmbH durch Marcus Tralau und zwei weitere Partner 2000: Umzug ins Gewerbegebiet Dresden-Reick 2008-10: Umsatz sinkt durch Weltwirtschaftskrise und Krise der Druckindustrie (Umstieg von analog zu digital) um 40 %, Belegschaft sinkt auf 85 Mitarbeiter 2014: ca. 12,5 Mio. € Umsatz, 115 Mitarbeiter plus zehn Azubis 2015: ca. 14 Mio. € Umsatz (erwartet) -> siehe auch Betriebschronik hierIhre Unterstützung für Oiger.de!
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