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US-Halbleiterkonzerne ordern Dresdner Umwelttechnik

DAS-Chef Horst Reichardt. Foto: Heiko Weckbrodt

DAS-Chef Horst Reichardt. Foto: Heiko Weckbrodt

DAS-Chef Reichard: „Nie bis übermorgen warten“

Dresden, 30. August 2014: Als sich in der Hochtechnologie-Industrie der DDR 1990/91 die Auflösungserscheinungen mehrten, standen viele Dresdner Ingenieure vor den wenig verlockenden Alternativen Arbeitsamt oder Abwanderung – und Job-Suche im Westen. Dr. Horst Reichardt, bis dahin Entwickler im ostdeutschen Mikroelektronik-Forschungszentrum ZMD, wählte einen dritten Weg: den Neustart als Selbstständiger, der zu einer fulminanten Dresdner Erfolgs-Story führte.

Abgase der Chip-Produktion wurden anfangs unterschätzt

DAS-Entwicklungsingenieur Tino Tanneberger justiert eine für TSMC Taiwan neuentwickelte Abgasreinigungsanlage für Nassbänke.Foto: Heiko Weckbrodt

DAS-Entwicklungsingenieur Tino Tanneberger justiert eine für TSMC Taiwan neuentwickelte Abgasreinigungsanlage für Nassbänke.Foto: Heiko Weckbrodt

„In mir war die Leidenschaft, unternehmerisch tätig zu werden“, erzählt der Sohn eines Teppichhändlers über seine persönliche Wendezeit. Schon zu DDR-Zeiten hatte er mit Kollegen damit begonnen, ein damals noch junges Problem zu lösen: Rings um das ZMD-Chipwerk fielen Vögel und andere Tiere tot um und schuld daran waren, wie sich herausstellte, die teils gefährlichen Chemikalien und Gase, mit denen die Mikrospeicher in Dresden hergestellt wurden – und damals noch nahezu ungefiltert in die Umwelt entwichen. „Ich habe erkannt, dass ein Zukunftsmarkt darin steckt, Abgasbehandlungs-Anlagen zu entwickeln, mit der die Halbleiter-Industrie Schaden von Mensch und Natur abwenden kann“, erinnert er sich.

Global wie ein Großer, flexibel wie ein Mittelstädler agieren

Im Juni 1991 gründete Reichardt mit dieser Geschäftsidee die „Dünnschicht-Anlagen-Systeme GmbH“ (DAS) nahe am Dresdner Flughafen. Heute kann es sich vor Aufträgen kaum noch retten, hat einen neuen Firmensitz am südlichen Stadtrand von Dresden hochgezogen, lenkt die Geschicke eines mittelständischen Unternehmens, das Hightech-Kunden rund um den Globus mit Umwelttechnik beliefert. „Ständig danach sehen, was der Markt wirklich will. Auf die Kundenwünsche sofort reagieren. Nie damit bis übermorgen warten. Internationale Netzwerke knüpfen. Einen Ruf als solider Partner aufbauen und da niemals Luft ranlassen. Global agieren wie ein Großkonzern und dabei ein sozial engagiertes und bewegliches Unternehmen bleiben“, zählt Reichardt die Erfolgsrezepte auf, die hinter dieser Vorzeigegeschichte stehen.

Starkes Umsatzwachstum

Und diese Rezepte funktionieren ganz offensichtlich: Hatte die DAS vor zehn Jahren noch nicht mal 50 Mitarbeiter, sind es heute knapp 250 weltweit, darunter 140 in Dresden. Weitere 20 Leute will Reichardt in den nächsten drei Jahren noch anheuern. Obwohl der 63-jährige Chef eher auf die Bremse drückt, um sich nicht zu übernehmen und nicht in die Abhängigkeit von Banken zu geraten, legt die DAS ein bemerkenswertes Wachstum hin: 30 Millionen Euro Umsatz hat seine Firmen-Gruppe, die mittlerweile in ganz Europa, in Asien und den USA vertreten ist, im vergangenen Jahr gemacht, in diesem Jahr rechnet das Unternehmen mit 42 Millionen Euro – was immerhin einem Jahresplus von 40 Prozent entspricht, bei Renditen zwischen zehn und 13 Prozent.

Schwerpunkt bisher in Asien

Ein Großteil dieser Umsätze resultiert aus dem Kern-Geschäftsbereich, mit dem die DAS groß geworden ist: Raffinierte Anlagen, mit denen Chipwerke weltweit ihre Prozessabgase reinigen, um die immer härteren staatlichen Umweltauflagen überhaupt erfüllen zu können. Zu den Kunden gehören die richtig Großen der Branche, vor allem in Asien – der weltweit größte Chip-Auftragsfertiger TSMC aus Taiwan beispielsweise. Zunehmend ordern auch US-Halbleiterkonzerne die Dresdner Technik, daher resultieren auch die Umsatzsprünge in jüngster Zeit.

Neue Montagehalle geplant

In Arbeit ist angesichts der verbesserten Auftragslage nun auch eine neue Montagehalle auf dem Firmengelände: Rund eine halbe Million Euro witd sie kosten, im März 2015 soll sie betriebsbereit sein. Auf der Agenda stehen zudem ein Ausbau der Aktivitäten in China, und Südamerika.

Neues Geschäftsfeld Bioreaktoren: Auch Limofabriken und Kosmetik-Firmen werden inzwischen beliefert

In den Bioreaktoren von DAS Dresden stecken Tausende Kugeln als Heimstatt für die Mikro-Putzteufel. Foto: DAS

In den Bioreaktoren von DAS Dresden stecken Tausende Kugeln als Heimstatt für die Mikro-Putzteufel. Foto: DAS

Aber eine wachsende Rolle spielen seit 2006 auch neue Geschäftsfelder. „Mir war klar, dass wir unser Produktportefeuille verbreitern mussten, um das Auf und Ab in den Zyklen der Halbleiterindustrie für uns auszugleichen“, erklärt der Chef. .Und so begannen die DAS-Ingenieure, ihre Erfahrungen aus der Chipindustrie für ganz andere Anwendungsfälle zu nutzen.

Seitdem konstruieren die Dresdner zum Beispiel auch Bioreaktoren, die organisch belastete Abwässer beispielsweise von deutschen Kosmetik-Herstellern oder Limo-Fabriken in Südamerika so weit säubern, dass sie hinterher unbedenklich in die Natur abgeleitet werden können. Dieses noch junge Technologiegebiet steuert zwar bisher erst einen kleineren Teil zum Gruppenumsatz bei, hilft aber bereits, Nachfragetäler der Chip-, Solar- oder LED-Industrie zu überbrücken. Reichardt: „Der Umweltgedanke greift eben um sich – weltweit und in allen Branchen.“ Autor: Heiko Weckbrodt

 

 

Kurzporträt D.A.S.

Name: DAS Environmental Expert GmbH

Hauptquartier: Goppelner Straße, Dresden (Leubnitz-Neuostra)

Gegründet: Juni 1991

Mitarbeiter: ca. 250 (davon 140 in Dresden)

Umsatz: 42 Millionen Euro (2014, geschätzt)

Hauptprodukte: Abgas-Reinigungsanlagen für Hightech-Fabriken (vor allem Chipindustrie), Behandlungstechnologien für organisch belastete Abwässer

Mehr Infos im Netz hier

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt

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