SLUB Dresden soll regionale Kulturgüter frei ins Netz stellen
Dresden, 20. August 2014: Die sächsischen Bibliotheken möchten sich an die Spitze des digitalen Wandels stellen. „Wir wollen die digitale Zukunft nicht erleiden, sondern gestalten“, hält Professor Thomas Bürger, der Generaldirektor der Sächsischen Landes- und Uni-Bibliothek SLUB in Dresden, allen Unkenrufern entgegen, die Bibliotheken gerne als Totholz-Sammlungen verspotten – und ihnen immer wieder einen Untergang mit Schrecken im Informationszeitalter prophezeien.
Um auf eben diese Herausforderungen zu reagieren, hat der Freistaat Sachsen nun ein „Landesdigitalisierungsprogramm Wissenschaft und Kultur“ aufgelegt. Aus diesem Sondertopf erhält die SLUB künftig jährlich 2,5 Millionen Euro extra, um Tausende Bücher und Handschriften zu digitalisieren, frei ins Internet zu stellen und neue Digitalzeitschriften-Lizenzen zu erwerben, wie die sächsische Wissenschaftsministerin Sabine von Schorlemer (parteilos) heute in Dresden ankündigte. Das Programm sei sowohl im Haushaltsentwurf 2015/16 als auch in der mittelfristigen Finanzplanung der Regierung verankert, versicherte sie.
Video: Das SLUB-Digitalisierungszentrum in Dresden (hw):
Rechenzentren werden für Langzeit-Archivierung ausgebaut
Mit den Zusatzmitteln werde die SLUB aber zum Beispiel auch neue Hochleistungscomputer und Speicherkapazitäten anschaffen können, um bereits digitalisierte wertvolle Schriften so abzuspeichern, dass sie für künftige Generationen zugänglich und lesbar bleiben, erklärte die Ministerin.
„Digitale Demenz“ droht: Ministerin will eine neue „dunkle Zeit“ verhindern
Diese „Langzeit-Archivierung“ digitalen Schriftguts liege ihr besonders am Herzen – denn andernfalls drohe eine „digitale Demenz“: Die Gefahr nämlich, dass spätere Generationen über unsere Zeit so wenig wissen werden wie wir über die schriftarme „dunkle Zeit“ zwischen Antike und Mittelalter – weil digitale Informationen, wie wir sie heute massenhaft publizieren, eben auch verschwinden können, wenn sie nicht standardisiert und dauerhaft abgespeichert werden.
Digitalisierungs-Etat verdoppelt sich
Laut Bürger wird sich durch das neue Landesprogramm der Digitalisierungsetat der SLUB, der sich bisher vor allem durch Projektgelder speiste, mehr als verdoppeln. Da man nun auch nicht mehr allein auf die Zuschüsse der „Deutschen Forschungsgemeinschaft“ (DFG) angewiesen sei, die sich vor allem auf nationale Kulturschätze fokussiert, werde es zudem durch die Landesmittel möglich, auch einzigartige Bücher, Handschriften, Karten und andere Medien aus regional verstreuten Beständen einzuscannen. „Wir werden mit diesen Schätzen aus Dresden, Leipzig, Görlitz, Chemnitz und aus anderen Kommunen elektronische Sammlungen schaffen, die den kulturellen Reichtum und die Geschichte Sachsens im Internet zeigen“, betonte der SLUB-Generaldirektor.
Fokus auf Industriekultur und Reformation
Als thematische Schwerpunkte für die Digitalisierungs-Offensive sieht er unter anderem die Industriekultur, die Reformationsgeschichte und die Musik in Sachsen, die gewissermaßen aus vielen kleinen Puzzleteilen, die bisher übers ganze Land verstreut ein lokales Schattendasein fristen, digital zusammengeführt werden.
Impulse für Tourismus erwartet
Insofern könne dieses Programm auch Impulse für die touristische Anziehungskraft der Regionen auslösen: „Eine meine Visionen ist zum Beispiel der amerikanische Tourist, der durch die digitalen Bibliotheken, die die beteiligten Städte dann in ihre Internetseiten einbinden können, nach Sachsen gelockt wird“, sagte Bürger. „Und der steht dann vor der Frauenkirche in Dresden oder im Zentrum von Zwickau und kann auf seinem Smartphone die Predigten aus der Reformationszeit dazu lesen.“
Dresden eines der führenden Digitalisierungszentren Deutschlands
Dass das Wissenschaftsministerium ausgerechnet der SLUB in Dresden die Federführung für das Projekt übertrug, hat gute Gründe: Die Bibliothek betreibt am Zelleschen Weg nämlich – neben den Münchner Kollegen – eines der wichtigsten Digitalisierungszentren Deutschlands, ausgestattet mit Spezialtechnik und Robotern, die sowohl empfindliche Schriften schonend elektronisieren können, als auch zu Massen-Scans imstande sind. Pro Jahr können diese Anlagen bis zu drei Millionen Buchseiten digitalisieren.
Mit Scannen allein ist es nicht getan
Zudem hat die SLUB auch einen guten Ruf mit Blick auf die professionelle Erschließung der Digitalisate. „Scannen kann jeder, aber damit ist es nicht getan“, betonte Bürger. Dazu gehöre eben auch die Vergabe von Schlagworten, die automatisierte Verknüpfung mit dem Internetlexikon Wikipedia, die „Sichtbarmachung“ dieser Kulturschätze im Internet. Denn wie lautet doch so schön einer der zentralen Sprüche des Informationszeitalters, der in leichten Abwandlungen immer wieder zitiert wird? „Was in der Google-Suchliste nicht auf den ersten zehn Positionen erscheint, existiert nicht.“ Autor: Heiko Weckbrodt
Zum Weiterlesen:
SLUB digitalisiert historische Zeitungen
Augusts Prunk kommt ins Internet
English Summary:
The university library „SLUB“ in Dresden (East Germany) will digitalize millions of pages in historical books and scripts around the topics industry, music and reformation in Saxon history. The State of Saxony in Germany gives 2,5 million Euro per year for that program.
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